Tagung des SFB 482 zu "Naturforschung und menschliche Geschichte" am 17./18. Mai an der Universität Jena
Jena (15.05.06) Welche Zusammenhänge gibt es zwischen Natur und Kultur? Welche Stellung hat der Mensch in der Natur und im Weltall? Welchen Einfluss haben Geografie und Kulturkreis auf die Entwicklung des Menschen? Mit derartigen Fragen setzte sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts die damals gerade entstehende Geschichtsphilosophie auseinander. Was diese wiederum der Naturforschung jener Zeit verdankt, beschäftigt Wissenschaftler auf der Tagung "Naturforschung und menschliche Geschichte" am 17. und 18. Mai an der Universität Jena. Zu dem vom Sonderforschungsbereich (SFB) 482 "Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800" veranstalteten Symposium werden rund 60 Experten aus Deutschland, Italien, der Schweiz und den USA erwartet.
"Uns interessiert insbesondere, ob und in welcher Weise die damalige Geschichtsphilosophie auf Erkenntnisse der Naturforschung zurückgriff", bringt Dr. Thomas Bach vom Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität das Anliegen der Konferenz auf den Punkt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts seien zahlreiche wichtige Entdeckungen gemacht worden und "uns interessiert, wie diese selbst, aber auch Methoden und Modelle, die dabei angewandt wurden, die Geschichtsphilosophie beeinflussten". Besonders berücksichtigt würden dabei jene philosophischen Strömungen und Persönlichkeiten, die um 1800 in der Doppelstadt Weimar-Jena eine herausragende Rolle spielten. Als Beispiel nennt er die Dichter Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller sowie die Philosophen Immanuel Kant und Johann Gottfried Herder.
Um Herder dreht sich ein Schwerpunkt der Tagung. Der Dichter und Philosoph habe in seinen 1784 veröffentlichten "Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" erstmals versucht, die Menschheitsgeschichte als Fortsetzung der Naturgeschichte zu beschreiben, betont Dr. Bach. Das sei bei nicht wenigen seiner Zeitgenossen auf Kritik gestoßen, auch bei Kant, "an dem sich damals in Jena alle orientierten". Während Kant den Menschen aus sich heraus erklärte, habe Herder die äußeren Umstände seiner Herkunft - etwa geografischer Lage und Kulturkreis - große Bedeutung beigemessen.
Die Idee einer solchen Kulturgeografie habe es schon in der Antike gegeben, aber erst Herder habe sie so prononciert formuliert, macht der Wissenschaftler von der Universität Jena deutlich. "Bei Herder laufen viele Fäden zusammen und von ihm geht auch vieles aus." Ausgehend vom "Fokus Herder" wollen die Teilnehmer der Tagung ihren Blick über die Philosophie hinaus aber auch auf andere Bereiche richten, etwa auf die Rechtswissenschaft, die Medizin und die Literatur. Jeder der zwölf geplanten Vorträge sei "eine interessante Insel, über die wir etwas erfahren wollen". Neue Aspekte im Hinblick auf die theoretischen Fragen des Zusammenhangs zwischen Naturwissenschaft und Geschichtsphilosophie erhofft sich der Jenaer Wissenschaftler von John Zammito (Houston/Texas) und dem Herder-Experten Wolfgang Proß, der sich mit der europäischen Rezeption von Herders "Ideen" zwischen 1800 und 1870 auseinandersetzt.
Kontakt:
Dr. Thomas Bach
Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik - Ernst-Haeckel-Haus
Berggasse 7, 07745 Jena
E-Mail: thomas.bach[at]uni-jena.de
Mario Marino
Sonderforschungsbereich 482 "Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800"
Humboldtstraße 34, 07745 Jena
E-Mail: mario.marino[at]uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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