Grundsätze und Prinzipien nachhaltiger Entwicklung in der Landwirtschaft am Beispiel von Phosphor
Ohne Phosphor (P) geht gar nichts: alle Lebewesen benötigen ihn zumindest als Baustein von Erbsubstanz (DNS) und Energieträgern (ADP/ATP), Wirbeltiere und Menschen für ihre Skelettsubstanz. Etwa 700 Gramm P enthält ein erwachsener Mensch. Gleichzeitig ist P aber auch die erste nicht erneuerbare natürliche Ressource, die in einem überschaubaren Zeitraum (50-100 Jahre) knapp werden wird. Am Umgang mit P zeigt sich exemplarisch, wie ernst wir es mit dem Gedanken nachhaltiger Entwicklung nehmen, denn "nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die Bedürfnisse der jetzigen Generationen deckt, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu decken, zu beschränken". Diese Aspekte behandelte am 7. April 2006 das Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig in der Veranstaltung "Phosphor - Gedanken zur Nachhaltigkeit" und leistete damit einen Beitrag zur 2005 von den Vereinten Nationen (UNESCO) proklamierten Dekade der Nachhaltigkeit.
Landwirtschaft ist der bei weitem größte Verbraucher an P und gleichzeitig die größte Verlustquelle für P. (Dispersion in der Umwelt, unnötige Anreicherung in Böden, Bindung in nicht verwerteten tierischen Produkten). Unbeachtet der absehbaren Verknappung der Ressource gehen wir jedoch immer noch damit um, wie die sprichwörtliche "Sau mit dem Bettelsack". Der norwegische Wissenschaftler Nils Vagstad (BIOFORSK, Aas) demonstrierte dies sehr anschaulich am Beispiel der 36.000 Tonnen P, die jährlich aus der Landwirtschaft in die Ostsee eingetragen werden: Folge hiervon ist u.a. das ungehemmte Wachstum von giftigen Blaualgen. Die Akkumulation pflanzenaufnehmbarer P-Formen in landwirtschaftlichen Böden sei daher unbedingt auf Konzentrationen von 130 mg/kg P (nach den in Deutschland gebräuchlichen Laktat-Methoden) bzw. 200 mg/kg (nach der internationalen Mehlich-3 Methode) zu begrenzen. Prof. Brunner (TU Wien) zeigte an Hand von Material-Fluss-Analysen, dass für eine weitgehende Schließung gesamtgesellschaftlicher P-Kreisläufe in erster Linie Optimierungsarbeit in der landwirtschaftlichen Produktion zu leisten ist. Was den Teil Pflanzenproduktion anbelangt, ist der Schlüssel hierfür nach Prof. Schnug (FAL) eine strikt auf den Pflanzenentzug limitierte P-Düngung ausreichend versorgter und biologisch intakter Böden. Dabei sind ausschließlich wasser- oder zumindest zitratlösliche P-Formen in Mineraldüngern akzeptabel; P aus organischen Quellen ist als gleichwertig mit Mineraldüngern anzusetzen.
Wenngleich durch Einhaltung dieser Randbedingungen die langfristige Effizienz des P- Einsatzes in der Pflanzenproduktion von 100% möglich ist, bleiben erhebliche Defizite bei der Nutzung von P in der Tierproduktion. Dr. Hillebrand (BASF Plant Science, Ludwigshafen) stellte hierzu Entwicklungsoptionen unter Einschließung neuer Technologien vor. Begrenzender Faktor der P-Ausnutzung im Tier ist der Gehalt des Futters an Phytat, einer pflanzlichen und im Tier schwer verdaulichen Speicherform von P. Als Lösungsansätze werden hier unter anderem die Produktion rekombinanter Phytasen als Futterzusätze und transgene Pflanzen mit geringeren Phytatgehalten diskutiert. Aus den USA werden bereits Steigerungen der Ausnutzung des P in transgenem Mais auf 96% im Vergleich zu 30% bei herkömmlichen Sorten berichtet.
PD Dr. Rahmann (FAL) machte sehr deutlich klar, dass im ökologischen Landbau transgene Organismen und deren Produkte als Lösungsoptionen für eine Verbesserung der P-Ausnutzung abgelehnt werden. Stattdessen setzt man hier auf die Schließung der P-Kreisläufe durch Optimierung innerbetrieblicher Maßnahmen. Dieses Ziel ist im Ökolandbau durchaus realisierbar, solange auf einem Betrieb gleichzeitig Pflanzen- und Tierproduktion stattfinden. Dr. Prinz zu Löwenstein (BÖLW Berlin) zeigte aber auch, dass sich viehlose Öko-Betriebe schnell auf einer Gratwanderung mit der Tendenz zur Erschöpfung der P-Bodenvorräte finden. Forschungsbedarf besteht hier insbesondere hinsichtlich der Beschränkungen des Ökolandbaus auf schwerlösliches Mineraldünger-P, deren Bedeutung für die langfristige P-Ausnutzung und die Bodenfruchtbarkeit.
Die nachhaltige Nutzung von P-Ressourcen erfordert zwingend die konsequente Rückführung von P aus Reststoffen in die Landwirtschaft. Damit verbunden ist jedoch das Problem einer Befrachtung der Böden mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen. Der von Dr. Adam (BAM Berlin) koordinierte internationale Forschungsverbund SUSAN (Sustainable and Safe Re-use of Municipal Sewage Sludge for Nutrient Recovery) entwickelt hierzu ein thermochemisches Verfahren zur Aufarbeitung von Klärschlämmen, bei dem organische Schadstoffe bei 850-1000° C vollständig zerstört und Schwermetalle als flüchtige Chloride abgetrennt werden. Die FAL beteiligt sich an diesem Vorhaben mit Untersuchungen zur Bewertung und Verbesserung der landbaulichen Eignung der entstehenden Produkte.
In der Diskussion von Rednern und Auditorium mit dem Rechtswissenschaftler Prof. Ekardt (Uni-Bremen) wurde abschließend noch einmal sehr deutlich, dass ohne ein neues, in das Prinzip Nachhaltigkeit eingebundenes Bewusstsein, welches auch Aspekte der Generationengerechtigkeit und Gerechtigkeit zwischen den Völkern dieser Erde einbezieht, globaler Streit um die endliche Ressource P vorhersehbar ist.
Kontakt: Prof. Dr. Dr. Ewald Schnug, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, E-Mail: pb@fal.de
Foto 1: Experten für Nachhaltigkeit und Phosphor (von links: Dr. Franz Raddatz (Autor des Nachhaltig ...
Foto: FAL-PB
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Foto 2: Vom Meeresumweltschutz bis hin zu Fragen der Generationengerechtigkeit und globalen Gerechti ...
Foto: FAL-PB
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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