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01.03.2006 11:00

DJI Online Thema: Kindesvernachlässigung: Früh erkennen - früh helfen!

Andrea Macion Abteilung Medien und Kommunikation
Deutsches Jugendinstitut e.V.

    Obwohl Vernachlässigung in Deutschland die Mehrzahl aller Gefährdungsfälle bei Kindern darstellt, hat diese Form der Gewalt niemals eine ähnlich hohe öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen können wie etwa Kindesmisshandlung oder sexueller Missbrauch. Aufgeschreckt durch tragische Todesfälle als Folge von Vernachlässigung plädiert nach Wissenschaft und Praxis nun auch die Politik für die Etablierung von Frühwarnsystemen, bzw. präventiven Maßnahmen und für frühe Hilfen, um schwerwiegende Beeinträchtigungen und Todesfälle gefährdeter Kinder zu vermeiden.

    Es gibt viele Formen von Gewalt an Kindern. Vernachlässigung ist nur eine davon. Aber anders als sexueller Missbrauch oder körperliche Misshandlung ist sie bis heute ein zu wenig beachtetes Thema. Häufig werden Fälle von Kindesvernachlässigung erst dann bekannt, wenn die Folgen kaum oder nicht mehr abwendbar sind. Doch dann kann es mitunter zu spät sein.

    Wie im Fall des kleinen Dennis aus Cottbus, den seine Eltern verhungern ließen oder der 7-jährigen Jessica, die nach jahrelangem Martyrium ebenfalls in der elterlichen Wohnung verhungerte - mitten in Hamburg. Keine Einzelfälle. Schnell ist die Öffentlichkeit, angeheizt durch die Berichterstattung in den Medien, auf der Suche nach den Schuldigen. Das hätte das Umfeld doch viel "früher" bemerken müssen! So der häufig geäußerte Vorwurf.

    Richtig ist in jedem Fall das Wort "früher", denn nach gegenwärtigen Erkenntnissen beginnt die Vernachlässigung von Kindern in aller Regel bereits im Säuglings- bzw. Kleinkindalter. Es sind oftmals Kinder, die sich als Säuglinge unbeachtet die Seele aus dem Leib schreien, selten ein liebes oder lobendes Wort hören, als Zweijährige unbeaufsichtigt Stunden vor dem Fernseher zubringen, als Vierjährige im Winter ohne Jacke allein durch die Stadt streunen und in späteren Jahren ohne Frühstück in die Schule geschickt werden. Hier müssen vorbeugende Maßnahmen rechtzeitig ansetzen. Aber wie? Und durch wen?

    In der derzeitigen Diskussion wetteifern Politiker und Experten um die richtige Strategie: verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen, eventuell verbunden mit Sanktionen bei Nichteinhaltung, Hausbesuche durch FamilienhelferInnen oder enge Netzwerke zwischen Hebammen, Ärzten und Jugendamt?

    Beate Galm beschreibt im "Interview" Möglichkeiten früher Prävention von Kindesvernachlässigung. Sie arbeitet als Spezialistin für Kindesvernachlässigung im Team des IKK, dem Informationszentrum Kindesmisshandlung/Kindesvernachlässigung, das seit Januar 2000 als bundesweite, interdisziplinäre Informations-, Beratungs- und Vernetzungsstelle seinen Sitz am Deutschen Jugendinstitut in München hat.

    Die IKK-MitarbeiterInnen sammeln und vermitteln Informationen zu Forschungsergebnissen, Publikationen, Projekten, Institutionen, Tagungen, Fortbildungen, ReferentInnen, ExpertInnen und Initiativen im Bereich Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung. Sie unterstützen und initiieren interdisziplinäre Netzwerke, Fachforen und Tagungen. Im Zusammenwirken mit Forschung, sozialer Praxis und Politik werden Entwürfe für nationale Aktionspläne erarbeitet, Projektkonzepte begutachtet und Kooperationen fachlich-organisatorisch unterstützt und innovative Ansätze angeregt.

    Gregor Hensen vom Institut für Soziale Arbeit in Münster berichtet im "Blick von außen", von seinen Erfahrungen und Erkenntnissen aus einem Modellprojekt zur frühen Prävention von Kindesvernachlässigung, das von 2001 bis 2004 an verschiedenen Standorten in Nordrhein-Westfalen gelaufen ist.

    Unstrittig ist: Prävention und Hilfsangebote müssen dringend ausgebaut werden. Wodurch sich wirksame Maßnahmen auszeichnen, ist nachzulesen in der Rubrik "Auf einen Blick". Sie bietet neben einigen Zahlen zum Thema Vernachlässigung Informationen zu Risikofaktoren, Formen und Folgen von Vernachlässigung, rechtlichen Grundlagen und Methoden zur Gefährdungseinschätzung.

    Wie und wann auch immer sich die neuen Verfahren ihren Weg in die tägliche Arbeit und Praxis bahnen werden: die Arbeit der Fachkräfte in der Jugendhilfe ist und bleibt eine äußerst schwierige Gratwanderung zwischen Elternrecht und Kinderschutz, zwischen Einmischen und Wegsehen, Unterstützung und Kontrolle.


    Weitere Informationen:

    http://www.dji.de/thema/0603


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Pädagogik / Bildung, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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