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16.05.2006 16:36

Zündstoff aus der Kaiserstadt: Aachener Kolloquium für Lasertechnik

Dipl.-Phys. Axel Bauer Marketing & Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT

    Es funkte drei Mai-Tage lang in der ehemaligen Kaiserstadt: Das Aachener Kolloquium für Lasertechnik 2006 - kurz AKL06 - lieferte vom 03.05. bis 05.05.2006 den 410 Teilnehmern aus Industrie und Wissenschaft neue zündende Ideen: Das Themenspektrum der 53 Fachvorträge reichte vom Laserstrahlschweißen über Rapid Manufacturing bis hin zur Mikrotechnik. (siehe Programm http://www.ilt.fraunhofer.de/akl06)

    Prof. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW in Aachen. eröffnete die Konferenz mit dem Vertrauen auf "gebündelte Lichtstrahlen, die über den üblichen Tellerrand hinaus strahlen." Es handelt sich im wahrsten Sinne um eine Branche mit Strahlkraft: Im Jahr 2005 wuchs der Lasersystemmarkt weltweit um über 12 Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter stieg in Deutschland um drei Prozent. Der Minister lobte, dass der Veranstalter, das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT aus Aachen, die Bedeutung dieser Hidden Champion Branche erstmals mit einem Einsteigerseminar auch Nicht-Insidern vermittelte.

    Um lasertechnische Trends ging es im Einstiegsvortrag von Prof. Dr. Reinhart Poprawe M.A.. Im Kommen befinden sich aus Institutssicht Remote-Schweißen, hoch präzises Schneiden und Schweißen mit Slab- und Faserlasern, selektives Laserschmelzen, Simultanschweißen, Laser-Abtragen sowie prozessintegrierte Naht- und Geschwindigkeitskontrolle. Die Zahl der Anwendungen wächst durch den Einsatz von Lasern mit höherer Strahlqualität (erstmals unter 1,0 mm o mrad), enorm gestiegenen Leistungen (bis zu 36 KW) und schnelleren Taktraten (bis in den Tera-Hertz-Bereich). "Laser werden zunehmend nicht mehr als Stand-alone-Lösung, sondern als integrativer Bestandteil eines Fertigungssystems beurteilt" betonte Prof. Poprawe. Beispielsweise wurde am Fraunhofer ILT ein Optikkopf entwickelt, mit dem wechselseitig robotergestützt geschnitten und geschweißt werden kann. Der übliche Werkzeugwechsel entfällt. Die Produktivität wird gesteigert.

    Aktuelle Entwicklungen beleuchteten vier Firmen aus Herstellersicht: Oft spielt die Peripherie eine ebenso große Rolle wie die eigentliche Strahlquelle. Lebrecht von Trotha, Vertriebsleiter der Rofin Sinar Laser GmbH aus Hamburg wies dabei auf einen CO2-Slab-Laser hin, der mit einem Tempo von 20 Meter pro Minute schneidet: "Bei dünnen Materialien mit komplexen Konturen benötigen wir besonders hohe Dynamik und Geschwindigkeit. Dazu müssen wir dann auch die entsprechende Maschinentechnologie - sprich Lineartechnik - einsetzen."

    Die Rolle des gesamten Systems betonte auch Dipl.-Ing. Peter Leibinger, Geschäftsführender Gesellschafter der Trumpf GmbH & Co. KG und Vorsitzender des Geschäftsbereichs Lasertechnik und Elektronik, Ditzingen: "Es geht nicht allein um die Art des Lasers. Für den industriellen Einsatz sind weitere Aspekte wie Zuverlässigkeit, Flexibilität und Wartungsfreundlichkeit von entscheidender Bedeutung." In dieses Konzept passe auch der neue Acht-Kilowatt-Scheibenlaser hinein, der sich Scheibe um Scheibe um jeweils vier Kilowatt erweitern lässt. Trotzdem drohe dem CO2-Laser insbesondere beim Blechschneiden nicht das Aus, denn mit Blick auf Kosten und Qualität seien sie immer noch unschlagbar. Leibinger: "Jedes Laserkonzept weist Vor- und Nachteile auf. Daher wird jedes Konzept auch seinen Platz in der Laserwelt erobern." Alles in allem hält er eine reine Diskussion über die Strahlquelle nicht für sinnvoll, denn nur ein "stimmiges Gesamtpaket bringt Kundennutzen".

    Auf Präzisionsanwendungen setzt Dr. Dietmar Wagner, Geschäftsführer der LASAG AG aus Thun in der Schweiz, Spezialist von gepulsten Nd:YAG-Lasern. Ihr Einsatz lohne sich in erster Linie beim Bearbeiten von hochpräzisen Bauteilen. Als reinrassiger Strahlquellen-Produzent setzen die Schweizer auf die enge Zusammenarbeit mit branchenspezifischen Maschinenbauern. Optimale Lösungen entstehen dabei, wenn LASAG in einer frühen Phase der Entwicklung ins Boot kommt, um dann für lasergerechte Konstruktionen zu sorgen.

    Auf die Strahlquelle fokussierte sich Dr. Jörg Thieme, Vertriebs- und Marketingleiter der IPG Laser GmbH aus Burbach. Das Unternehmen hat den Faserlaser (zum Beispiel den Ytterbium-Fiber-Laser) nach eigenen Angaben weltweit "salonfähig" gemacht. Zu den ersten namhaften Anwendern in Deutschland zählt ThyssenKrupp Stahl. Für Faserlaser spricht laut Dr. Thieme, dass sie mobil, kompakt, gegen thermische und mechanische Einflüsse stabil sind. Hinzu komme die fast völlig Wartungsfreiheit, weil es keine Lampen oder Dioden gäbe, die ausgetauscht werden müssen. Außerdem benötigen sie eine geringe Aufstellfläche. Das Unternehmen hat 400 verschiedene Faserlaser im Angebot - mit einer Leistung von zehn bis 36 Kilowatt.

    Mit einer gewichtsoptimierten Leichtbaukarosserie in Stahl beschäftigen sich tagtäglich Ingenieure wie Thorge Hammer, Laserspezialist aus der Fügetechnik der Volkswagen AG in Wolfsburg. Beim neuen VW Passat sind neun große Strukturteile aus formgehärtetem Stahl in die Karosseriestruktur integriert. Hammer: "In Zonen mit höchster Belastung der Karosseriestruktur wird zum Fügen der Bauteile neben anderen Verfahren auch das Laserscannerschweißen eingesetzt." Für das Verfahren spricht die erhebliche Produktivitätssteigerung. Vision des VW-Experten: "Drei bis fünf Laserschweißverbindungen pro Sekunde werden in naher Zukunft eher Normalität als Fiktion sein."

    Zu den langjährigen Wegbegleitern und Förderern des AKL zählt Dr.-Ing. Hans-Josef Haepp von der DaimlerChrysler AG in Sindelfingen. Der ehemalige Leiter der Produktions- und Werkstofftechnik setzt langfristig auf Online-Prozesskontrolle, die wegen der immer schneller arbeitenden Laser hohe Anforderungen an die Elektronik stellt. Weil bei der Laserschweißtechnik kein direkter Kontakt zur Schweißstelle beziehungsweise nur über die energiereiche Strahlung , lassen sich zur Beurteilung der Schweißqualität die rückgestreuten Emissionen des Plasmas im Keyhole oder die Wärmestrahlung der Schweißnaht auswerten. Haepp sieht bei den aktuellen Analyseverfahren und -systemen Chancen und Handlungsbedarf hinsichtlich Kostenreduktion und einfacher Integration in Laserschweißköpfe. Langfristig setzt der Produktionsexperte auf geschlossene Regelkreise. Dazu wünscht er sich allerdings keine Vielzahl von Überwachungssystemen, die dann zusammen drei- bis vier Mal größer als die eigentliche Laseroptik ausfallen. Haepp: "Die besondere Herausforderung ist das integrierte, standardisierte Prozessregelungssystem, das sich universell einsetzen lässt."

    Eine echte Online-Regelung setzt übrigens ThyssenKrupp Stahl bei seinem neuen Faserlaser in der Fügetechnik-Fabrik in Wolfsburg ein. Dipl.-Ing. Wischmann vom Geschäfts-bereich Auto bei der ThyssenKrupp Stahl AG in Duisburg hat sich mit den neuen Lasersystemen bereits in der Praxis befasst. Der Leiter des Bereichs Strahl- und Sensortechnik, in Aachen ausgezeichnet mit dem Innovationspreis Lasertechnik 2006 (siehe hierzu http://www.akl-ev.de), bezeichnet als Achillesferse des Lasereinsatzes die Zuverlässigkeit und die Betriebskosten. Im Jahr 2003 startete das Unternehmen einen Dauertest mit eine Faserlaser. Die neue Version kam wegen des hohen Wirkungsgrades (27 Prozent) im Vergleich zu einem konventionellen, lampengepumpten Nd:YAG-Stablaser (drei Prozent) so gut an, dass die Thyssen Fügetechnik Nord GmbH in Wolfsburg nun ein Schweißportal aufbaut. Fairerweise hier aber auch ein Kommentar aus dem Publikum: Ein Experte von Trumpf wies darauf hin, dass sie mit ihrem neuen Acht-Kilowatt-Scheibenlaser bei einem Wirkungsgrad von 25 Prozent in jeder Hinsicht mit dem Faserlaser mithalten können. Insgesamt bleibt festzuhalten: Qualität hat nun mal seinen Preis. Letztlich entscheidet die Anforderung aus der Anwendung über die richtige Strahlquelle.

    Aus dem Bereich Lasermakrobearbeitung stammt ein neues Verfahren und eine neue Anlage, mit der sich Bauteile zweistufig per Laser polieren lassen. Wesentlichen Anteil an diesem Verfahren hat Dr.-Ing Edgar Willenborg ,Wissenschaftler am Fraunhofer ILT, der für seine Forschungsarbeit dieses Jahr den Wissenschaftspreis des Landes Nordrhein Westfalen erhält. Die Weiterentwicklung geschieht im Rahmen eines BMBF-Förderprojektes. Interessant: Die Projektpartner ersetzten in einer Hermle-Werkzeugmaschine die Frässpindel durch einen Laser, der fünfachsig genau so exakt wie ein Fräswerkzeug bewegt wird. Außerdem lässt sich der Laserstrahl nach oben, unten sowie links und rechts frei fokussieren. Ein Plus: Diese 3D-Scanner-Funktion und die Steuerung des Lasers ließen sich in die Maschinensteuerung Sinumerik 840D integrieren. Kommentar von Dipl.-Ing. Axel van Spankeren von der beteiligten K.H. Arnold GmbH & Co. KG, Ravensburg: "Durch den Einsatz einer umgebauten Standardwerkzeug-maschine lässt sich die Hemmschwelle der Industriekunden beim Einsatz des Laserstrahlpolierens senken." Hier ist bereits die Perspektive der integrativen Produktionstechnik sichtbar, die erhöhte Flexibilität sowohl bei der Variantenvielfalt als auch bei der Kombination verschiedener Bearbeitungsverfahren in einer Anlage zeigt.

    Anwendungen der Mikrowelt sind nicht minder spannend: Über einen interessanten Einsatz des Lasers in der Solarzellenproduktion berichtete der Entwicklungsexperte Dipl.-Ing. Thorsten Grahl von der Schott Solar GmbH aus Alzenau. Laser werden dort zur Kantenisolation, zum Bohren und zum Schneiden eingesetzt. Dabei faszinieren die Größenordnungen: So entstehen durch Laserabtragen entlang der Waferkante winzige 40 bis 100 Mikrometer breite Gräben mit einer Tiefe von wenigen Mikrometern, die für eine hochohmige Trennung der Vorder- und Rückseitenkontakte der Solarzelle sorgen. Dazu Grahl: "Auf diese Weise wird die Ausbildung eines Verluststrompfades unterbunden."

    Wie sich mit dem 'Selective Laser Melting' (SLM) sehr kleine Mikrobauteile schichtweise durch selektives Schmelzen eines pulverförmigen Werkstoffs mit Laser herstellen lassen, erklärte Dr.-Ing. Wilhelm Meiners aus der Abteilung Mikrotechnik am Fraunhofer ILT. Dank neuer Lasertechnik sank die bisher minimale Größe der Bauteile aus Edelstahl 1.4404 und Titan von 500 auf unter 100 Mikrometer.

    Die Abteilung Mikrotechnik leitet Dr.-Ing. Arnold Gillner, der das vom BMBF unterstützte Projekt KOMBILAS (Kombinationsverfahren zur Herstellung keramischer und schwer zerspanbarer Mikrokomponenten durch Laserabtrag) vorstellte. Dr.-Ing. Gillner zur Keramikbearbeitung: "Besondere Vorteile ergaben sich durch die Zusammenführung abtragender Verfahren wie Laser oder Erosion mit einer nachfolgenden Ultraschallbehandlung." Eine besonders interessante Entwicklung für Firmen mit wenig Platz in der Produktion und geringem Budget entstand zusammen mit dem Werkzeugmaschinenhersteller Index: Rotationssymmetrische Mikrobauteile mit komplexen Geometrien entstehen auf einem Dreh-Fräszentrum mit integriertem Lasersystem. Vor allem das Zusammenspiel des Diodenlasers mit der Dreh- und Fräsbearbeitung erweitert das Einsatzspektrum konventioneller Zerspanung. So heizt der Laser schwer zerspanbares keramisches Material vor und sorgt so bereits für eine Konditionierung.

    Die Vielfalt der Themen zeigt, dass nur die ganzheitliche Sicht der Dinge dem Anwender und dem Hersteller von Lasertechnik nützt. Das geht wegen der Komplexität der Themen aber nicht mehr im Alleingang. Prof. Poprawe warb daher in seinem Abschlussvortrag auch für die neue Europäische Plattform Photonics21 (Informationen unter anderem bei: http://web13.vdi.net-build.de oder http://www.optecnet.de), in der 380 Mitglieder aus 27 Ländern mitwirken. Für die Institution spricht: Etwa die Hälfte der Mitglieder stammen aus der Industrie, wobei die kleinen und mittleren Unternehmen mit 75 Prozent dominieren.

    Alles in allem: Das Thema Lasertechnik lockt - wie ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt - zunehmend nicht nur die altgedienten Laseranwender an.

    Autor: Nikolaus Fecht, Fachjournalist, Gelsenkirchen


    Weitere Informationen:

    http://www.ilt.fraunhofer.de/akl06


    Bilder

    Grussworte von Prof. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW , auf dem  AKL06 am 04.05.06 im Eurogress Aachen
    Grussworte von Prof. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technolo ...
    Quelle: Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, Aachen
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    Vortrag von Prof. Dr. Reinhart Poprawe M.A.,  Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT,  auf dem AKL06 am 04.05.06 im Eurogress Aachen
    Vortrag von Prof. Dr. Reinhart Poprawe M.A., Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT, ...
    Quelle: Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT, Aachen
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Mathematik, Physik / Astronomie, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Grussworte von Prof. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW , auf dem AKL06 am 04.05.06 im Eurogress Aachen


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    Vortrag von Prof. Dr. Reinhart Poprawe M.A., Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT, auf dem AKL06 am 04.05.06 im Eurogress Aachen


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