Medieninformation der Universitaet Dortmund
Neugruendung eines Sonderforschungsbereichs "Computational Intelligence"
Einmal mehr hat die Universitaet Dortmund Anlass zum Feiern: Mit Beginn des Jahres 1997 nimmt der neu gegruendete Sonderforschungsbereich (SFB) 531 Design und Management komplexen Prozesse und Systeme mit Methoden der Computational Intelligence seine Arbeit auf. Im Sonderforschungsbereich werden insgesamt mehr als 30 Wissenschaftler aus vier Fachbereichen zusammenarbeiten. 16 neue Wissenschaftlerstellen (davon 5 halbe Stellen) konnten bei der Deutschen Forschungsgeselischaft eingeworben werden. Die uebrigen stammen aus der Grundausstattung der Universitaet.
Hinter dem etwas kompliziert klingenden Titel des SFB steht das Bemuehen, Strategien von der Natur abzuschauen und fuer die Loesung schwieriger, zumeist technischer, Aufgaben nutzbar zu machen. Zu den Aufgaben, die die Dortmunder Forscher konkret angehen wollen, zaehlen unter anderem der Entwurf und die Steuerung technischer Anlagen, die Prognose von Eigenschaften chemischer Substanzen und elektronischer Bauteile sowie die automatische Bearbeitung komplizierter Werkstuecke, Aufgaben, die in der Regel von Experten mit reichem Erfahrungswissen effizient geloest werden, die aber nur sehr schwer einem Computer zu uebertragen sind.
Computer sind unverzichtbare Bestandteile unseres beruflichen und zunehmend auch unseres gesellschaftlichen Lebens geworden. Sie erledigen komplizierte Berechnungen in einem Bruchteil der Zeit, die ein Mensch benoetigen wuerde. Sie speichern Unmengen von Daten, erlauben nahezu unbegrenzte Kommunikation ueber Kontinente hinweg und gelten z.B. in Form von Robotern als haeufig zuverlaessiger als der Mensch. Warum gelten dennoch viele Aufgaben als schwierig fuer einen Automaten, obwohl diese selbst von vergleichsweise primitiven Lebewesen hervorragend gemeistert werden, wie etwa die Wahrnehmung, Interpretation und Reaktion auf Umgebungsveraenderungen? Denken Sie beispielsweise daran, wie meisterlich es einer Stubenfliege gelingt, Ihren Fangversuchen auszuweichen!
Die natuerliche Evolution hat im Laufe vieler Generationen sehr anpassungsfaehige Organismen mit erstaunlichen Problemloesungsfaehigkeiten und komplexen Strukturen hervorgebracht, gegenueber denen sich selbst die Struktur moderner Rechenanlagen als grobschlaechtig ausnimmt. Zwar sind die elementaren Operationen eines Computers sehr viel schneller als z. B. die des menschlichen Gehirns, das Gehirn kann aber Tausende solcher Operationen gleichzeitig ausfuehren und macht von den einzelnen Operationen einen viel effizienteren Gebrauch.
Daher ist es geradezu naheliegend, derart wirkungsvolle Mechanismen aus der Natur abzuschauen und bei der Konstruktion und der Programmierung von Computern zu verwenden. Dabei kann man sich abhaengig vom natuerlichen Vorbild ganz unterschiedlicher Ansaetze bedienen.
Sollte Ihnen etwa bei der Lektuere dieses Textes zu warm werden, so werden Sie vermutlich aufstehen und die Heizung etwas drosseln. Ein Computer wuerde dagegen zunaechst die exakte Raumtemperatur von 21,34 " C mit Hilfe eines Thermometers ermitteln und anschliessend anhand einer Tabelle das Ventil des Heizungskoerpers um 15,96% drosseln. Die offensichtlich viel abstraktere menschliche Vorgehensweise ist zwar nicht so exakt, in der Regel aber wesentlich effizienter. Die Fuzzy-Logik ist ein Ansatz, dieses Vorgehen zu formalisieren und damit fuer den Computer zu erschliessen.
Ein weiterer Bekannter Ansatz sind die kuenstlichen "Neuronalen Netze", mit denen versucht wird, die grundlegenden Funktionen des (menschlichen) Gehirns nachzuahmen. Sie werden heute schon sehr erfolgreich bei der Bildanalyse, z. B. bei der Erkennung von Handschriften, eingesetzt.
Das evolutionaere Rechnen schliesslich hat die Regeln der natuerlichen Evolution selbst zum Vorbild und ist ein recht universelles Verfahren zur Loesung schwieriger Suchaufgaben, z. B. der Suche nach Verbesserungen von Entwuerfen, Steuerungen, Planungen und Entscheidungen. Beispiele sind die Verbesserungen von Duesenformen, Brueckenkonstruktionen, Fahrplaenen, Robotersteuerungen und Computerprogrammen hinsichtlich Energie- oder Materialeinsparungen oder Erhoehung der Geschwindigkeit oder Zuverlaessigkeit.
Ein wesentliches Prinzip der Informationsverarbeitung, ob in einer lebenden Zelle, einem Gehirn oder sogar in einer ganzen Gesellschaft von Individuen, ist das der Parallelverarbeitung. Im Gegensatz dazu laufend die Prozesse in klassischen Rechneranlagen im wesentlichen hintereinander ab. Aus diesem Grunde ist fuer den SFB die Beschaffung eines leistungsfaehigen Parallelrechners fuer das Jahr 1998 geplant.
In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich mit Kombinationen der genannten und weiterer Techniken besonders gute Problemloeser konstruieren lassen. Fuer die Forschung auf diesem Gebiet wurde der Oberbegriff Computational lntelligence gepraegt. Es ist das erklaerte Ziel der Dortmunder Forscher, sowohl das theoretische Verstaendnis dieser Verfahren als auch die Umsetzung in die praktische Anwendung zu verbessern. Die Hoffnung besteht, langfristig auf dieser Basis zu Verfahren zu gelangen, die die Konstruktion von Maschinen erlauben, welche einige rudimentaere Eigenschaften menschlicher bzw. kollektiver Intelligenz besitzen. Das Erreichen dieser Ziele erfordert eine intensive interdisziplinaere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachrichtungen.
Ein Sonderforschungsbereich ist wie kein anderes Instrument der deutschen Forschungsfoerderung geeignet, diese interdisziplinaere Zusammenarbeit zu unterstuetzen. Im Dortmunder SFB werden insgesamt elf Projekte in Kooperation zwischen den Fachbereichen und Fakultaeten Informatik, Elektrotechnik, Maschinenbau und Chemietechnik durchgefuehrt. Die Forschungsarbeiten sind auf einen Gesamtzeitraum von ca. 1 0 Jahren ausgelegt, wobei die Finanzierung in Hoehe von etwa 2 Millionen DM pro Jahr bereits fuer die ersten drei Jahre gesichert ist.
Mit Einrichtung des Sonderforschungsbereichs ist die Grundlage geschaffen worden, den Anschluss an die internationale Spitzenforschung der Computational Intelligence in Deutschland zu halten, die z. B. in den USA und Japan aber auch in Grossbritannien bislang eine wesentlich bessere Unterstuetzung erfuhr, da dort das wissenschaftliche wie auch das wirtschaftliche Potential der Computational lntelligence frueher erkannt wurde. Die Dortmunder Forscher, welche auf diesem Gebiet bereits ein hohes internationales Renommee besitzen, hoffen in Zukunft ein gewichtigeres Wort in der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft mitreden zu koennen.
Zum Sprecher des Sonderforschungsbereichs wurde Prof. Schwefel aus dem Fachbereich Informatik gewaehlt. Er und seine Mitarbeiter sind gerne bereit, Rueckfragen zu beantworten. Die Kontaktadresse lautet: Ulrich Hammel, Sekretariat des SFB 531, Informatik X[, Universitaet Dortmund, 44221 Dortmund, Tel: 0231-9700-366, Fax: 0231-9700-959.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik
überregional
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Deutsch
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