26/98 - 25. März 1998
Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944"
Das Kasseler Konzept zur Besucherbetreuung, Lehrerbildung und zum wissenschaftlichen Begleitprogramm
Kassel. Vom 26. Mai bis 5. Juli wird die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" in der documenta-Halle in Kassel zu sehen sein. Die Universität Gesamthochschule Kassel (GhK) ist die zweite Universität in Deutschland, die als lokale Veranstalterin die vom Hamburger Institut für Sozialforschung entwickelte Ausstellung präsentiert. Dazu wurde von Wissenschaftlern der GhK ein wissenschaftliches Begleitprogramm entwickelt, das von den Mitveranstaltern - Stadt Kassel, Landkreis Kassel, Deutscher Gewerkschaftsbund - Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr Kassel, Hessisches Landesinstitut für Pädagogik (HeLP), Regionalstelle Kassel im Pädagogischen Institut Nordhessen, Evangelisches Forum Kassel und Gedenkstätte Breitenau - mitgetragen wird.
Begleitete Gruppenbesuche In enger Kooperation zwischen dem HeLP, der GhK und dem Kulturamt der Stadt Kassel wurde ein Konzept für die Betreuung von Gruppen - vor allem Schüler(inne)n - entwickelt. Es werden derzeit rund 40 Guides geschult. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit der Ausstellung in Bremen und Marburg bilden Schülergruppen ca. ein Drittel der Gesamtbesucherzahl. In Kassel werden mehr als 25000 Besucher erwartet. Es werden Termine speziell für angemeldete Schülergruppen angeboten, die an Schultagen, insbesondere vor Öffnung der Ausstellung für das allgemeine Publikum, genutzt werden können. Betreut werden die Gruppen von hierfür ausgebildeten Guides. Die angebotenen begleiteten Ausstellungsbesuche werden ca. zwei Stunden incl. Vor- und Nachbesprechung dauern.
Ausschließlich für Schulklassen besteht die Möglichkeit, Führungen an Schultagen in der Zeit von 8 bis 11 Uhr zu nutzen.
Die Ausstellung ist täglich von 11 bis 18 Uhr, an Sonn- und Feiertagen bis 20 Uhr geöffnet. (Für Schulklassen an Schultagen schon ab 8 Uhr.)
Anmeldung zur Führung bis 22. Mai unter Tel.: (0561) 8101 164, Fax.: (0561) 8101 100. Ab 25. Mai unter der Nummer der documenta-Halle, Tel.: (0561) 10 75 21/22, Fax.: (0561) 10 75 23.
Vorbereitung der Lehrerinnen und Lehrer Das HeLP hat im Rahmen seiner Tätigkeit die Vorbereitung der Lehrerinnen und Lehrer übernommen. Eine erste Informationveranstaltung für Lehrer/innen über die kommende Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" stieß auf großes Interesse. Rund einhundert Lehrer/innen aus Kassel und der nordhessischen Region besuchten die von Dr. Peter Adamski, Regionalstelle des HeLP, konzipierte Veranstaltung im Kasseler Friedrichsgymnasium am 16. März.
Angesichts des komplexen Themenbereichs ist eine gründliche Vorbereitung sowohl der Pädagogen als auch der Schülerinnen und Schüler angeraten. Aus diesem Grund werden vom Hessischen Institut für Pädagogik einige vorbereitende Seminare für Lehrer/innen angeboten (siehe unter Begleitprogramm 26. Mai, Gedenkstätte Breitenau/Anlage 1). Als weitere Serviceleistung stehen ab sofort einige Bücherkisten mit Unterrichtsmaterial und Sekundärliteratur in der Regionalstelle des HeLP bereit. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Unterrichtsbausteine des Fritz-Bauer-Instituts Frankfurt zur Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler ab sofort im Klassensatz zu bestellen und ab 14. April 1998 (letzte Ferienwoche) in der Regionalstelle abzuholen.
Begleitend zur Ausstellung werden drei Fachtagungen für Lehrer und Schüler der Oberstufenklassen angeboten (Termine siehe Anlage 2). Weitere Informationen erhalten Interessenten bei der Regionalstelle des HeLP, Kasseler Str. 76 A, 34233 Fuldatal, Tel.: (0561) 819 272. Begleitprogramm will Dialog fördern Das wissenschaftliche Begleitprogramm zur Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" in Kassel wurde von Prof. Dr. Jens Flemming, Anke Schmeling und Prof. Dr. Eike Hennig entwickelt. Es wird größtenteils als Abendveran-staltung in der documenta-Halle angeboten. Ziel des Kasseler Begleitprogramms ist es, die bestehenden Kontroversen zur Rolle der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg nicht zu verschärfen, sondern einen demo-kratischen Dialog zwischen interessierten Ausstellungsbesucher(inne)n zu befördern. Dabei geht es jedoch nicht allein um Informationsvermittlung zur Zeitgeschichte und ihrer politischen Be- und Verarbeitung, die in Einzelvorträgen, Fachtagungen und Podiumsdiskussionen von ausgewiesenen Fachleuten aus dem In- und Ausland geboten wird. In Filmpräsentationen und Lesungen werden Eindrücke vermittelt, die heutigen Zuschauern und -hörern einen Zugang zur Thematik vermitteln. Gesonderte Gesprächskreise bieten Interessierten Gelegenheit, ihre persönlichen Erfahrungen und Eindrücke, die sie im Zusammenhang mit der Ausstellung gewonnen haben, auszutauschen.
Inhaltlich folgt das Kasseler Begleitprogramm Akzentsetzungen, die zum einen den historischen Kontext der Ausstellung, zum anderen aber auch aktuelle Konfliktlinien ihrer Rezeption beleuchten. Dabei befassen sich die Veranstaltungen zum einen mit dem Handeln, aber auch den bewußten wie unbewußten Motiven von NS-Tätern und ihrer Weigerung, Verantwortung für ihr individuelles Handeln zu übernehmen (in diesem Kontext werden jedoch nicht allein die männlichen "Täter" in den Blick genommen, sondern auch die Auswirkungen der Ideologien "soldatischer Männerbünde" auf das Geschlechterverhältnis). Beleuchtet werden auch die Leiden jener Soldaten, die aus der Wehrmacht desertierten sowie die Repressionen gegen ausländische Kriegsgefangene. Um den Blick nicht allein auf Deutschland zu richten, behandelt das Begleitprogramm den Themenkomplex euro-päischer Kollaboration mit dem Nationalsozialismus und hier besonders die Beteiligung ausländischer Söldnereinheiten an nationalsozialistischen Verbrechen. Thematisiert werden jedoch nicht allein Täter und unmittelbar Leidtragende nationalsozialistischer Kriegs- und Vernichtungspolitik. Intention des Beiprogramms ist es auch, übergeordnete Fragen der zurückliegenden wie aktuellen Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt zu behandeln: Und so werden sich einige Veranstaltungen mit den psychosozialen Dimensionen des Krieges befassen und sich dabei der Frage zuwenden, warum sich die individuelle wie kollektive Verarbeitung nationalsozialistischer Gewalt und Kriegführung für Kriegsteilnehmer wie auch für folgende Generationen so schwierig und konfliktträchtig gestalte. Der Blick auf das Zusammenleben unterschiedlicher Generationen (Stichwort hier das Motto der Münchner Demonstranten "Unsere Großväter waren keine Mörder") verweist auf den letzten Themenschwerpunkt der Veranstaltungsreihe, der sich mit der Bedeutung nationalsozialistischer Vergangenheit für die politische Kultur der Bundesrepublik beschäftigt. Hier werden nicht allein Kontinuitäten und Wandlungsprozesse öffentlicher Diskurse beleuchtet, sondern auch einzelne staatliche Institutionen (z. B. Bundeswehr) und deren Umgang mit (eigener) Vorgeschichte. In diesem Zusammenhang werden sich einige Vorträge mit dem Problem bundesdeutscher Entschädigung, d. h. dem "verrechtlichten" Umgang mit Verbrechen während der NS-Zeit beschäftigen.
Die Veranstaltungen in der documenta-Halle und in den Räumen der Mitveranstalter werden ergänzt etwa durch Vorführungen im Filmladen, Goethestr. 31 und Gesprächs-runden in der Evangelischen Studentengemeinde, Mönchebergstr. 29. Das Programm gibt Auskunft über die Einzelveranstaltungen (abzurufen über http://www.uni-kassel.de/presse/pm/mar98_8_1.html)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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