Tagung vom 20. bis zum 22. Februar an der Universität Augsburg sucht nach den Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern in der expandierenden griechischen Welt des 4. bis 1. Jahrhunderts v. Chr.
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Welche Fragestellungen und methodischen Zugriffsweisen erweisen sich für eine künftige hellenistische Kulturgeschichte als sinnvoll? Und bei welchen Themen lässt sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Hellenismus-Forschung weiter verstärken? Antworten darauf sucht vom 20. bis zum 22. Februar 2006 die Tagung "Hellenismus. Eine Kulturgeschichte" an der Universität Augsburg. Der Einladung des Augsburger Althistorikers Prof. Dr. Gregor Weber, die Zeit des Hellenismus hier konzentriert unter dem Gesichtspunkt der Begegnung der sich ausbreitenden griechischen Welt mit fremden Kulturen in den Blick zu nehmen, sind 15 Hellenismus-Expertinnen und -Experten aus ganz Deutschland gefolgt.
Als die Zeit vom Aufstieg Alexanders des Großen (336 v. Chr.) bis zum Tod von Kleopatra VII. (30 v. Chr.) ist der Hellenismus besonders dadurch charakterisiert, dass die griechische Welt eine Ausweitung in bis dahin unbekannte Kulturräume sogar jenseits des Vorderen Orients erfuhr. Die Formen, der jeweils fremden Kultur zu begegnen, waren dabei sehr unterschiedlich: Sie reichten von Akkulturation bis hin zu Ablehnung oder gar zu strikt getrennten Lebenswelten. Dies hatte - nicht zuletzt unter dem Vorzeichen der neuen hellenistischen Monarchien - auch Aus- und Rückwirkungen auf die traditionellen griechischen Verhältnisse, Aus- und Rückwirkungen, von denen ausnahmslos alle Lebensbereiche betroffen waren.
Dementsprechend breit aufgefächert ist der Fragenkatalog, auf dessen Grundlage sich die Tagung einer Kulturgeschichte des Hellenismus nähern und die Fragestellungen und methodischen Zugriffsweisen ausloten will, mit denen eine solche Kulturgeschichte weiter vorangetrieben werden kann:
o In welcher Weise bestimmten die neuen Monarchien das Handeln der Menschen? Inwiefern war "politisches" Agieren auf lokaler Ebene (noch) möglich?
o Mit welchen Handlungsstrategien und in welchen Bereichen war persönliches und gesellschaftliches Prestige zu erreichen? Wie funktionierte soziale Mobilität?
o Wie legitimierten sich die - alten und neuen - Eliten? Welche Formen von Repräsentation, Kommunikation und Interaktion lassen sich ausmachen?
o In welcher Weise wurden ethnisch fremde Gruppen von den Griechen und die Griechen von der indigenen Bevölkerung wahrgenommen? Wie wurden Minderheiten ausgegrenzt?
o Welche Rolle spielte die Zugehörigkeit zu einem festen Personenverband angesichts von Migrationserfahrungen? Wie definieren sich diesbezüglich Identitäten und Alteritäten?
o Lässt sich eine Art von "Alltagsgeschichte" - vor allem mit Blick auf kleinere soziale Einheiten in unterschiedlichen Regionen - erstellen?
o Welche Handlungsspielräume hatten Männer und Frauen? Wie wurden sie, ebenso auch als Kinder und alte Menschen, wahrgenommen und dargestellt?
o In welcher Weise wurde mit der eigenen Vergangenheit und mit der bewusst reflektierten Tradition umgegangen? Wie hat man kulturelles und soziales Wissen gespeichert?
o In welchem Umfang wohnt künstlerischen Ausdrucksformen ein Innovations- und Experimentierpotential inne?
o Worin bestanden die historischen und sozialen Voraussetzungen für die zahlreichen (intellektuellen) Entdeckungen?
o Wie artikulierten sich Vorstellungen vom Tod, von göttlichen Mächten und vom Jenseits? Wie konstruierten die Menschen für ihr Leben Sinn?
EXEMPLARISCHE ERARBEITUNG VON WAHRNEHMUNGS-, DENK- UND HANDLUNGSMUSTERN
"Mit unserem kulturgeschichtlich ausgerichteten Forschungsinteresse", so Tagungsleiter Weber, "geht es uns weniger um die Rekonstruktion der politischen Geschichte, sondern um die exemplarische Erarbeitung von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern und der zugrunde liegenden 'Mentalität' der Protagonisten." Grundsätzlich seien die Altertumswissenschaften bei einer solchen Fragestellung nicht gerade in einer komfortablen Situation, da der Quellenbestand überaus begrenzt sei und oftmals nur die Perspektive der gebildeten Elite vorliege. "Aber gerade für die hellenistische Zeit stellt sich die Situation anders dar", so Weber, "denn dank eines umfangreichen Bestandes an Inschriften und vor allem an Papyrustexten eröffnet sich uns die Möglichkeit, ein größeres Spektrum an Bevölkerungsgruppen und deren Wahrnehmungen vergleichend in den Blick zu nehmen."
TAGUNGSERGEBNISSE BEI KLETT-COTTA
Die Tagung "Hellenismus. Eine Kulturgeschichte" wird vom Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Augsburg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg veranstaltet. Sie wird von der Fritz Thyssen Stiftung, vom Verlag Klett-Cotta, von der Gesellschaft der Freunde der Universität Augsburg und von der Kurt Bösch Stiftung gefördert. Die Tagungsergebnisse werden vom Verlag Klett-Cotta, Stuttgart, als Sachbuch publiziert werden.
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TAGUNGSHOMEPAGE: http://www.uni-augsburg.de/hellenismus
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KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN:
Prof. Dr. Gregor Weber
Lehrstuhl für Alte Geschichte
Universität Augsburg
86135 Augsburg
Telefon: 0821/598-5642
Telefax: 0821/598-5501
gregor.weber@phil.uni-augsburg.de
http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/geschichte/alte
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TAGUNGSORT:
Raum 4056 im Gebäude der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg, Universitätsstraße 10, 86159 Augsburg (= Gebäude D5 auf dem Campus-Plan http://www.uni-augsburg.de/allgemeines/neueuni/)
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TAGUNGSPROGRAMM:
Montag, 20. Februar 2006 (Leitung: Hilmar Klinkott)
14.00 - 14.15: Begrüßung durch den Dekan der Philologisch-Historischen Fakultät, Hubert Zapf, den Direktor des Instituts für Europäische Kulturgeschichte, Wolfgang E.J. Weber, und den Lektor für Geschichte im Verlag Klett-Cotta, Christoph Selzer
14.15 - 14.30: Gregor Weber, Augsburg: Einführung
14.30 - 15.15: Hans-Joachim Gehrke, Freiburg: Alexander der Große und der Beginn eines neuen Zeitalters
15.15 - 16.00: Jürgen Malitz, Eichstätt: Im Schatten Alexanders. Diadochen und Epigonen
16.30 - 17.15: Gregor Weber, Augsburg: Alexander und die Folgen. Hauptstädte und Höfe in Entwicklung und Vergleich
17.15 - 18.00: Peter Funke, Münster: Zwischen Selbstbehauptung und Anpassung. Die Neuformierung der griechischen Staatenwelt
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Dienstag, 21. Februar 2006 (Leitung: Boris Dreyer und Steffen Diefenbach)
09.00 - 09.45: Christof Schuler, München: Die hellenistische Polis und ihr Umland. Siedlungsstrukturen, Bauern und Großgrundbesitzer
09.45 - 10.30: Linda-Marie Günther, Bochum: Oikos und Familie - was hat sich in hellenistischer Zeit geändert?
11.00 - 11.45: Angelos Chaniotis, Heidelberg: Was ist hellenistisch in Mythos und Religion in der hellenistischen Welt?
11.45 - 12.30: Klaus Bringmann, Frankfurt am Main: Judentum und Hellenismus. Zur Geschichte einer spannungsreichen Beziehung
14.30 - 15.15: Bernd Effe, Bochum: Die Literatur als Spiegel epochalen Wandels
15.15 - 16.00: Peter Scholz, Frankfurt am Main: Institutionen, Ideen und Innovationen. Philosophieren und wissenschaftliches Forschen in hellenistischer Zeit
16.30 - 17.15: Burkhard Meißner, Hamburg: Kriegführung und Kriegserfahrung in hellenistischer Zeit
17.15 - 18.00: Sitta von Reden, Augsburg/München: Indigene Strukturen und griechische Innovation in der Wirtschaft des Hellenismus
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Mittwoch, 22. Februar 2006 (Leitung: Peter Scholz)
09.00 - 09.45: Hilmar Klinkott, Tübingen: Griechen in der Fremde - Fremde und die Griechen
09.45 - 10.30: Hans-Ulrich Cain, Leipzig: Hellenisierung und Romanisierung aus archäologischer Sicht
11.00 - 11.45: Gerhard Zimmer, Eichstätt: Die Nähe der Macht. Neue Aufgaben für die Kunst
11.45 - 12.30: Boris Dreyer, Frankfurt am Main/Göttingen: Neue Quellen zum Hellenismus: Bestand, Kontexte, Intentionen
12.30 - 13.00: Abschlussdiskussion: Hellenismus und Kulturgeschichte - Perspektiven
http://www.uni-augsburg.de/hellenismus
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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