Neue Blicke auf ein großes historisches Thema wagten vergangene Woche die Teilnehmer eines internationalen Symposiums in Speyer - 900 Jahre nach dem Tod Kaiser Heinrichs IV. trafen sich renommierte Wissenschaftler der Mediävistik am Ort der Grablege des Herrschers, um über "Salisches Kaisertum und neues Europa in der Zeit Heinrich IV. und Heinrich V." zu diskutieren
Mit über 250 Teilnehmern stieß die von der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer und vom Institut für fränkisch-pfälzische Geschichte und Landeskunde der Universität Heidelberg ausgerichtete und von den beiden Heidelberger Professoren Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter geleitete öffentliche Tagung auf immens großes Interesse.
Von den Anwesenden wurde der so genannte Investiturstreit und der das 11. Jahrhundert prägende Konflikt zwischen Kaiser und Papsttum unter modernen Fragestellungen betrachtet. "Die nackten Füße Heinrichs IV. 1077 im Schnee von Canossa bleiben ein Dauerthema. Aber die Antworten zielen nicht mehr geradlinig auf die freche Anmaßung der Päpste oder die Demütigung eines Deutschen", betonte Bernd Schneidmüller in seiner Einführung und wies damit einer Betrachtung in europäischen Bezügen den Weg. Vor dem Hintergrund des veränderten Europas werden heute keine nationalen Begrenzungen mehr diskutiert, sondern internationale Verflechtungen.
Themen der Tagung waren unter anderem die Möglichkeiten und Modelle der Konfliktregelung zwischen den universalen Gewalten, die Argumentationsstrategien des Papsttums und deren Auswirkungen auf die Rolle des Königs sowie der Niederschlag, den der Konflikt in den Rechtssammlungen der Zeit fand. Besonderes Augenmerk galt den politischen Entwicklungen in den Herrschaftsgebieten, die im Norden, Osten, Westen und Süden an das Reich angrenzten sowie der Frage der Wahrnehmung der islamischen Welt in den Chroniken der späten Salierzeit.
Die räumlichen Konzepte europäischer Monarchien wurden ebenso erörtert wie die materiellen Grundlagen der Königsherrschaft sowie die Mobilität dieser Zeit, die durch neu entstandene personelle Verbindungen die Grenzen weltlicher Herrschaftsräume deutlich überschritt. In zweifacher Hinsicht rückte der Speyerer Kaiserdom mit seiner salischen Grablege in das Blickfeld der Tagungsteilnehmer. Ein Vortrag verdeutlichte den wesentlichen Anteil Heinrichs IV. an der monumentalen Ausgestaltung des Speyrer Doms. An historischer Stätte, vor Ort im Dom, hielt der Präsident der Monumenta Germaniae Historica, Rudolf Schieffer, einen vielbeachteten Abendvortrag im Rahmen der Reihe "Europäische Reden - Reden über Europa". Er beschrieb den Aufstieg des Papsttums zur ranghöchsten Instanz im Abendland. Zugespitzt formuliert sei der wahre Kaiser der Papst gewesen, lautete Schieffers Fazit, das er einer mittelalterlichen Quelle entlehnte.
Im Rahmen der Tagung wurde auch die Ausstellung "Heinrich IV. Kaiser, Kämpfer, Gebannter - Herrschergestalt zwischen Kaiserkrone und Büßergewand" im Historischen Museum der Pfalz eröffnet, die mit dem Versuch einer Kopfrekonstruktion Heinrichs IV. für Diskussionsstoff sorgte. Wie groß die Aktualität des Tagungsthemas ist, beweisen auch Ausstellungsvorhaben außerhalb Speyers. Während sich Paderborn ab Juli dem Thema "Canossa" zuwendet, widmet sich Magdeburg ab August dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Mittelalter und damit unter anderem auch der Salierzeit.
Rückfragen bitte an:
Elisabeth Handle M.A.
Historisches Seminar
Zentrum für Europäische Geschichts-
und Kulturwissenschaften (ZEGK)
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Tel. 06221 543741, Fax 542267
Elisabeth.Handle@urz.uni-heidelberg.de
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
http://www.uni-heidelberg.de/presse
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).