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03.04.2006 10:56

Bertelsmann Stiftung stellt Konzept zur Abschaffung der Gewerbesteuer vor

Julia Schormann Pressestelle
Bertelsmann Stiftung

    Kommunale Finanzautonomie soll gesichert werden - Steuerentlastungen für Unternehmen dürfen nicht zu höherer Staatsverschuldung führen

    Die Bertelsmann Stiftung plädiert für eine Reform, die nicht nur die gewerbesteuerzahlenden Unternehmen entlastet, sondern gleichzeitig die kommunale Finanzautonomie sichert. Sie setzt sich mit ihren Vorschlägen bewusst ab von Forderungen der Stiftung Marktwirtschaft, deren Entwurf zur Unternehmenssteuerreform zu erheblichen Einnahmeausfällen der öffentlichen Hand führen würde.

    "Mit unserem Vorschlag wollen wir Anwalt der Bürger und kommender Generationen sein", sagte Dr. Kirsten Witte, Leiterin des Kompetenzzentrums Kommunen und Regionen der Bertelsmann Stiftung. Zwar sei unter Wettbewerbsgesichtspunkten das Ziel einer Entlastung der Unternehmen richtig und wichtig. Angesichts einer ohnehin schon viel zu hohen Staatsverschuldung dürfe diese Steuerentlastung jedoch nicht zu einer weiteren Erhöhung der öffentlichen Verschuldung führen. "Unser Ziel ist es, die berechtigten Ziele der Wirtschaft und der öffentlichen Hand zu harmonisieren."

    Dazu schlägt die Bertelsmann Stiftung ein schlankes Drei-Säulen-Modell aus Grundsteuer, Bürgersteuer und Wirtschaftssteuer vor. Um die kommunale Finanzautonomie zu stärken und das Band zwischen Kommune, Wirtschaft und Bürger enger zu knüpfen, sieht sie dabei ein kommunales Hebesatzrecht für alle drei Steuern vor. Der Reformvorschlag zum Ersatz der Gewerbesteuer im Kern aus den folgenden Bausteinen:

    Das äußerst komplexe System aus Gewerbesteuer, Gewerbesteuerumlage, In-Sich-Anrechnung bei der Gewerbesteuer und Abzug bei der Gewinnermittlung für die Ein¬kommens- und Körperschaftsteuer wird aufgehoben. Es gibt nur die kommunale Wirtschaftsteuer, keine Umlage und keine Anrechnung auf die Gewinnermittlung. So verbleiben die Zahlungen der kommunalen Wirtschaft voll bei den Kommunen und die tatsächliche Belastung der Wirtschaftssubjekte wird transparent. Die Entflechtung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, aufkommensneutral sowohl den Körperschaftsteuersatz als auch den Hebesatz für die Wirtschaftsteuer deutlich zu senken. Damit führt schon dieser erste Baustein - ohne unmittelbare Entlastung der Unternehmen - zu einer besseren Positionierung Deutschlands im internationalen Steuervergleich, zu mehr Transparenz des Systems und zu einer Entflechtung der Ebenen.

    Als weitere Maßnahme schlägt die Bertelsmann Stiftung den Ersatz der Gewerbesteuer durch eine kommunale Wirtschaftssteuer vor. Diese Wirtschaftssteuer ist von all denen zu entrichten, die als Wirtschaftssubjekte von städtischen Infrastrukturleistungen profitieren, also beispielsweise auch von Freiberuflern. Als Bemessungsgrundlage werden der Unternehmensertrag, das Sachanlagevermögen und die Lohnsumme herangezogen. Beim Gewerbeertrag werden neben den Gewinnen unter anderem auch Schuldzinsen berücksichtigt. "Durch die gleichmäßige Belastung von Eigen- und Fremdkapital verhindern wir, dass Unternehmen aus steuerpolitischen Gründen in die Fremdfinanzierung einsteigen müssen. Durch die gleichmäßige Belastung von Sachanlagen und Lohnsumme sichern wir die Neutralität der Besteuerung in Bezug auf den Einsatz von Arbeit und Kapital", sagte Dr. Kirsten Witte, Leiterin des Kompetenzzentrums Kommunen und Regionen der Bertelsmann Stiftung.

    Sowohl die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage als auch die Vergrößerung des Kreises der Steuerpflichtigen führe nicht nur zu mehr Steuergerechtigkeit, sondern gleichzeitig auch zu einer Senkung der durchschnittlichen Steuerlast der Gewerbesteuerzahler.

    Sofern aus wirtschaftspolitischen Gründen eine weitere Entlastung der Unternehmen angestrebt wird, könnte nach Auffassung der Bertelsmann Stiftung der Einstieg in eine Reform der Grundsteuer dazu genutzt werden. Diese Steuer ist im internationalen Vergleich ausgesprochen niedrig.

    Insgesamt schafft die mit der kommunalen Wirtschaftssteuer verbundene Entflechtung mehr Transparenz für Bürger und Unternehmen, aber auch für Investoren. Die Steuerbelastungen werden gleichmäßiger auf all jene Unternehmen verteilt, die von der kommunalen Infrastruktur profitieren, so dass gleichzeitig der Steuerhebesatz deutlich sinken kann. Eine breite Bemessungsgrundlage verringert die Konjukturreagibilität und schafft so mehr Planungssicherheit für die Kommunen.

    Zum Expertenteam, das das Positionspapier der Bertelsmann Stiftung zur Reform der Gewerbesteuer erarbeitet hat, gehören Prof. Martin Junkernheinrich, Universität Münster (u.a. Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Gemeindefinanz¬kommission der Bundesregierung), Dr. Annette Fugmann-Heesing, Finanzministerin Hessen a.D., Finanzsenatorin Berlin a.D., Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses) sowie Gerhard Micosatt, FORA Forschungsgesellschaft für Raumfinanzpolitik.

    Rückfragen an: Dr. Kirsten Witte, Telefon: 0 52 41 / 81-81 030
    E-Mail: kirsten.witte@bertelsmann.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bertelsmann-stiftung.de.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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