Bildgebende Verfahren bestimmen immer mehr die Fortschritte in Wissenschaft und Technik. Auch das Paul Scherrer Institut (PSI) in der Schweiz ist bei der Erforschung solcher Verfahren an vorderster Front dabei. Diese Methoden kehren das Innere von Objekten visuell nach aussen und erlauben beispielsweise in der Medizin immer genauere Diagnosen. Auch können sie dazu beitragen, den Mechanismus gewisser Krankheiten wie Alzheimer oder Osteoporose besser zu verstehen. Weitere wichtige Anwendungen finden bildgebende Verfahren in der Materialforschung, wo sie entscheidende Resultate bringen und letztlich wie in der Medizin der Gesellschaft dienen.
Mit der neuen am PSI entwickelten Phasenkontrast-Mikroskopie lassen sich die Sensitivität und zugleich der Kontrast klassischer Röntgenbilder erhöhen. Die herkömmlichen Röntgenverfahren beruhen darauf, dass unterschiedliche Materialien die Röntgenstrahlung verschieden stark absorbieren. Damit lässt sich relativ leicht die Struktur von sehr dichten Materialien wie den Knochen von weniger dichten Körperteilen wie dem Gewebe unterscheiden. In Materialien, die relativ wenig absorbieren und daher wenig Kontrast im Absorptionsbild erzeugen, ist es aber schwierig, feine Details mit herkömmlichen Röntgenverfahren sichtbar zu machen.
Auf ihrem Weg durch eine Probe verlieren Röntgenstrahlen jedoch nicht nur an Intensität, sie werden auch in ihrer Phase verschoben, da die Lichtwellen sich in Materie mit einer anderen Geschwindigkeit ausbreiten als im leeren Raum. Diese Phasenverschiebung ist sensitiv auf kleinste Unterschiede im Gewebe, und so kann mit diesem Phasensignal der Bildkontrast des Röntgenbildes erheblich erhöht werden.
Schonende Früherkennung von Brustkrebs möglich
Den deutlich verbesserten Kontrast kann man zudem nutzen, um die notwendige Strahlendosis deutlich zu reduzieren. Von besonderem Interesse ist das beispielsweise für die Mammografie zur Brustkrebsvorsorge. Die Phasenkontrast-Mikroskopie liesse sich gut in bestehenden medizinischen Röntgengeräten anwenden und könnte so wesentlich zur künftigen Verbesserung der Diagnose von Krankheiten mit Röntgenbildern beitragen.
Ein weiteres am PSI erforschtes Verfahren ist die Röntgen-Mikrotomografie. Mit der man detailliert ins Innere der zu untersuchenden Probe blicken kann. Die Qualität der Bilder ist dabei besonders hoch, weil die Aufnahmen mit der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS gemacht werden. Dieser Beschleuniger liefert einen Röntgenstrahl von einer Intensität, die ihresgleichen sucht. Je intensiver der Strahl, desto besser und schneller die Mikrotomografie - zurzeit sind dreidimensionale Bilder mit einer Auflösung im Bereich von einem tausendstel Millimeter (Mikrometer) innerhalb weniger Minuten möglich.
3-D-Bilder vom Feinsten
Die Apparatur an der SLS schiesst Bilder von Alulegierungen, Keramiken, urzeitlichen Embryonen oder von Osteoporose befallenen Knochen. Ein Forschungsprojekt von PSI, ETH und Uni Zürich sowie Novartis befasst sich mit der Suche nach Alzheimerspuren in Blutgefässen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Blutgefässe im Gehirn von jungen, an Alzheimer erkrankten Mäusen verändert sind. Man vermutet deshalb, dass die Entstehung der Alterskrankheit mit der ungenügenden Blutzufuhr im Gehirn zusammenhängen könnte; dass also zu wenig Sauerstoff die für Alzheimer typischen Proteinablagerungen hervorrufen könnte. Die PSI-Forscher helfen bei der Erforschung dieser These, indem sie dreidimensionale Bilder der Mausblutgefässe mit einer Auflösung von 1 bis 15 Mikrometer anfertigen.
NEUTRA und die 2005 eröffnete ICON, die beiden Neutronenradiografie-Anlagen des PSI, sind im Grunde nichts anderes als Fotoapparate im Grossformat. Doch sie haben besondere Fähigkeiten. Mit Neutronenradiografie lässt sich durch Objekte hindurchschauen, ohne sie zu zerstören. Das kann ein Röntgenapparat auch. Aber im Gegensatz zu Röntgenstrahlen vermögen Neutronen schwere Metalle wie Blei oder Uran zu durchleuchten. Der Neutronenstrahl hat weitere Vorteile: Auch bei feinen organischen Stoffen oder bei Wasser ist er der Strahl der Wahl.
Römische Schwerter und Saurierhälse
Oft werden die Anlagen genutzt für Routinearbeiten wie die Überprüfung von Klebstellen und Korrosion oder für Forschungen in den Bereichen Elektrochemie oder Geologie. Forscher wenden sich aber auch ans PSI, wenn es darum geht, römischen Schwertern die Geheimnisse ihrer Bauart zu entlocken, keltische Münzen, Halswirbel von Sauriern oder kugelsichere Westen zu untersuchen.
Im vergangenen Jahr hat sich das PSI bei einem Gesamtaufwand von knapp 270 Millionen Franken ausser für die eigene Forschung auch in der akademischen Ausbildung sowie in seiner Funktion als eines der weltweit führenden Benutzerlabors engagiert. So nutzten 2005 erstmals mehr als 1400 Gastforschende aus 50 Nationen die Grossanlagen für ihre Experimente, wobei sich auch die Zahl der Nutzerbesuche gegenüber dem Vorjahr stark erhöht hat. Die Qualität der Experimentierstationen und der Instrumente wie auch ihre gute Betreuung sind offensichtlich Erfolgsfaktoren, die immer mehr Wissenschaftler nach Villigen ziehen.
Für weitere Auskünfte:
Phasenkontrast-Mikroskopie:
Dr. Franz Pfeiffer, Labor für Synchrotronstrahlung, PSI; Telefon +41 (0)56 310 52 62; franz.pfeiffer@psi.ch
Dr. Christian David, Labor für Mikro- und Nanotechnologie, PSI; Telefon +41 (0)56 310 37 53; christian.david@psi.ch
Röntgen-Mikrotomografie:
Dr. Marco Stampanoni, Labor für Synchrotronstrahlung, PSI; Telefon +41 (0)56 310 47 24; marco.stampanoni@psi.ch
Neutronenradiografie:
Dr. Eberhard Lehmann, Gruppe für Neutronenradiografie, PSI; Telefon +41 (0)56 310 29 63; eberhard.lehmann@psi.ch
Der Text dieser Medienmitteilung sowie Bilder dazu lassen sich vom Internet herunterladen:
http://www.psi.ch/medien/medien_news.shtml
http://www.psi.ch/medien/medien_news.shtml - Medienmitteilung und Bilder
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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