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22.03.2006 17:28

FiBS begrüßt Steinbrücks Initiative zur Entlastung von Eltern, warnt aber vor unerwünschten Nebenwirkungen

Birgitt A. Cleuvers Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS)

    Eine unzureichende Finanzierung und eine mangelhafte Infrastruktur für Familien sind die Probleme, die nach Erkenntnissen des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) den Vorschlag von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück begleiten. Sein Ansatz, Familien in Deutschland besser zu fördern, ist zukunftsorientiert, die Finanzierung der Kindergartengebühren über eine Senkung des Kindergelds jedoch unzureichend.

    Im Kern handelt es sich bei der Initiative des Bundesfinanzministers, Geld- in Betreuungsleistungen für Kinder umzuwandeln, also von der Subjekt- zur Objektförderung überzugehen, um einen schon länger auf der politischen Agenda befindlichen Vorschlag. In der vorliegenden Form hält das FiBS diesen Weg jedoch für wenig geeignet, zumal Berechnungen zeigen, dass die Finanzierung der Maßnahme unklar ist.

    Derzeit erhalten rund 18,2 Millionen Kinder in Deutschland Leistungen durch den Familienleistungsausgleich, entweder Kindergeld oder die korrespondierenden Steuerfreibeträge. Insgesamt zahlen Eltern pro Jahr rund 2,5 Milliarden Euro für Kindertagesstätten. Daraus ergibt sich ein Betrag von monatlich rund 11 Euro pro Kind. Die von Steinbrück formulierte Kindergeldabsenkung um 4 bis 6 Euro würde dazu führen, dass mehr Eltern die Freibetragsschwelle früher erreichen und daher Steuerentlastungen erhalten werden. Damit reicht die Kalkulation des Bundesfinanzministers nicht aus, um die tatsächliche Absenkung zu errechnen. Vielmehr ist zur Refinanzierung der für die Kinderbetreuung benötigten Gesamtsumme eine Reduktion des Kindergelds um mehr als 15 Euro je Kind und Monat monatlich notwendig.

    Kürzungen beim Kindergeld führen ausschließlich zu einer Belastung der Familien mit geringem bis mittlerem Haushaltseinkommen, da nur sie das Kindergeld erhalten. Familien mit einem hohen Einkommen profitieren hingegen schon heute von den Freibetragsregelungen, die zu einer höheren Entlastung als das Kindergeld führen; sie bleiben von einer Kürzung des Kindergeldes unberührt. Für Alleinstehende würde die Freibetragsschwelle von 33.000 Euro Jahreseinkommen auf 28.000 Euro absinken, bei Verheirateten reduzierte sich die Grenze von rund 63.000 auf 53.000 Euro. Eltern mit einem geringeren Einkommen würden von der Absenkung voll getroffen, die mit einem höheren Einkommen nur teilweise oder gar nicht.

    Wichtig ist ferner, dass insbesondere Familien mit einem geringen Einkommen von der Kindergeldsenkung betroffen wären, dafür aber keine Gegenleistung durch geringere Kita-Gebühren erhalten würden, da sie meist ohnehin keine Gebühren zahlen, sondern einkommensbedingt davon ausgenommen sind.

    Aber auch unabhängig davon würde die Entlastung von den Kita-Gebühren mit dem Elterneinkommen steigen, da die Gebühren einkommensabhängig sind. So würden höhere Einkommensschichten u.U. um bis zu 400 Euro pro Monat entlastet, untere Einkommen aber nur um 20 oder 30 Euro pro Monat. Durch die Senkung des Kindergeldes würden Letztere einen Großteil der Entlastung gegenfinanzieren, während einkommensstärkere Familien die Steuerfreibeträge unverändert erhalten würden.

    "Der Clou von Steinbrücks Vorschlag liegt aber in einem anderen Punkt", meint Dr. Dieter Dohmen, der Leiter des Forschungs- und Beratungsinstituts. "Wenn die Eltern keine Kita-Gebühren mehr zahlen, können sie diese auch nicht von der Steuer absetzen. Die neu eingeführte Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten würde damit hinfällig. Der Staat würde 460 Mio. Euro sparen. Vielleicht spekuliert man ja auf diese Form der Gegenfinanzierung.", so der Bildungsökonom weiter. "Zudem werden Länder bzw. Kommunen mit einem guten Kita-Angebot benachteiligt."

    Dieses Nebeneinander von Effekten durch unterschiedliche Leistungen zeigt aber, dass eine umfassende Bestandsaufnahme und Reorganisation des Familienleistungsausgleichs unabdingbar ist, wobei auch die tatsächlichen Aufwendungen der Eltern berücksichtigt werden sollten. Dies würde ermöglichen, das Gesamtpaket für Familien neu zu schnüren und besser aufeinander abzustimmen. "Grundsätzlich gehen die Überlegungen von Steinbrück in die richtige Richtung", erklärt Dohmen. "Die Belastungen der Eltern sind auch in internationalen Vergleich sehr hoch und sollten erheblich reduziert werden. Zudem sollte das Betreuungsangebot deutlich erweitert werden, um berufstätigen Eltern die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Deutlich reduzierte Gebühren können dabei durchaus ein Steuerungsinstrument sein, wenn diese nutzungsorientiert sind. Allerdings müssten die Kommunen für die entgangenen Einnahmen entlastet werden. Hier könnte der Bund eine wichtige Aufgabe übernehmen, schließlich profitiert er auch von einem guten Kita-Angebot."

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    Kontakt:
    Birgitt A. Cleuvers (FiBS), Tel. 02 21 / 550 95 16, E-mail: b.cleuvers@fibs-koeln.de
    Wir freuen uns über einen Hinweis auf Ihre Berichterstattung. Vielen Dank!


    Weitere Informationen:

    http://www.fibs-koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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