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02.11.1999 14:21

FM&M: neuer Forschungsverbund startet

Rudolf-Werner Dreier Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

    FM&M: neuer Forschungsverbund von Freiburger
    Materialforschern und Medizinern startet mit
    innovativen Produkten

    Auf Initiative des Freiburger Materialforschungszentrums ist an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg der Freiburger Material- und Medizin-Forschungsverbund (FM&M) gegründet worden. Im FM&M aktiv sind Insti-tute von fünf Fakultäten der Freiburger Universität , Freiburger Fraunhofer Institute, die Freiburger Klinik für Tumorbiologie, das Forschungszentrum Karlsruhe sowie zahlreiche Vertreter der Medizin und der Industrie aus der Regio. Zentrale Themen des FM&M sind:
    · neue Werkstoffe für die Medizin, z.B. biokompatible Materialien, Im-plantate, Gewebe-, Organ- und Knochenersatz, Dentalwerkstoffe;
    · medizinische Diagnostik für die Früherkennung von Krankheiten, z.B. neue Sensoren und Bildverarbeitung; und
    · neue Trägermaterialien sowie kontrollierte Wirkstoffabgabe, z.B. Verkapselung von Wirkstoffen und Zellimmobilisierung.

    Der Sprecher des Verbundes, Prof. Dr. Rolf Mülhaupt, stellte bei einer Pressekonferenz zusammen mit Projektleitern die ersten innovativen Pro-dukte aus Werkstatt und Labor von FM&M vor:

    Projektbeispiele FM&M

    1. Maßgeschneiderte Formteile für die Medizin durch compu-tergesteuerte schnelle Formgebung mit 3D-Druckern
    (Kontakt: Prof. Dr. Rolf Mülhaupt, Freiburger Materialforschungszentrum, Stefan-Meier-Str. 21, D-79104 Freiburg, Tel. 0761-203-6270,
    e-mail: mulhaupt@fmf.uni-freiburg.de)

    Die Entwicklung von 3D-Druckern ermöglicht völlig neue Möglichkeiten, Kon-struktionsdiagramme und Computerbilder in dreidimensionale Strukturen zu überführen. So werden heute in der Autoindustrie Prototypen und Funkti-onsmodelle erzeugt, um neue Designkonzepte zu überprüfen. An der Frei-burger Universität werden gemeinsam von Prof. Dr. Rolf Mülhaupt vom Frei-burger Materialforschungszentrum und Prof. Dr. B. Stark von der

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    Plastischen und Handchirurgie 3D-Drucker für Anwendungen in der Medizin weiterentwickelt, um patientengerechte Träger für die Rekonstruktion von Knochen- und Gewebe herzustellen. Die maßgeschneiderten Träger mit va-riierbaren Formen und Innenstrukturen ermöglichen das Einwachsen von Zellen. Zudem können mit den 3D-Druckern Fotos, Röntgen- und Tomogra-phiebilder dreidimensional dargestellt werden.

    Zwei Verfahren werden in Freiburg für den Einsatz im Modellbau und der Medizin weiterentwickelt. Das ursprünglich vom MIT entwickelte Verfahren nutzt eine Kombination von Tintenstrahldrucker und Pulvertechnologie. Bil-der werden in Schnittserien zerlegt, die mit dem Tintenstrahldrucker gedruckt werden. Der Druckprozeß verwendet z.B. Wasser, das zur Verfestigung von Stärkepulvern dient. Durch schichtweises Verfestigen von Pulvern können komplexe dreidimensionale Strukturen nach Computerdesignvorgabe er-zeugt werden.
    Das zweite Verfahren wurde in Freiburg in Kooperation mit einer Koblenzer Modellbaufirma entwickelt. Über eine dreidimensional positionierbare Düse können Schmelzen, Lösungen und ein-oder zweikomponentige Harz-mischungen positioniert werden, um dreidimensionale Strukturen aufzubau-en. Das Auftragen kann strang- oder punktweise erfolgen. Da dieses Verfah-ren bei Raumtemperatur arbeiten kann, können auch temperatursensitive biologisch aktive Komponenten, z.B. Wachstumsfaktoren, in den Aufbau von 3D-Architekturen integriert werden.
    Primäre Anwendung der dreidimensionalen Drucktechnologien ist die Her-stellung von hochporösen Trägern, deren Form und Innenstrukturen sowie Beladung mit Wirkstoffen unabhängig voneinander variiert werden können. Auf diese Weise soll der Aufbau von Knochenstrukturen durch Ansiedeln und Wachstum körpereigener Zellen ermöglicht werden. Zudem werden in Freiburg neue Polymersysteme entwickelt, um neben der Medizin andere Anwendungen im Modellbau für Architekten und Autobauer zu erschließen.

    2. Polymere als Träger für tumorhemmende Wirkstoffe redu-zieren Nebenwirkungen bei der Chemotherapie

    (Kontakt: Dr. F. Kratz, Klinik für Tumorbiologie, Breisacherstraße 117, 79106 Freiburg, Tel. 0761-206-2176, E-Mail: felix@tumorbio.uni-freiburg.de)

    Traditionelle Chemotherapie ist vielfach mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden, da tumorhemmende Wirkstoffe (Zytostatika) sowohl gesundes als auch Krebsgewebe schädigen. Um die Treffsicherheit der Zytostatika bei der Bekämpfung von Krebszellen zu steigern und gesundes Gewebe zu schonen, werden in Freiburg die kleinen Zytostatika-Moleküle an syntheti-sche oder natürliche Riesenmoleküle (Polymere) gebunden. Die so
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    gebildeten erheblich größeren Moleküle können sich bevorzugt im Tumor-gewebe anreichern, da ihre Durchlässigkeit durch die Gefäßwände gesunder Zellen stark reduziert ist, während der gesteigerte Stoffwechsel und die viel-fach großporigen Gefäßwände des Krebsgewebes ihre Aufnahme fördern.

    In Kooperation zwischen der Freiburger Klinik für Tumorbiologie (Prof. Dr. C. Unger und Dr. F. Kratz) und dem Freiburger Materialforschungszentrum (Prof. Dr. R. Mülhaupt) werden Zytostatika an Polymere angebunden, um über die Struktur dieser Verbindungen die Wirkung der Chemotherapie zu steigern und die schädlichen Wirkungen auf das gesunde Gewebe zu verrin-gern. Schlüssel für die Wirksamkeit der neuen Zytostatika auf Polymer-Trägern ist einerseits die dreidimensionale Architektur dieser Polymer-Zytostatika-Konjugate und andererseits das Design spezifischer Bindungs-stellen zwischen Wirkstoff und Träger, welche erst in der Krebszelle aktiviert werden und so Zytostatika vor Ort freisetzen, um dessen volle Wirkung ziel-genau zu entfalten. Die bisherigen Ergebnisse zeigen eine deutliche Überle-genheit maßgeschneiderter Polymer-Zytostatika-Konjugate gegenüber den freien Zytostatika im Tiermodell.

    3. Salzkristallisation auf der Haut beim Versprühen von Salz-nebeln bessert chronische Hautkrankheiten nachhaltig

    (Kontakt: Dr. med. Wolfgang Strasser, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Allergologie/Phlebologie, Günterstalstr. 54, 79100 Freiburg)

    Heute steigt die Zahl der chronischen Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis, Parapsoriasis, u.a., erheblich an. Traditionelle Therapie durch Be-handeln mit Salzwasser führt zur Bildung einer Salzkruste auf der Haut, die meist als unangenehm, austrocknend, juckreizfördernd und irritierend emp-funden wird. Die vom Freiburger Hautarzt Dr. Strasser entwickelte Therapie nutzt das "Vernebeln" einer Salzlösung in Kombination mit der Heliotherapie (UV-Bestrahlung). Diese Salz-Aerosol-Therapie zeigt sehr gute Behand-lungserfolge und verursacht keine unangenehme Hautreizung. Während die Salzwassertherapie das Eintauchen des Patientien in Salzwasser erfordert, können Salznebel punktuell einwirken.

    In Kooperation mit dem Freiburger Materialforschungszentrum, Prof. Dr. H.-J. Cantow und Prof. Dr. Rolf Mülhaupt, gelang mittels Atmosphärenrastermi-krosopie ("Environmental Scanning Microscopy", ESEM) der Nachweis, das bei Einwirkung des Salznebels auf die Haut ein sehr dünner Salzkristallfilm auf der Hautoberfläche erzeugt wurde, der heilungsfördernd wirkt und vom Patienten als angenehm empfunden wird.
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    Während bei der konventionellen Rastermikroskopie Weltraumvakuum und vielfach Bedampfung des Probenmaterials erforderlich ist, die wasserhaltige biologische Strukturen zerstören, kann das Atmosphärenrastermikroskop in Gegenwart von Wasserdampf und nur leicht reduziertem Druck biologische Strukturen abbilden. Der Zusatz von Wasserdampf während der Messung verhindert einerseits die Austrocknung der Hautprobe und bewirkt anderer-seits eine Signalverstärkung bei der Detektion durch Ionisation der Wasser-moleküle im elektrischen Feld. Durch das Zusammenwirken von Freiburger Medizin und Materialforschung gelingt es, die Ursachen für die Therapieer-folge besser zu verstehen und die Leistung dieser Therapie weiter zu stei-gern. Gegenwärtig wird untersucht, wie die Bildung dünner Salzkristall-schichten die optischen Eigenschaften der Haut verändert, um bei Einwir-kung von UV-Licht Hauterkrankungen wirkungsvoller bekämpfen zu können.

    4. Neuartige Sensoren für die Röntgendiagnostik reduzieren gesundheitsgefährdende Strahlenbelastung

    (Kontakt: Prof. Dr. Kay Runge, Fakultät für Physik, Hermann-Herder-Straße 3b, D-79104 Freiburg, Tel. 0761-203-5713,
    e-mail: hanau@ruhpb.physik.uni-freiburg.de)

    (Dr. Michael Fiederle, Freiburger Materialforschungszentrum, Stefan-Meier-Str. 21, D-79104 Freiburg, Tel. 0761-203-4775,
    e-mail: fiederle@uni-freiburg.de)

    Bereits seit einigen Jahren nehmen elektronische Bildsensoren einen Platz in der dentalmedizinischen Röntgendiagnostik ein. Ihr Vorteil im Vergleich zu herkömmlichen Röntgensystemen liegt in der direkten Umwandlung der Röntgenstrahlung in elektrische Signale. Das bedeutet, dass die Röntgen-aufnahme praktisch online auf einem Monitor zur Diagnose zur Verfügung steht. Weitere Vorteile dieser Systeme sind die Reduzierung der Strahlen-belastung für Patient und behandelnden Arzt, digitale Speicherung der Da-ten, die auch nachträgliche Bildbearbeitung erlaubt und Zeitersparnis.

    In mehreren Projekten (XIMAGE - BriteEuram II; MAP - European Space Agency) werden im Freiburger Materialforschungszentrum unter der Regie von Prof. Dr. K. W. Benz (Kristallographisches Institut), Prof. Dr. K. Runge und Prof. Dr. J. Ludwig (Fakultät für Physik) Röntgendetektoren aus den Halbleitern Galliumarsenid und Cadmiumtellurid erforscht und hergestellt. Innerhalb des vierjährigen Forschungsprojekts XIMAGE der europäischen

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    Union, das von einem führenden Hersteller für intraorale Röntgensensoren initiiert wurde, wird nach verschiedenen Möglichkeiten gesucht, neuartige, hochempfindliche Sensoren zu entwickeln. Dem Projekt gehören neben der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg auch Firmen und weitere Universitäten aus Schweden, Deutschland, Finnland und Großbritannien an.

    Cadmiumtellurid ist aufgrund seiner Materialeigenschaften das stärker ab-sorbierende Material für Röntgendetektoren, nur die Herstellung von einkri-stallinem, homogenem Material ist noch ein Hindernis. An der Freiburger Universität können homogene Einkristalle aus diesem Material aus der Gas-phase mit den erforderlichen Eigenschaften gezüchtet und zur Herstellung von Detektoren eingesetzt werden.

    Auf Basis von Galliumarsenid haben die Wissenschaftler ein neuartiges Sensorsystem entwickelt, das eine deutliche Reduzierung der Strahlenbela-stung der Patienten beim Röntgen bewirken wird. Der neue Sensortyp wurde dabei nach seiner Entwicklung mit Hilfe umfangreicher Simulationsrechnun-gen auf Computern optimiert und weist eine um 15 bis 20-fach höhere Emp-findlichkeit auf als die heute bei Zahnärzten verbreiteten Filmröntgensyste-me. Neben der Reduzierung der Strahlenbelastung entfällt auch der Umgang mit Chemikalien, die zur Entwicklung der klassischen Röntgenfilme notwen-dig sind. Dies könnte auch zur Entlastung der Umwelt beitragen. Die Rönt-genaufnahmen sind darüber hinaus einfach und sicher auf Datenträgern ar-chivierbar und schnell an weitere Ärzte zur Diagnose zu übertragen. Der hier vorgestellte Röntgensensor arbeitet auf der Grundlage des Charge-Coupled Devices (CCD). Galliumarsenid dient einerseits als Röntgenabsorber als auch als CCD und Signalverstärker. Sensor und Elektronik sind monolithisch aus einem Wafer aufgebaut. Die integrierte Elektronik ermöglicht es, den Sensor direkt von jedem gewöhnlichen PC zu betreiben. Die Sensorfläche beträgt bislang einige Quadratzentimeter, die komplizierten mikroelektroni-schen Strukturen müssen mit fotolithografischen Prozessen unter Reinraum-bedinugen mit Genauigkeiten unterhalb eines millionstel Meters exakt nach dem erstellten Layout hergestellt werden. Erste Prototypen werden seit eini-gen Monaten in Zusammenarbeit mit der schwedischen Firma Industrial Microelectronic Centre (IMC) gebaut. Die Arrays haben eine Pixelgrösse von 20 x 50 µm2 und bislang sind bis zu 128 x 32 Pixeln realisiert worden.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Organisatorisches
    Deutsch


     

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