Nach einer repräsentativen Langzeitstudie des Bochumer Kriminologen Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind hat sich die Einstellung der Bevölkerung zu den Zielen des Strafvollzuges in den letzten 24 Jahren deutlich verändert. Je weniger Menschen der Resozialisierung das Wort reden, desto mehr sehen in der Sühne bzw. Vergeltung und Abschreckung den Zweck der Gefängnisstrafe.
Bochum, 20.10.1999
Nr. 242
Image von Gefängnissen stark ramponiert
Abschreckung statt Resozialisierung im Trend
Bochumer Langzeitstudie zur Einstellung der Bevölkerung
Resozialisierung ist für nur noch rund 41,3 % der Bevölkerung in Bochum die primäre Aufgabe der Strafvollzuges; 1975 sahen immerhin 61,2 % darin das erste Ziel, 1987 stimmten noch 47,5 % dem zu. Nach einer repräsentativen Langzeitstudie von Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind und seinen Mitarbeitern (Lehrstuhl für Kriminologie und Strafvollzug, Juristische Fakultät der RUB) hat sich die Einstellung der Bevölkerung zu den Zielen des Strafvollzuges in den letzten 24 Jahren deutlich verändert. Je weniger Menschen der Resozialisierung das Wort reden, desto mehr sehen in der Sühne bzw. Vergeltung und Abschreckung den Zweck der Gefängnisstrafe. Die Studie wurde von der VW-Stiftung unterstützt und dem Bochumer Verein für Rechtswissenschaft gefördert.
Medienberichte beeinflussen Image
Nach einer Reihe von Gefängnisskandalen und Ausbrüchen aus dem Vollzug, über die die Medien prominent und spektakulär berichtet haben, ist das Image des Strafvollzuges zum erheblichen Teil ramponiert worden. So ist insbesondere die euphorische Einstellung zur Resozialisierung bei solchen Randgruppen abgeebbt, die in den 70er Jahren einen deutlichen Einfluss auf die öffentliche Meinung ausübten. Insoweit wertet Prof. Schwind es als eher erstaunlich, dass der Resozialisierungsgedanke noch immer von immerhin vier Zehnteln der Bevölkerung als richtige Leitlinie des Vollzugs anerkannt wird.
Frauen wollen resozialisieren, Rentner eher abschrecken
Dabei fällt auf, dass z.B. Frauen (43,4 %) die Resozialisierung stärker als Männer (39,0 %) befürworten, ebenso jüngere Menschen - unter 26jährige (48,3 %) - eher als Rentner (32,3 %), Abiturienten (47,1 %) eher als Hauptschüler (36,6 %), leitende Angestellte und Beamte (49,5 %) eher als Facharbeiter und Handwerker (35,3 %). Je mehr die positive Einstellung der Bevölkerung zur Resozialisierung abnahm, desto mehr stieg die entsprechende Zahl der Befürworter der Vollzugsziele der Sühne (bzw. Vergeltung): von 11,8 % (1975) über 18,1 % (1987) auf 22,8 % (1999); die Zahl der Befürworter der Abschreckung im Freiheitsentzug von 14,2 % (1975) über 26,8 % (1987) auf 33,8 % (1999).
Drogenabhängige erschweren Strafvollzug
Prof. Schwind weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Tätigkeit im Strafvollzug für die dort wirkenden Mitarbeiter deutlich schwerer geworden sei, weil sich die Klientel seit Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes erheblich geändert hat. 20 bis 30 % der einsitzenden Straftäter sind heute von harten Drogen abhängig, und der Ausländeranteil, der schon aus Sprachgründen oft die Resozialisierung erschwert, ist auf rund 30 % gestiegen; im Jugendstrafvollzug liegt er sogar bei 40 %.
Zwei Tabellen (Word-Dateien) mit Detailergebnissen können auf folgender Seite heruntergeladen werden:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/pressemitteilungen/msg00251.html
Weitere Informationen
Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind, Ruhr-Universität Bochum, Juristische Fakultät, Tel. 0234/32-25245, E-Mail: ls.schwind@jura.ruhr-uni-bochum.de
Plädoyer für Resozialisierung nimmt ab
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Psychologie, Recht
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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