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28.04.2006 11:10

Forschung über die Demokratien von heute und den Kommunismus von gestern

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    Stiftung bewilligt 3,37 Millionen Euro für elf neue Vorhaben in ihrer Initiative zur Erforschung der Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas

    Die VolkswagenStiftung fördert gegenwartsbezogene und historische Forschungen zum östlichen Europa, die die Vielfalt dieses Kulturraums in den Blick nehmen und zugleich dessen Bezüge und Verbindungen zum übrigen Europa beleuchten. Vorrangiges Ziel dabei ist es, Ähnlichkeiten und Unterschiede im Hinblick auf die Entwicklung in anderen Teilen Europas herauszuarbeiten und Prozesse der gegenseitigen Beeinflussung und Durchdringung unterschiedlicher Kulturen zu untersuchen. In ihrer Förderinitiative "Einheit in der Vielfalt? Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas" stellt die VolkswagenStiftung jetzt für elf neue Vorhaben insgesamt rund 3,37 Millionen Euro bereit, darunter:

    1.) 459.200 Euro für das Vorhaben "Das Bild vom demokratischen Soldaten. Spannungen zwischen der Streitkräfteorganisation und den Grundsätzen der Demokratie im europäischen Vergleich" von Professor Dr. Harald Müller, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Frankfurt am Main;

    2.) 373.700 Euro für das Kooperationsvorhaben "Remembering Communism. Methodological and Practical Issues of Approaching the Recent Past in Eastern Europe" eines internationalen Forscherteams um Professorin Dr. Maria N. Todorova vom Department of History der University of Illinois at Urbana-Champaign, USA, und Professor Dr. Stefan Troebst vom Institut für Slavistik der Universität Leipzig - mit zum Team gehören Associate Professor Dr. Petya Kabakchieva von der Universität Sofia, Assistant Professor Drago? Petrescu vom Romanian Institute for Recent History, Bukarest, und Assistant Professor Dr. Krzysztof Ruchniewicz, Willy Brandt Center for German and European Studies der Universität Breslau;

    3.) 378.200 Euro für das Vorhaben "Educational Systems and Labour Markets in Central and Eastern European Transformation Countries" von Professor Dr. Walter Müller und Dr. Irena Kogan vom Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES), Universität Mannheim.

    Ausführliche Informationen zu diesen Projekten im Folgenden; am Ende der Presseinformation finden Sie eine Übersicht der acht weiteren neu bewilligten Vorhaben.

    Zu 1:
    Wie gelingt es einer Demokratie, ihre Streitkräfte in die Gesellschaft zu integrieren? Eine Frage, die sich mit Beginn der 1990er-Jahre gerade die ehemals sozialistischen Staaten Ost-, Mittel- und Südosteuropas zu stellen hatten. Für sie bestand die Herausforderung, die Grundsätze ihrer Sicherheitspolitik neu zu bestimmen und zugleich das Militär an die noch junge Demokratie zu binden. Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe - ist es doch gar nicht so leicht, militärische Herrschafts- beziehungsweise Ordnungskonzepte und demokratische Grundsätze auszubalancieren. Doch auch die westeuropäischen Staaten sahen sich mit Ende des Kalten Krieges sicherheitspolitischen Veränderungen gegenüber, ließen doch neue Konflikt- und Bedrohungsszenarien multinationales Krisenmanagement an die Stelle klassischer Landesverteidigung treten. Mit den Auswirkungen dieses vielfältigen Funktionswandels beschäftigt sich Professor Dr. Harald Müller von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in seinem Vorhaben "Das Bild vom demokratischen Soldaten". Er will vergleichend betrachten, wie die demokratischen Staaten und speziell solche, die sich erst seit den 1990er-Jahren im Aufbau demokratischer Ordnung befinden, mit den neuen sicherheitspolitischen Anforderungen umgehen und welche Auswirkungen auf die Organisation der zivil-militärischen Verhältnisse im Einzelnen in Europa zu verzeichnen sind.

    Konkret richtet sich das Untersuchungsinteresse auf die inneren und äußeren Faktoren, die - noch junge - Demokratien bei der Gestaltung ihrer zivil-militärischen Verhältnisse anleiten und ihre unterschiedlichen Ausprägungen bedingen. Gefragt wird deshalb, welches Leitbild vom "guten Soldaten" die einzelnen Gesellschaften unter den gewandelten weltpolitischen Umständen entwerfen und inwieweit sich dieser Diskurs auch in der Organisationskultur des Militärs und dem Selbstverständnis der Soldaten wiederfinden lässt. Müller will hierzu im Einzelnen - in internationaler Forschungskooperation - 14 europäische Länder detailliert empirisch untersuchen: Großbritannien, die Schweiz, Deutschland, Österreich, Estland, Litauen, Polen, Rumänien, Serbien-Montenegro, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Ukraine und Spanien. Mit den jeweiligen Länderstudien sind Wissenschaftler vor Ort betraut.

    Kontakt
    Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
    Prof. Dr. Harald Müller
    Telefon: 069 959104 0
    E-Mail: mueller@hsfk.de

    Zu 2:
    Wie wird die Epoche des Kommunismus in Ost- und Südosteuropa erinnert? Das ist die zentrale Frage eines international zusammengesetzten Wissenschaftlerteams unter Leitung von Professorin Dr. Maria N. Todorova von der University of Illinois und Professor Dr. Stefan Troebst von der Universität Leipzig. Die Forscher gehen dabei von der Voraussetzung aus, dass es keine einzelne Idee beziehungsweise Praxis von Kommunismus gegeben hat - und es insofern individuell verschieden ist, wie Kommunismus erfahren wurde. Verschieden zudem nicht nur in geografischer Ausrichtung, sondern zugleich über nationale, ethnische, soziale, professionelle, Generationen- und Gendergrenzen hinweg. Konzentrieren wollen sich die Wissenschaftler auf die diesbezüglich bislang wenig untersuchten Länder Bulgarien und Rumänien; Polen und die DDR sollen ergänzend als Kontrollgrößen einbezogen werden.

    Zunächst sammeln beteiligte Forscher in Bulgarien und Rumänien Daten bei Angehörigen derjenigen Generationen, die unmittelbar die kommunistische Vergangenheit erinnern; zeitlich interessiert sie hier vor allem die Phase nach der Entstalinisierung. Die Forschungsagenda umfasst verschiedene methodische Ansätze und greift auf unterschiedliche Quellengattungen zurück - darunter Archive, lebensgeschichtliche und soziologische Interviews, Memoiren, Biografien, Tagebücher, Presse und visuelles Material. Ziel ist es, dass nach Abschluss der dokumentarischen Arbeiten eine webbasierte Datenbank mit biografischen, archivalischen und institutionellen Informationen zur Verfügung steht. Geplant ist auch, zwei CD-ROMs mit Texten für den (universitären) Unterricht sowie ein Buch mit ausgewähltem Material zu veröffentlichen.

    Kontakt
    Universität Leipzig
    Geisteswissenschaftliches Zentrum
    Prof. Dr. Stefan Troebst
    Telefon: 0341 9735 584
    E-Mail: troebst@rz.uni-leipzig.de

    Zu 3:
    Forscht man über soziale Ungleichheit im - zusammenwachsenden - Europa, so muss der Blick zwangsläufig auch auf bildungs- und arbeitsmarktpolitische Rahmensetzungen fallen. Auch die Forscher Professor Dr. Walter Müller und Dr. Irena Kogan von der Universität Mannheim gehen davon aus, dass Ungleichheit bei Bildungsabschlüssen und Erfolg auf dem Arbeitsmarkt einen zentralen Kern sozialer Schichtung in modernen Gesellschaften bilden - und damit auch in Europa. An entsprechenden systematischen Untersuchungen hierzu fehlt es jedoch, insbesondere zu den postsozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas. Ziel der Wissenschaftler ist es daher, zum einen die einzigartigen Erfahrungen dieser Länder in der Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft zu untersuchen, andererseits aber auch diesbezüglich Bezüge zu den Ländern des "alten" Europas herzustellen, um mit Blick auf die Felder "Bildung" und "Arbeitsmarkt" ein Gesamtbild der strukturellen und regionalen Ungleichheiten in der erweiterten Europäischen Union herauszuarbeiten.

    Zentrale Frage ist es, welche Konsequenzen sich ergeben für die Erwerbschancen und die soziale Schichtung sowohl von jungen Schulabgängern als auch von Arbeitnehmern mit mehr Berufserfahrung auf Grund des jeweiligen nationalen institutionellen Rahmens, der eben das Bildungs- und Ausbildungssystem umfasst sowie die Regulierung der Arbeitsmärkte und die damit zusammenhängende wohlfahrtsstaatliche Absicherung. Um dies beantworten zu können, stützen sich die Forscher auf die verfügbaren Makro- und Mikrodatenquellen der europäischen Arbeitskräfteerhebung (EULFS), auf einschlägige Paneldaten sowie gegebenenfalls retrospektive Datenerhebungen, die für einzelne mittel- und osteuropäische Länder vorliegen. Beteiligt ist ein Netzwerk von Wissenschaftlern aus zehn mittel- und osteuropäischen Ländern; die Mittel der Stiftung ermöglichen unter anderem drei jeweils einjährige Forschungsaufenthalte von Nachwuchswissenschaftlern aus Osteuropa in Mannheim.

    Kontakt
    Universität Mannheim
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung
    Prof. Dr. Walter Müller
    Telefon: 0621 181 2818
    E-Mail: wmueller@sowi.uni-mannheim.de

    Des Weiteren wurden in der "Europa-Förderinitiative" der VolkswagenStiftung folgende Bewilligungen ausgesprochen:

    4.) 375.400 Euro für das Vorhaben "New and Ambiguous Nation-building Processes in Southeastern Europe: Collective Identities in Bosnia-Herzegovina, Macedonia, Moldova and Montenegro in Comparison (1944-2005)" von Professor Dr. Holm Sundhaussen und Dr. Ulf Brunnbauer, Arbeitsbereich Geschichte & Kultur am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin;

    Kontakt Projekt Nr.4
    Freie Universität Berlin
    Osteuropa-Institut
    Prof. Dr. Holm Sundhaussen
    Telefon 030 838 52076
    E-Mail: sundhaus@gmx.net

    5.) 495.600 Euro für das Vorhaben "Das andere Osteuropa - die 1960er bis 1980er Jahre. Dissens in Politik und Gesellschaft, Alternativen in der Kultur. Beiträge zu einer vergleichenden Zeitgeschichte" von Professor Dr. Wolfgang Eichwede, Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen - in Zusammenarbeit mit Professor Bogus?aw Baku?a vom Institut für Polnische Philologie der Universität Posen, Arsenij Roginskij vom Wissenschaftliches Zentrum Memorial in Moskau, Professor Dr. Máté Szabó vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Budapest und Dr. Old?ich T?ma vom Institut für Zeitgeschichte der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag;

    Kontakt Projekt Nr. 5
    Universität Bremen
    Forschungsstelle Osteuropa
    Prof. Dr. Wolfgang Eichwede
    Telefon: 0421 2182216
    E-Mail: eichwede@osteuropa.uni-bremen.de

    6.) 288.200 Euro für das Vorhaben "Konfession und Konversion. Konfigurationen, Praktiken und Medien konfessioneller Grenzüberschreitungen in Mittel- und Osteuropa 1560-1700" von Professor Dr. Winfried Eberhard, Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas e. V. an der Universität Leipzig;

    Kontakt Projekt Nr. 6
    Universität Leipzig
    Geisteswissenschaftliches Zentrum für Kultur Ostmitteleuropas
    Prof. Dr. Winfried Eberhard
    Telefon: 0341 9735561

    7.) 222.000 Euro für das Vorhaben "Traditionen des Neuen Europa - Vorgeschichten aus dem Südosten des Kontinents" von Professor Dr. Andrei Ple?u, New Europe College in Bukarest - in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Dieter Grimm, Wissenschaftskolleg zu Berlin;

    Kontakt Projekt Nr. 7
    New Europe College
    Institute for Advanced Study
    Prof. Dr. Andrei Ple?u
    Telefon: 0040 21 3270035
    E-Mail: aplesu@nec.ro

    8.) 280.900 Euro für das Vorhaben "(Un-)Sicherheitsdiskurse und Stadtentwicklung im erweiterten Europa. Regionalisierung und Kontextualisierung am Beispiel Deutschlands, Frankreichs und Polens" von Professor Dr. Robert Pütz vom Institut für Kulturgeographie, Stadt- und Regionalforschung der Universität Frankfurt am Main und Dr. Georg Glasze vom Geographischen Institut der Universität Mainz;

    Kontakt Projekt Nr. 8
    Universität Frankfurt/Main
    Institut für Kulturgeographie, Stadt- und Regionalforschung
    Prof. Dr. Robert Pütz
    Telefon: 069 798 28792
    E-Mail: puetz@em.uni-frankfurt.de

    9.) 174.500 Euro für das Vorhaben "Alltag am östlichen Rand der EU: Raumaneignungen der Bevölkerung im Grenzraum Rumänien/Republik Moldau" von Professor Dr. Wilfried Heller und Dr. Bernd Belina vom Institut für Geographie, Abteilung Humangeographie der Universität Potsdam;

    Kontakt Projekt Nr. 9
    Universität Potsdam
    Institut für Geographie
    Prof. Dr. Wilfried Heller
    Telefon: 0331 977 2284
    E-Mail: heller@rz.uni-potsdam.de

    10.) 172.100 Euro für das Vorhaben "Sprachen der Selbstbeschreibung und Selbstrepräsentation im imperialen Russland" von Professor Dr. Jan Kusber vom Historischen Seminar der Universität Mainz;

    Kontakt Projekt Nr. 10
    Universität Mainz
    Historisches Seminar
    Prof. Dr. Jan Kusber
    Telefon: 05131 39 22811
    E-Mail: kusber@uni-mainz.de

    11.) 150.000 Euro für das Vorhaben "Bioethik im südosteuropäischen Raum. Chancen, Probleme und praktische Perspektiven der Konstitution öffentlicher ethischer Diskurse unter Umbruchsbedingungen" von Professor Dr. Walter Schweidler von der Fakultät für Philosophie, Pädagogik und Publizistik der Universität Bochum und Professor Dr. Ante ?ovi? von der Philosophischen Fakultät der Universität Zagreb.

    Kontakt Projekt Nr. 11
    Universität Bochum
    Fakultät für Philosophie, Pädagogik und Publizistik
    Prof. Dr. Walter Schweidler
    Telefon: 0234 32 22722
    E-Mail: walter.schweidler@rub.de

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    Kontakt
    VolkswagenStiftung
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 0511 8381 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

    VolkswagenStiftung
    "Europa-Förderinitiative"
    Dr. Wolfgang Levermann
    Telefon: 0511 8381 212
    E-Mail: levermann@volkswagenstiftung.de

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    Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20060428


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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