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08.11.1999 16:40

Stiftungsprofessur für integrierten Umweltschutz in der Medizin

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Bei der Herstellung und dem Einsatz von Medikamenten gegen Krebs fallen allein in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 30.000 bis 40.000 Tonnen Sondermüll an. Ein neuartiges Therapiekonzept könnte diese erhebliche Umweltbelastung verringern helfen: Es wurde an der Universität Würzburg entwickelt und beruht auf der Förderung der körpereigenen Abwehrkräfte von Krebspatienten. Mit diesem Konzept soll sich künftig eine Professur befassen, welche die Deutsche Bundesstiftung Umwelt der Universität bewilligt hat.

    Universitätspräsident Prof. Dr. Theodor Berchem, Kanzler Bruno Forster, Dr. Sigurd Lehmann-Tolkmitt von der Bundesstiftung Umwelt sowie Prof. Dr. Arnulf Thiede und Prof. Dr. Karin Ulrichs von der Chirurgischen Klinik der Universität Würzburg stellten die Stiftungsprofessur und ihre Vorgeschichte am Montag, 8. November, bei einem Pressegespräch in der Universität am Sanderring vor.

    Vor zwölf Jahren wurde am Pathologischen Institut der Universität Würzburg aus dem Körper eines Tumorpatienten ein Antikörper isoliert, der sich hochspezifisch gegen Magenkrebszellen richtet und diese zerstört. Die Würzburger Wissenschaftler fanden auch eine Methode, mit der sie den Antikörper für den Laborbedarf in unbegrenzter Menge herstellen können. Auch die Voraussetzungen, um den Antikörper gegen Magenkrebs in industriellem Maßstab produzieren zu können, sind inzwischen vorhanden.

    Mittlerweile wurden in Zusammenarbeit mit Chirurgen und Internisten 40 Magenkrebs-Patienten in Würzburg mit dem Antikörper behandelt und dabei dessen Verträglichkeit und Wirksamkeit gezeigt. Die Antikörpergabe alleine führt wahrscheinlich nicht zur Heilung der Magenkrebs-Erkrankung, aber in Kombination mit einer Operation ist bisher ein deutlich positiver Effekt nachweisbar. Es scheint den Wissenschaftlern der Universität im ersten Einsatz an Patienten gelungen zu sein, mit dem Konzept der "passiven Impfung" bei Magenkrebs-Erkrankungen eine neue biologische Waffe gegen den Krebs gefunden zu haben. Hinter dem Schlagwort "passive Impfung" verbirgt sich das Phänomen, dass durch die Antikörper Krebszellen vernichtet werden und gleichzeitig die Abwehrkräfte des Körpers ansteigen, so dass das körpereigene Immunsystem eventuell mit der Krebserkrankung fertig werden kann.

    Dieses Beispiel verdeutlicht den Arbeitsschwerpunkt, den die Stiftungsprofessur für Molekulare Onkoimmunologie in Zukunft vertreten wird: Die körpereigenen Abwehrkräfte, im geschilderten Fall ein Antikörper, sollen eingesetzt werden, um die auf eine Tumoroperation folgenden klassischen Methoden der Strahlen- und Chemotherapie zu ergänzen oder sogar zu ersetzen. Damit ginge die Verringerung der Sondermüllmengen einher.

    Derartige Konzepte, mit denen sich die Belastung der Abfall- und Umweltkreisläufe mit hoch toxischen Stoffen sowie die Anwendung ionisierender Strahlen in der Therapie vermeiden lässt, seien heute dringend geboten, so Prof. Dr. Arnulf Thiede, Direktor der Chirurgischen Klinik der Universität Würzburg. Er hat die Beantragung der Stiftungsprofessur von wissenschaftlicher Seite her initiiert und erwartet, dass mit ihrer Hilfe der Durchbruch für das Konzept der "passiven Impfung" gelingt.

    Erste Aufgabe der Stiftungsprofessur wird es sein, multizentrische klinische Studien durchzuführen und damit die Arbeit am Würzburger Magenkrebs-Antikörper weiter voranzutreiben: Dieser muss jetzt zur "Dosisfindung" an mehreren Kliniken sowie an einer größeren Anzahl Patienten als bisher getestet werden. Weiterhin sollen im Rahmen der Stiftungsprofessur auch für andere Tumorerkrankungen umweltentlastende, biotechnologisch erzeugte Mittel entwickelt werden. Außerdem gilt es, bei der Ausbildung der Studierenden die Prinzipien eines integrierten Umweltschutzes im medizinischen Bereich zu vertreten.

    Die Stiftungsprofessur für Molekulare Onkoimmunologie wird in die Medizinische Fakultät der Universität eingebunden. Sie besteht nicht nur aus einer C 3-Professorenstelle, sondern beinhaltet fünf weitere Arbeitsplätze. Außer den Personalmitteln - die Stellen sollen in Kürze ausgeschrieben werden - gewährt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt zusätzliches Geld, so dass sich die gesamte Summe auf rund drei Millionen Mark für einen Zeitraum von fünf Jahren beläuft.

    Neben der Würzburger Stiftungsprofessur hat das Kuratorium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) im Oktober 1999 aus 63 Vorschlägen fünf weitere Stiftungslehrstühle zum integrierten Umweltschutz bewilligt, und zwar in Göttingen, Ilmenau, Nürtingen, Leipzig und Osnabrück. Damit fördert die Stiftung nun bundesweit insgesamt elf Stiftungslehrstühle auf dem Gebiet des innovativen Umweltschutzes. Die Würzburger Stiftungsprofessur ist bislang die einzige, die im Bereich der Medizin angesiedelt ist. Dr. Sigurd Lehmann-Tolkmitt von der Umweltstiftung hat sich für die Vergabe der Stiftungsprofessur nach Würzburg stark engagiert.

    Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt ist eine der größten Stiftungen in Europa. In den neun Jahren ihres Bestehens hat sie über 3.500 Projekte mit mehr als 1,4 Milliarden Mark unterstützt. Gefördert werden Vorhaben aus den Bereichen Umwelttechnik, Umweltforschung und -vorsorge, Umweltkommunikation sowie Umwelt und Kulturgüter. Das Stiftungskapital von rund drei Milliarden Mark stammt aus den Erlösen der 1990 erfolgten Privatisierung der bundeseigenen Salzgitter AG, zu der damals auch das Würzburger Unternehmen Noell gehörte.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Arnulf Thiede, T (0931) 201-3200, Fax (0931) 201-3203, E-Mail: thiede@chirurgie.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

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