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10.04.2006 11:05

Stress bis zum Burnout - wenn Topjobs krank machen

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Aktueller IAT-Report untersucht Belastungssituation bei Projektarbeit in der Informationstechnik-Branche

    Arbeiten in der IT-Branche gilt als Topjob: flexibel, eigenverantwortlich, hochbezahlt - aber gesund ist das nicht. Widersprüchliche Arbeitsanforderungen, überlange Arbeitszeiten und Leistungsdruck machen immer mehr IT-Spezialisten krank. Bis zu viermal häufiger als der Durchschnitt der Beschäftigten in Deutschland leiden sie unter psychosomatischen Beschwerden wie chronischer Müdigkeit, Nervosität, Schlafstörungen und Magenbeschwerden. Wie eine Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) zeigt, führen Stressphasen von mehr als acht Wochen zu einer Zunahme chronischer Erschöpfung - einem Frühindikator für Burnout -, rund 40 Prozent der Befragten wiesen deutliche Anzeichen dafür auf. Etwa 30 Prozent hatten zudem Probleme damit, sich zu erholen.

    Für das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt zur "Nachhaltigen Arbeitsgestaltung" untersuchten die IAT-Wissenschaftler Dr. Anja Gerlmaier und Dr. Erich Latniak über einen Zeitraum von durchschnittlich 16 Monaten sieben Mitarbeiterteams in Softwareentwicklungs- und -beratungsprojekten der IT-Industrie. Die Untersuchungen zielten auf die Frage, wie eine nachhaltige Gestaltung von Projektarbeit aussehen kann, die einem Verschleiß der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenwirkt und zum Erhalt und zur Entfaltung der Kreativitäts- und Leistungspotenziale beiträgt. Die Ergebnisse sind im aktuellen IAT-Report online verfügbar: http://iat-info.iatge.de/iat-report/2006/report2006-04.html

    Zu den häufigsten Ursachen psychischer Belastungen in den untersuchten IT-Projekten zählen permanenter Zeitdruck, nicht geplanter Zusatzaufwand, Arbeitsunterbrechungen und Lernrestriktionen, die, verschärft durch restriktive Zeitvorgaben und Abgabetermine, zu ausufernden Arbeitszeiten beitrugen. "Man kann insofern bei diesen Projekten von einer gleichzeitigen Verdichtung und zeitlichen Ausdehnung der Arbeit sprechen", so die IAT-Arbeitsforscher.

    Burnout wird verstanden als ein chronischer Prozess des Erschöpfens der eigenen körperlichen und seelischen Reserven. Er ist gekennzeichnet vom Gefühl, durch die Arbeit ausgelaugt und ausgebrannt zu sein. Die Symptome von Burnout umfassen dabei Gefühle exzessiver Müdigkeit und Energielosigkeit, eine erhöhte "Dünnhäutigkeit" und Ungeduld in Belastungssituationen, Demoralisierung, Gleichgültigkeit und Zynismus.

    In den Projektgruppen zeigte sich, dass es vor allem dort zu einer Manifestierung von Belastungen kam, wo den Mitarbeitern keine wesentlichen Handlungs- bzw. Verhandlungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, um eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen zu erzielen. Die in den Projekten vorhandenen Ressourcen wie freie Zeiteinteilung, gute Zusammenarbeit unter Kollegen oder interessante Aufgaben reichten offensichtlich nicht aus, um die Vielzahl widersprüchlicher Anforderungen, mit denen die Projektmitarbeiter konfrontiert werden, angemessen bewältigen zu können. Zudem beschränkt sich die Teilhabe an Entscheidungen in den Projekten überwiegend auf einen engen Kreis von Themen: Arbeitszeit- und Urlaubsplanung, Auswahl von Arbeitsmitteln und -methoden sowie Einarbeitung neuer Kollegen. Die Mehrheit der Projektmitarbeiter bleibt von der Gestaltung der Rahmenbedingungen und des Ressourceneinsatzes weitgehend ausgeschlossen.

    Die IAT-Arbeitsforscher raten deshalb, die Verhandlungsautonomie der Projekt-Beschäftigten zu stärken. Die Anforderungen werden im Projektgeschäft letztlich bereits bei Vertragsabschluss mit dem Kunden festgelegt. Entlastende Arbeitsgestaltung kann entsprechend dann gelingen, wenn die Rahmenbedingungen der Projektarbeit auch zum Gegenstand der Verhandlung mit dem Kunden gemacht werden. Die Erholung sollte zeitnah zu den Stressphasen eingeplant werden. Regelmäßige Erholungspausen bei der Arbeit - also etwa mehrere über den Tag verteilte Pausen und ein konsequentes Freihalten der Wochenenden - sind zur Stress-Prävention deutlich wirksamer als Angebote von Blockurlaubszeiten oder Sabbaticals, zeigen die Untersuchungen.

    Von besonderer Bedeutung für einen vorbeugenden Umgang mit Belastungsrisiken ist das Management, das für solche Fragen eine entsprechende Sensibilität oft erst entwickeln muss, beispielsweise durch Schulungen der Führungskräfte. Eine Problemsensibilisierung ist allerdings auch für viele der Projektbeschäftigten selbst notwendig.

    Für weitere Fragen stehen
    Ihnen zur Verfügung:
    Dr. Anja Gerlmaier
    Durchwahl: 0209/1707-286
    -Mail: gerlmai@iatge.de
    Dr. Erich Latniak
    Durchwahl: 0209/1707-240

    Pressereferentin
    Claudia Braczko
    Munscheidstraße 14
    45886 Gelsenkirchen
    Tel.: +49-209/1707-176
    Fax: +49-209/1707-110
    E-Mail: braczko@iatge.de
    info@iatge.de
    WWW: http://www.iatge.de


    Weitere Informationen:

    http://www.iatge.de/iat-report/2006/report2006-04.html (IAT-Report 2006-04)


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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