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14.03.2006 09:37

Rostocker Juristenfakultät unverzichtbar

Dr.-Ing. Karl-Heinz Kutz Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Rostock

    Geht es nach den Plänen des mecklenburgischen Bildungsministers Hans Robert Metelmann, wird es im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern bald nur noch an einem der beiden Universitätsstandorte eine juristische Ausbildung geben. Die Rostocker Juristen-ausbildung soll geschlossen, die Ausbildung in Greifswald dagegen beibehalten werden. Gründe, warum gerade die Rostocker Fakultät geschlossen werden sollen, führt das Land nicht an. In dem einschlägigen Kabinettsbeschluss bleibt ausdrücklich dahin gestellt, ob eine der beiden Fakultäten effektiver sei. Statt dessen wird ausschließlich darauf abgestellt, dass Greifswald wegen seiner Randlage im äußerten Nordosten des Landes nahe zur polnischen Grenze eine Schließung schwerer verkraften könne als Rostock.

    In Rostock hält man es nicht für besonders logisch, die Juristische Fakultät schließen zu sollen, weil sie sich in der Wirtschaftsmetropole des Landes befindet. Immerhin ist die Universität Rostock die älteste in Nordeuropa, und seit ihrer Gründung im Jahre 1419 hat sie eine Juristische Fakultät - mit einer vierzigjährigen Unterbrechung allerdings, denn zu DDR-Zeiten wurde die Juristische Fakultät bereits einmal geschlossen. Sparzwänge kann das Land nicht geltend machen, denn die Universität Rostock ist auf alle Sparvorgaben des Landes eingegangen und hat bis auf die Stelle genau belegt, wie sie die Sparvorgaben zu erfüllen gedenkt. Rektor Prof. Hans Jürgen Wendel und die Gremien der Universität stehen hinter der Juristischen Fakultät; das juristische Studium soll nicht angetastet werden, ohne die Erreichung der Sparvorgaben des Landes zu gefährden. Minister Metelmann, der früher Rektor in Greifswald war, ist dies jedoch nicht genug. Er besteht darüber hinaus darauf, dass es im Lande keinen Studiengang doppelt geben soll. Es verwundert nicht, dass man in Rostock von einem Eingriff in die Hochschulautonomie spricht und sich über juristische Schritte Gedanken macht, falls es nicht doch noch in letzter Minute mit dem Land zu einer Einigung kommt.

    Man ist in Rostock enttäuscht, dass eine zehnjährige Aufbauarbeit völlig ignoriert wird. Die Studienplätze an der Juristischen Fakultät waren und sind vollständig belegt. Die Abbruchquoten sind gering. Wegen der kurzen Studienzeiten und der guten Betreuungsverhältnisse schneidet die juristische Ausbildung seit Jahren in bundesweiten Rankings gut ab. Inzwischen hat man eine intensive Vernetzung mit der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät begonnen; es gibt einen interdisziplinären Masterstudiengang Internationales Wirtschaftsrecht und internationale Unternehmensführung, der gut nachgefragt wird, und dies nicht nur von Rostocker Absolventen. Rechtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaften sind auch in einem Institut für Bankrecht und Bankwirtschaft verklammert, das von der regionalen Bankwirtschaft getragen wird und seit Jahren prominente Referenten aus der Bundesjustiz und der Wissenschaft nach Rostock holt. Der Wirtschaftsstruktur des Landes entsprechend weist die Universität einen Schwerpunkt "Kleine und mittlere Unternehmen" aus; auch darauf hat sich die Juristische Fakultät mit einem Schwerpunkt im Studium vor dem ersten Staatsexamen und mit Plänen für einen weiteren Masterstudiengang eingestellt. Ein weiterer Schwerpunkt besteht in der anwaltsorientierten Ausbildung; das Rostocker Institut für Anwaltsrecht ist das einzige seiner Art im Norden Deutschland, das von der Hans-Soldan-Stiftung weiter gefördert wird.

    Rostock ist das Justizzentrum des Landes. Hier befinden sich das Oberlandesgericht und das Landesarbeitsgericht, weiter gibt es ein Landgericht, ein Amtsgericht und ein Arbeitsgericht. Eine derartige Gerichtsdichte ist für die juristische Ausbildung nötig, denn nur so können die erforderlichen Praktikumsplätze bereitgestellt werden. Niemand geht davon aus, dass die Rostocker Jurastudenten im Falle einer Schließung ihrer Fakultät nach Greifswald gehen werden, vielmehr ist zu erwarten, dass sie sich nach Berlin oder Hamburg orientieren werden und dadurch dem Lande verloren gehen.

    Gemeinhin geht man heute davon aus, dass Wirtschaftskerne gestärkt werden müssen. Rostock ist der Wirtschaftskern Mecklenburg-Vorpommerns. Wenn sich im Lande etwas entwickeln soll, müssen qualifizierte Arbeitskräfte vorgehalten werden, und zwar gerade in den Wachstumskernen. Dazu gehört auch die erforderliche Anwaltsdichte. Mecklenburg-Vorpommern liegt noch weit unter dem Bundesdurchschnitt; es kann keine Rede davon sein, dass man eine Juristenschwemme im Lande produzieren würde, wenn man die gegenwärtige Zahl an juristischen Studienplätzen beibehält. Die Rostocker Juristenausbildung entlässt schon heute ihre Absolventen keineswegs in die Arbeitslosigkeit, vielmehr haben sich viele neue Anwaltsbüros etablieren können, nicht immer mit überragendem Erfolg, aber doch so, dass die jungen Anwälte nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.

    Nach dem Landeshochschulgesetz besteht noch bis Ende April Zeit, dass das Bildungsministerium und die Universitäten sich über eine Zielvereinbarung einigen. Danach kann das Land durch eine Zielvorgabe über den Kopf der Universität hinweg entscheiden. Es ist zu wünschen, dass dies nicht geschieht und die Vernunft im Norden siegt.

    Prof. Dr. Klaus Tonner
    Inhaber eines Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Europäisches Recht
    Prodekan der Juristischen Fakultät
    T: 0381 498 3825
    e-mail: klaus.tonner@uni-rostock.de


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    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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