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09.02.2006 10:31

Nervenkitzel gegen Stuhlinkontinenz

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Universitätsklinikum Mainz erweitert Behandlungsangebot für Patienten mit Stuhlinkontinenz

    (Mainz, 09. Februar 2006, rdr) Chirurgen des Universitätsklinikums Mainz haben eine neue Behandlungsmethode der Stuhlinkontinenz eingeführt, die bisher nur an wenigen Kliniken in Deutschland angeboten wird: Bei der Sakralnervenstimulation werden der geschwächte Schließmuskel oder die Beckenbodenmuskulatur über elektrische Impulse gestärkt und können so ihre Funktion wieder besser wahrnehmen. Einem Patienten hat das neue Verfahren schon geholfen - er ist mittlerweile nahezu beschwerdefrei.

    Es trifft schätzungsweise zwei Prozent aller Menschen: Sie können ihren Stuhlgang nicht kontrollieren. Bei ihnen sind der Schließmuskel oder die Beckenbodenmuskulatur geschwächt und funktionieren nicht mehr richtig. Die Stuhlinkontinenz kann so zu gravierenden Einschränkungen der Lebensqualität führen - im schlimmsten Fall leben die Betroffenen in völliger sozialer Isolation. Ursachen der Stuhlinkontinenz sind beispielsweise eine Schädigung des Schließmuskels, eine Beckenboden-Insuffizienz oder auch eine Durchfallerkrankung. Die Behandlung der mittleren und schweren Form der Stuhlinkontinenz ist schwierig. Ernährungsumstellung, stopfende Medikamente, Muskelaufbautraining und BioFeedback Training stehen am Anfang der Therapie. Operative Methoden sind teilweise mit ernsthaften Komplikationen verbunden. Eine Alternative, die zunehmend häufiger eingesetzt wird, ist die Sakralnervenstimulation.

    "In Amerika, aber auch in Großbritannien, ist die Sakralnervenstimulation zur Behandlung der Stuhlinkontinenz bereits etabliert", erklärt Prof. Theodor Junginger, Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie. "In Deutschland wird sie gerade in das Behandlungsrepertoire eingeführt - das Universitätsklinikum Mainz ist hier ganz vorne mit dabei."

    Die Sakralnervenstimulation, die sich bei der Harninkontinenz bereits bewährt hat, arbeitet mit elektrischen Impulsen und funktioniert daher ähnlich wie ein Herzschrittmacher. Ein elektronisches Gerät sendet dabei kontinuierlich Impulse an die Sakralnerven, die die Beckenbodenmuskulatur versorgen. So wird die Beckenbodenmuskulatur gestärkt, was letztlich auch die Funktion des Schließmuskels - als Teil der Beckenbodenmuskulatur - verbessert. Um zu prüfen, ob die Sakralnervenstimulation im konkreten Fall hilft, legt der Chirurg Elektroden an die Sakralnerven an. Dann stellt er fest, welcher Nerv die beste Kontraktion der Muskulatur auslöst. Die elektrischen Impulse liefert dabei zunächst ein äußerer Impulsgeber. Der Patient dokumentiert von da an seine Beschwerden in einem ausführlichen Tagebuch. Bessern sich die Beschwerden durch die elektrischen Impulse, wird nach einer Testphase von etwa vier bis fünf Wochen ein Impulsgenerator dauerhaft im Bereich des Gesäßmuskels unter die Haut implantiert. Dieser kann von außen gesteuert werden.

    Seit gut zwei Monaten lebt Herr H. mit dem implantierten Impulsgeber - und hat seitdem nahezu keine Beschwerden mehr. "Die Inkontinenz war so schlimm, dass ich das Haus nicht mehr verlassen konnte", erzählt der 51-Jährige. "Das hat sich durch die Behandlung deutlich gebessert, sie hat mir ein großes Stück Lebensqualität zurückgegeben."

    Das Rhein-Main-Kontinenzzentrum am Universitätsklinikum Mainz
    Seit September 2004 gibt es am Universitätsklinikum Mainz das Rhein-Main-Kontinenzzentrum. Spezialisten unterschiedlicher Fachbereiche wie Gynäkologie, Urologie, Proktologie, Neurologie oder Physiotherapie arbeiten eng miteinander zusammen, um die oft komplexen Krankheitsbilder der Harn- oder Stuhlinkontinenz optimal zu behandeln. Die Ärzte bieten alle modernen und innovativen Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen an - jetzt gehört auch die Sakralnervenstimulation zum Behandlungsrepertoire. Im Bereich der Forschung arbeiten die verschiedenen Fachrichtungen ebenfalls eng zusammen. Das Kontinenzzentrum ist in eine Vielzahl klinischer Studien unterschiedlicher Thematik eingebunden. Die Studien dienen dem Ziel, die Behandlung zu verbessern.

    Weitere Informationen:
    Dr. Renée Dillinger, Pressestelle,
    Tel. 06131 / 17-7424, Fax 06131 / 17-3496,
    E-Mail: presse@vorstand.klinik.uni-mainz.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Organisatorisches
    Deutsch


     

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