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15.03.2006 18:26

Wissenschaftsrat empfiehlt Weiterförderung des Zentrums für Literaturforschung Berlin (ZfL) - ungeklärt bleibt die Finanzierung

Dirk Naguschewski Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZFL)
Geisteswissenschaftliche Zentren Berlin e.V. (GWZ)

    Die überaus positive Evaluation des Zentrums für Literaturforschung (ZfL) durch den Wissenschaftsrat (WR) bietet nicht nur Gelegenheit, Sie auf das zehnjährige Bestehen des ZfL aufmerksam zu machen. Wir möchten Sie vor allem auf die aktuelle, wissenschaftspolitisch brisante Situation des Zentrums hinzuweisen. Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des ZfL informiert über die Implikationen des Gutachtens für dessen Zukunft.

    POSITIVE EVALUATION DES ZFL DURCH DEN WISSENSCHAFTSRAT
    "Das Zentrum für Literaturforschung hat sich in den Jahren seines Bestehens zu einem national und international anerkannten Forschungsinstitut entwickelt, das hervorragende interdisziplinäre Forschung in einem substantiellen Sinne betreibt. Profil bildend für die Arbeit sind sowohl die Auswahl der erforschten Gegenstände als auch die methodisch-theoretische Ausrichtung des Zentrums. Die Zusammenführung von Forschern aus ganz unterschiedlichen Disziplinen (von den Philologien über die Religions- und Wissenschaftsgeschichte bis zur Philosophie) ist im nationalen wie im internationalen Rahmen einmalig und könnte sich zu einem Modellprojekt entwickeln. Für die Zeit nach dem Auslaufen der gegenwärtigen Förderung durch die DFG am 31.12.2007 wird daher eine Fortführung des Zentrums als sehr begründet empfohlen. Das Zentrum sollte über einen eigenen Haushalt verfügen. Eine Förderung des tragfähigen und auf drei Forschungsschwerpunkten aufbauenden Forschungsprogramms sollte langfristig d.h. in den kommenden 12 Jahren ermöglicht werden." (Bewertungsbericht des WR zum ZfL, S. 25)

    ERFOLGREICHE EINWERBUNG VON DRITTMITTELN
    Neben der Ergänzungsausstattung der DFG wurden u.a. folgende Drittmittel eingeworben:
    · Seit 2005 wird das Projekt Erbe, Erbschaft, Vererbung im Rahmen der Schlüsselthemen der Geisteswissenschaften von der VolkswagenStiftung gefördert (Volumen 750 Tsd. €).
    · Die Bundeskulturstiftung fördert das Walter-Benjamin-Festival, das das ZfL in Kooperation mit Berliner Kultureinrichtungen im Oktober 2006 organisiert (Volumen 250 Tsd. €).
    · Das Projekt Plurale Topographien Europas in Rücksicht auf 'die Verschiebung Europas nach Osten' ist im Rahmen der Geisteswissenschaftlichen Förderinitiative des BMBF zur Förderung empfohlen (Volumen 1,5 Mio. €).

    UNGEKLÄRTE PERSPEKTIVEN FÜR DIE ZEIT NACH 2007
    Der Berliner Senat hat die Weiterförderung der Grundfinanzierung zugesagt. Ungeklärt ist noch die Sicherung der Ergänzungsausstattung. Bisher als DFG-Projektförderung angelegt, muss es darum gehen, das Konzept einer vom WR empfohlenen längerfristigen, nachhaltigen Förderung des als herausragend evaluierten Forschungsprogramms zu entwickeln. Die folgende Stellungnahme erläutert die Problematik.

    STELLUNGNAHME DES WISSENSCHAFTLICHEN BEIRATS DES ZENTRUMS FÜR LITERATURFORSCHUNG BERLIN ZU DEN "EMPFEHLUNGEN ZUR ENTWICKLUNG UND FÖRDERUNG DER GEISTESWISSENSCHAFTEN IN DEUTSCHLAND" DES WISSENSCHAFTSRATS VOM 27. JANUAR 2006

    Am 27. Januar 2006 hat, nach einer langen Phase der Evaluierung, der Wissenschaftsrat (WR) seine umfangreichen Empfehlungen zur Entwicklung und Förderung der Geisteswissenschaften in Deutschland und zur Zukunft der Geisteswissenschaftlichen Zentren vorgelegt, in denen - neben einer allgemeinen Einschätzung zur Lage der Geisteswissenschaften - auch die Berliner Geisteswissenschaftlichen Zentren einer kritischen Bestandsaufnahme und Bewertung unterzogen werden.
    Die Evaluation des Zentrums für Literaturforschung (ZfL) fällt dabei besonders positiv aus.
    Hervorgehoben wird von Seiten des Wissenschaftsrats zunächst das "auf drei Säulen aufbauende, kohärente und tragfähige Forschungsprogramm", das "eine nachhaltige Förderung für die kommenden 10-12 Jahre verdient". Das ZfL sei "zu einem profilierten, national und international sichtbaren Forschungszentrum geworden und zu einem maßgeblichen Ort in Deutschland einerseits für die theoretischen Auseinandersetzungen zwischen historisch-philologischen und kulturwissenschaftlichen Ansätzen in den Geisteswissenschaften sowie andererseits für eine interdisziplinäre Beschäftigung mit den Natur- und Technikwissenschaften."

    Das vom ZfL vorgelegte Forschungsprogramm wird als besonders aktuell erachtet; zugleich werden sowohl die gelungene internationale Ausrichtung als auch die öffentliche Präsenz des ZfL herausgestellt, das Engagement in der Vermittlung wissenschaftlicher Ergebnisse an ein interessiertes Publikum und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses positiv gewürdigt. In summa wird angeraten, diese schon jetzt erkennbaren Stärken nicht nur zu festigen, sondern inhaltlich und institutionell entschieden auszubauen. Daher empfiehlt der WR, neben einem nach wie vor "substantiellen Anteil an befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern", die über 'Drittmitteleinwerbung' getragen werden, auch eine Erhöhung der "grundfinanzierten Stellen" auf allen Ebenen des Zentrums und den Aufbau eines ebenfalls dauerhaft finanzierten Fellowship-Programms. Das ZfL sollte über einen eigenen Haushalt verfügen.

    Der Wissenschaftliche Beirat des ZfL begrüßt und unterstützt diese Empfehlungen nachdrücklich.

    Allerdings formuliert der Wissenschaftsrat im letzten Teil einen konkreten Fördervorschlag, der die gerade dargestellten empfohlenen Perspektiven für das ZfL wohl kaum realisierbar erscheinen lässt. Angeraten wird in institutioneller Hinsicht eine Universitätseinbindung und ein Wechsel der S-Professur der Direktorin (anstatt wie bislang die TU entweder die FU oder die HU Berlin) und in finanzieller Hinsicht - zusätzlich zu der vom Berliner Senat zugesicherten Weiterförderung der Grundfinanzierung - eine Drittmittelfinanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen eines vom Wissenschaftsrat der DFG neu empfohlenen Modells "Forschungskolleg".

    Bei diesen Vorschlägen wäre zunächst zu klären, wie bei einer Grundausstattungsfinanzierung durch den Berliner Senat und einer gleichzeitigen Universitätseinbindung des ZfL Budgetautonomie und notwendige institutionelle Selbständigkeit des Zentrums zu gewährleisten sind.

    Ein weiteres gravierendes Problem liegt in der Empfehlung, die erforderlichen Drittmitteleinwerbungen über das neu zu schaffende Instrument des 'Forschungskollegs' zu realisieren. Solche Kollegs sind bis dato nicht beschlossen, und es ist auch noch gar nicht ausgemacht, ob die DFG die Grundsatzentscheidung für ein solches Modell fällen wird. Die Kontinuität des Forschungsprogramms, auch die empfohlene Konsolidierung der drei Säulen für eine Dauer von 10-12 Jahren lässt sich mit diesem Förderinstrument auch nicht ohne Schwierigkeiten gewährleisten. Da neben Sachmitteln wohl im wesentlichen Freistellungsanträge für Professorenforschungszeiten vorgesehen sind, kann eine langfristige, projektbezogene Arbeit, die auch auf einem Verbund von Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beruht und zugleich Nachwuchsförderung betreibt, mit dem Instrument 'Forschungskolleg' nicht sicher gestellt werden. Neben dem auf diese Weise unablässig notwendigen Beantragungsverfahren und der damit verbundenen hohen Bindung von Arbeitskapazitäten (das ZfL wurde in acht Jahren sechsmal evaluiert) entsteht eine Abhängigkeit von Begutachtungskonstellationen, in denen bei wechselnden Gutachtergruppen aller Erfahrung nach immer wieder neue Arbeitsvoraussetzungen definiert werden. Und eine stete Forschungsarbeit ist, sind die Antragintervalle wie gewohnt kurzfristig, ebenfalls nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die Entscheidung für das Förderinstrument 'Forschungskolleg' wäre insgesamt nicht kompatibel mit den vom WR ja positiv bewerteten Arbeitsstrukturen und der bislang ausgezeichneten Nachwuchsförderung des Zentrums.

    Für ein so großes und international renommiertes Zentrum wie das ZfL erscheint aus unserer Sicht daher allein ein Fördermodell sinnvoll, das, wie vom WR ja auch empfohlen, die institutionellen Strukturen im Sinne einer Programmförderung langfristig sichert.

    Eine solche Sicherung könnte etwa durch die Aufnahme in die Wissenschaftsgemeinschaft Leibniz (WGL) gelingen. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2005 hat der Geschäftsführer der "Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz", PD Dr. Michael Klein, der Direktorin des ZfL, Prof. Dr. Sigrid Weigel, das "große Interesse an einer assozierten Mitgliedschaft" des ZfL in der Leibniz-Gemeinschaft erklärt. Es wäre nun am Berliner Senat, einen solchen Antrag unverzüglich zu stellen, da die gesicherte Finanzierung des ZfL im Jahre 2007 ausläuft. Der Wissenschaftliche Beirat des ZfL bittet daher den Berliner Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur mit großem Nachdruck, diesen Weg zu beschreiten und auf diese Weise zum Überleben eines vom WR hervorragend bewerteten Forschungszentrums beizutragen.

    Für den Wissenschaftlichen Beirat des ZfL: Prof. Dr. Jürgen Fohrmann, Bonn.

    Dr. Dirk Naguschewski, Presse & Kommunikation
    Tel: 0049/30/20192-188, E-mail: nagu@zfl.gwz-berlin.de
    http://www.zfl.gwz-berlin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.zfl.gwz-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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