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01.02.2006 09:38

Vererbung ist mehr als die Summe der Gene

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    VolkswagenStiftung fördert Tagung zur "Vererbung erworbener Eigenschaften" vom 9. bis 11. Februar im Berliner Medizinhistorischen Museum

    Erworbenes an die Kinder weitergeben - was in materieller Hinsicht prinzipiell möglich und erwünscht ist, wurde im biologischen Sinne spätestens seit Darwin erfolgreich tabuisiert: Erworbene Eigenschaften, so galt lange Zeit, lassen sich nicht vererben, denn sie sind nicht genetisch verankert. Dieses Dogma gerät in jüngster Zeit allerdings ins Wanken, seit die Wissenschaftler die Epigenetik entdeckt haben. Jenseits des genetischen Codes gibt es offenkundig Mechanismen, mit denen das Erbgut auf seine Umwelt reagiert: Schalter und Signalmoleküle, die bestimmen, ob und wann Gene aktiv werden sollen. Und diese Mechanismen könnten, so das Ergebnis neuerer Studien, auch an nachfolgende Generationen vererbt werden.

    Was heißt das nun für die Differenzierung zwischen Erworbenem und Ererbtem - und damit für ein Thema, mit dem sich seit 1800 viele Wissenschaftler immer wieder auseinander gesetzt haben? Auf welche Weise gelang es zudem, die Epigenetik über so viele Jahre aus dem Denken auszuschließen und das Dogma der rein genetischen Vererbung aufrechtzuerhalten? Dies fragen jetzt Experten der Lebenswissenschaften, Wissenschaftshistoriker und Kulturwissenschaftler bei der von der VolkswagenStiftung geförderten Tagung "Zwischen Vererbung erworbener Eigenschaften und Epigenetik", die vom 9. bis 11. Februar 2006 in Berlin stattfindet. Die Teilnehmer diskutieren dort über 60 Jahre Epigenetik. Mit dabei sind unter anderem Eva Jablonka, Tel-Aviv University, Israel, die als erste eine epigenetische Theorie der Evolution entwickelt hat - des Weiteren die Wissenschaftshistorikerin Evelyn Fox Keller vom MIT in Cambridge, Massachusetts, die über das Thema Organismen und Umwelt sprechen wird.

    Interessierte Journalisten und Journalistinnen sind herzlich zu der Tagung eingeladen. Sie findet statt in der "Ruine" des Rudolf-Virchow-Hörsaals im Berliner Medizinhistorischen Museum, Schumannstraße 20/21, Berlin-Mitte und beginnt am Donnerstag, dem 9. Februar 2006, um 15 Uhr. Besonders hinweisen möchten wir auf die Abschlussdiskussion am Samstag, dem 11. Februar, um 17.15 Uhr, moderiert von Ulrich Schnabel, Wissenschaftsredakteur bei "Die Zeit". Vorträge und Abschlussdiskussion sind auf Englisch.

    Das vollständige Programm ist im Internet einsehbar unter:
    http://www.erbschaftsforschung.de/veranstaltungen.html. Bitte melden Sie sich bei Interesse an bei Professorin Dr. Sigrid Weigel vom Zentrum für Literaturforschung Berlin unter Telefon 030/20192173 oder E-Mail: erbschaft@zfl.gwz-berlin.de.

    Hintergrund
    Die Tagung ist Teil eines interdisziplinären, von der VolkswagenStiftung geförderten Projektes, das sich mit dem Erbe als grundlegendem Konzept der menschlichen Zivilisation beschäftigt und im Rahmen der Initiative "Schlüsselthemen der Geisteswissenschaften" gefördert wird. Diese Förderinitiative hat sich zum Ziel gesetzt, die Geisteswissenschaften in ihren Forschungsaktivitäten zu vernetzen und zu übergreifenden Arbeiten anzuregen.

    Das Projekt "Erbe, Erbschaft, Vererbung. Überlieferungskonzepte zwischen Natur und Kultur im historischen Wandel" wird von der VolkswagenStiftung seit 2004 mit 750.000 Euro gefördert als eine Zusammenarbeit von Professorin Dr. Sigrid Weigel vom Zentrum für Literaturforschung Berlin und Professor Dr. Bernhard Jussen, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld. Das Erbe gehört zu den grundlegenden Konzepten der menschlichen Zivilisation, denn es vermittelt zwischen Vergangenem und Künftigem. Die Art und Weise der Überlieferung und die damit verbundenen Formen und Praktiken haben sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte stetig geändert. So führte beispielsweise die Einführung des biologischen Erbbegriffs um das Jahr 1800 zu einem jähen Bruch mit den bis dahin gültigen christlichen Erbvorstellungen. Die Behauptung, Merkmale vom Organismus der Eltern könnten an die Kinder weitergegeben werden, hatte weit reichende Folgen - sowohl im gesellschaftlichen als auch im rechtlichen und politischen Kontext. Die Folgen und die Vorgeschichte dieses Umbruchs um das Jahr 1800 stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen.

    Die Tagung zielt vor allem darauf, die Geschichte der Differenzierung und der Verknüpfung von "Vererbung" und "Erwerbung" zu erörtern - eine Unterscheidung, die nicht nur die Biologie betrifft, sondern auch in psychologischen und sozialen Ideen, in pädagogischen Theorien und in der Literatur verhandelt wird. Denn die Vererbung von Erworbenem kann als Eintrittstor der "Kultur" in die "natürliche Reproduktion" gelten.

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    Veranstaltungsort:

    Medizinhistorisches Museum der Berliner Charité
    Ruine des Rudolf-Virchow-Hörsaals
    Schumannstr. 20/21
    Berlin-Mitte

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    Kontakt
    VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 0511 8381 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    Weitere Auskünfte und Kontakt:
    Zentrum für Literaturforschung Berlin
    Prof. Dr. Sigrid Weigel
    Telefon:030 20192-173
    E-Mail: erbschaft@zfl.gwz-berlin.de

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    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter
    http://www.volkswagenstiftung.de/presse-news/presse06/01022006.pdf.


    Weitere Informationen:

    http://www.erbschaftsforschung.de/veranstaltungen.html - Tagungsprogramm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Informationstechnik, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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