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08.02.2006 17:02

Flexible Systeme für die Wasserversorgung

Dr. Andreas Zehm Öffentlichkeitsarbeit
Koordinationssekretariat Sozial-ökologische Forschung (SÖF)

    Die schrumpfende Bevölkerung in Deutschland stellt die öffentlichen Infrastruktursysteme zur Trinkwasser-Versorgung und Abwasser-Entsorgung vor große Herausforderung / Forschungsverbund entwickelt innovative Lösungen für die Wasser- und Energieversorgung / Ergebnisse werden in der neuen BMBF-Broschüre "Nachhaltige Ver- und Entsorgung - Impulse aus der sozial-ökologischen Forschung" präsentiert.

    Wasser ist ein kostbares Gut. Als Lebensmittel ist es für viele Menschen emotional hoch besetzt. Dennoch machen sich wohl nur wenige Deutsche Gedanken, woher das alltäglich benötigte Wasser kommt, wie es zu ihnen gelangt und wohin es verschwindet, nachdem es genutzt wurde. Doch dies dürfte sich ändern: Denn die aufwändige Infrastruktur, mit der hierzulande die Versorgung mit Trinkwasser sowie die Entsorgung von Abwasser sichergestellt wird, steht vor gewaltigen Veränderungen und Herausforderungen. Die Zukunft wird vor allem vom demografischen Wandel geprägt sein: Der absehbare Bevölkerungsrückgang in einzelnen Regionen wird zu einer dramatischen Unterauslastung der Versorgungssysteme führen. Dies zieht spürbare Auswirkungen nach sich, etwa wenn es darum geht, den zukünftigen Investitionsbedarf festzulegen, die Infrastruktur-Kosten als Gebühren auf Anwohner umzulegen und die vorgeschriebenen Umweltstandards einzuhalten.
    Auswirkungen auf die Wasserver- und -entsorgung hat auch die Liberalisierung der Märkte infolge von Globalisierung und Europäisierung: Traditionell sind es in Deutschland die Kommunen, die diese Versorgung für ihre Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Doch die Handlungsfreiheit der Städte und Gemeinden wird zunehmend durch das europäische Wettbewerbs- und Vergaberecht begrenzt. Zugleich haben viele Kommunen ihre öffentlichen Aufgaben inzwischen - zumindest teilweise - privatisiert. Veränderungen verlangen auch die wachsenden Anforderungen des Umweltschutzes - nicht zuletzt durch Regelungen auf EU-Ebene - sowie ein verändertes Nutzungsverhalten der Bevölkerung, etwa beim Wasserverbrauch in Küche, Bad oder Garten. Hinzu kommt ein großer Erneuerungsbedarf der veralteten Versorgungsnetze. So haben Experten des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) bereits vor geraumer Zeit geschätzt, dass allein für den Bereich der netzgebundenen Wasserver- und -entsorgung Deutschlands in diesem Jahrzehnt ein Investitionsbedarf von fast 100 Mrd. Euro besteht.
    Wie kann die notwendige Anpassungen und Erneuerung der Wasserversorgungssysteme "zukunftsfähig" bewältigt werden, dass heißt unter gleichberechtigter Berücksichtigung von ökonomischen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten? Antworten darauf gibt die gerade erschienene Broschüre "Nachhaltige Ver- und Entsorgung" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), die Forschungsergebnisse aus dem BMBF-Förderschwerpunkt "Sozial-ökologische Forschung" (SÖF) präsentiert. Im Rahmen des SÖF-Forschungsfeldes "Ver- und Entsorgung" haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen mit der Zukunft der Wasser- und Energieversorgung in Deutschland befasst. Der Forschungsverbund netWORKS wird zum Beispiel in Kürze eine "Strategische Entscheidungshilfe" herausgeben, die Funktionsträgern in Städten und Gemeinden dabei unterstützen soll, kompetent Entscheidungen für zukünftige Versorgungsstrukturen zu treffen. Wichtig ist den Wissenschaftlern ein "integrativer Ansatz", bei dem alle beteiligten Entscheidungsträger und Interessengruppen befragt und beteiligt werden. Aus Sicht der Forschung sollten Versorgungs- und Entsorgungssysteme zukünftig vor allem flexibler eingerichtet werden, so dass sie - im Gegensatz zu den bisher üblichen, auf Jahrzehnte geplanten und abgeschriebenen Systemen - an veränderte Rahmenbedingungen rascher angepasst werden können.
    Das Projekt hat in vier deutschen Städten (Berlin, Frankfurt/Oder, Hannover, München) Fallstudien durchgeführt und dabei spezifische Besonderheiten und Probleme herausgearbeitet. So leidet beispielsweise Frankfurt an der Oder besonders stark unter dem Bevölkerungsrückgang: Die Zahl der Einwohner hat von knapp 86.000 im Jahr 1990 auf 66.000 Ende 2004 abgenommen. Die Folge: Der Bedarf beim Trinkwasser wie bei der Abwasserentsorgung ist drastisch zurückgegangen. Allein für die Bekämpfung von Geruchsbelästigungen aus den weniger genutzten Kanälen muss die Stadt sechsmal so viel Mittel aufwenden. Der demografische Schwund wird nicht nur den Osten Deutschlands treffen, sondern auch Regionen im Westen, etwa im Ruhrgebiet, im Saarland, im südlichen Niedersachsen oder in Nordhessen, wie die BMBF-Broschüre aufzeigt.
    In den Städten sind daher innovative Lösungen gefragt, mit deren Hilfe kommunale Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung eine ausreichende und angemessene Ver- und Entsorgung sicherstellen können. Es ist aber auch notwendig, über mögliche Transformationen der bisherigen Systeme nachzudenken und diese den zurückgehenden Bevölkerungszahlen anzupassen. Der Forschungsverbund netWORKS schlägt hierzu zahlreiche Lösungsansätze vor. Ausgangspunkte bilden dabei die derzeit verfügbaren Organisationsformen, in denen Kommunen solche Aufgaben wahrnehmen können: Das bedeutet, diese Dienstleistung entweder vollständig in eigener Verantwortung zu erbringen, sie teilweise zu privatisieren, sie komplett in Konzession zu vergeben oder sie in regionaler Kooperation mit benachbarten Kommunen anzubieten.
    Weitere Projekte im Rahmen des SÖF-Forschungsfeldes "Ver- und Entsorgung" befassen sich mit Systemen der Gas-, Strom-, Wasser- und Nahrungsversorgung, mit Abfallsystemen sowie mit dem Handel von Zertifikaten für die Emission von Treibhausgasen.

    Die Broschüre ist erhältlich bei:
    Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
    - Postfach 30 02 35, 53182 Bonn,
    - Tel. 01805-262302, Fax 01805-262303
    - E-Mail: books@bmbf.bund.de
    ...und im Internet abrufbar unter:
    http://www.bmbf.de/pub/ver_und_entsorgung.pdf

    Kontakt:
    Jens Libbe, Deutsches Institut für Urbanistik (Berlin),
    Tel. 030-39001115, E-Mail: libbe@difu.de


    Weitere Informationen:

    http://www.sozial-oekologische-forschung.org/de/94.php - Informationen über das Forschungsfeld "Ver- und Entsorgung"


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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