Vor 20 Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation WHO erstmalig das Stufenschema zur Therapie von Tumorschmerzen vorgestellt. Das Büchlein, übersetzt in viele Sprachen, hat zu einer völlig neuen Betrachtung der Therapie chronischer Schmerzen beigetragen und große Fortschritte in der Schmerztherapie insgesamt möglich gemacht. "20 Jahre WHO-Stufenschema sind ein Grund zur Freude - aber auch ein Grund, dringend fehlende Konsequenzen anzumahnen", so Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS). Experten beklagen die Tatsache, dass trotz der Effizienz des Stufenschemas und der weltweiten Verfügbarkeit der entsprechenden Medikamente selbst in industrialisierten Ländern immer noch ein zu hoher Prozentsatz an Tumorpatienten mangelhaft behandelt wird.
Bochum, 10.05.2006
Einfach und effizient: 20 Jahre WHO-Stufenleiter
Experten fordern flächendeckenden Einsatz in der Tumorschmerztherapie
Vor 20 Jahren hat die Weltgesundheitsorganisation WHO erstmalig das Stufenschema zur Therapie von Tumorschmerzen vorgestellt. Das Büchlein, übersetzt in viele Sprachen, hat zu einer völlig neuen Betrachtung der Therapie chronischer Schmerzen beigetragen und große Fortschritte in der Schmerztherapie insgesamt möglich gemacht. "20 Jahre WHO-Stufenschema sind ein Grund zur Freude - aber auch ein Grund, dringend fehlende Konsequenzen anzumahnen", so Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS). Experten beklagen die Tatsache, dass trotz der Effizienz des Stufenschemas und der weltweiten Verfügbarkeit der entsprechenden Medikamente selbst in industrialisierten Ländern immer noch ein zu hoher Prozentsatz an Tumorpatienten mangelhaft behandelt wird.
20 Jahre lang bewährt
Das Konzept des WHO-Stufenschemas kann auf fünf Kernsätze zusammengefasst werden: "by the mouth, by the clock, by the ladder, for individual, attention to detail". Frei übersetzt heißt das: Schmerzmittel sind oral (oder nicht-invasiv) einzunehmen, nach einem festen Zeitschema, nach einer festen Stufenleiter, in individueller Dosierung, Besonderheiten sind zu beachten. Das Stufenschema umfasst auf drei Stufen drei verschiedene Medikamentengruppen: Nicht-Opioid-Analgetika vom Typ des Aspirin oder Paracetamol auf der ersten Stufe, auf der zweiten Stufe schwache Opioidanangetika vom Typ des Codein und auf der dritten Stufe stark wirksame Opioidanalgetika vom Typ des Morphin. "Lange Zeit wurde und wird darüber diskutiert, ob die Stufe 2 tatsächlich erforderlich ist", erklärt Prof. Zenz rückblickend. "Allein aus Gründen der Didaktik und wegen der enormen Vorurteile Morphin gegenüber ist eine solche Stufe als Eingang zu stark wirksamen Opioiden aber eine sinnvolle Stufe", ist der Schmerzspezialist überzeugt.
Schmerzlinderung für 75 bis 100 Prozent der Patienten möglich
Verschiedene Studien weltweit haben gezeigt, dass zwischen 75 und 100 Prozent der Tumorpatienten mit einem solchen Stufenschema ausreichend behandelt werden können. Neben den drei Medikamentengruppen kommen in der Tumorschmerztherapie Hilfs-Medikamente zusätzlich zum Einsatz. Hierzu gehören Antiemetika gegen Übelkeit, Laxantien gegen Verdauungsbeschwerden, Antidepressiva, Antikonvulsiva oder Cortikosteroide.
Unzureichende Schmerztherapie ist Körperverletzung
Das Stufenschema ist bewusst einfach gestaltet, so dass es in allen Ländern der Welt unabhängig vom Grad der Industrialisierung anwendbar ist. Doch trotz der Effizienz des Stufenschemas und der weltweiten Verfügbarkeit der entsprechenden Medikamente ist selbst in industrialisierten Ländern immer noch ein zu hoher Prozentsatz an schlecht behandelten Tumorpatienten zu beklagen. In Deutschland werden nur ein Drittel der Tumorschmerzpatienten ausreichend gegen Schmerzen behandelt - zwei Drittel leiden unnötig. "Angesichts der Tatsache, dass die Wirksamkeit des WHO-Stufenschemas nachgewiesen ist, ist in Deutschland zu bedenken, dass es sich bei unzureichender Schmerztherapie nicht um unterlassene Hilfeleistung, sondern um Körperverletzung handelt", unterstreicht Prof. Zenz. Es bleibe zu hoffen, dass es keiner weiteren 20 Jahre bedarf, um allen Patienten auf Grund dieses Stufenschemas eine ausreichende Schmerzlinderung in ihren letzten Lebensmonaten und Wochen zu garantieren.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Michael Zenz, Präsident der DGSS, Klinik für Anaesthesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Knappschaftskrankenhaus Langendreer, In der Schornau 23-25, 44892 Bochum, Tel. 0234/299-3000, E-Mail: zenz@anaesthesia.de
http://www.dgss.org
http://www.tumorschmerz.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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