idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
23.11.1999 15:25

Tiburtius-Preis für Dissertationen über Schienen und Telebus

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    ACHTUNG SPERRFRIST 24. NOVEMBER 1999, 15.00 Uhr

    Wie Muster auf Schienen kommen und wie die Mathematik dem Telebus hilft
    Dissertationen der TU-Absolventen Dr.-Ing. Steffen Müller und Dr.-Ing. Ralf
    Borndörfer werden mit dem Joachim-Tiburtius-Preis ausgezeichnet

    Zwei Absolventen der Technischen Universität Berlin können sich ganz besonders auf die diesjährige Verleihung des Joachim-Tiburtius-Preises am Mittwoch, dem 24. November 1999, um 15.00 Uhr an der Humboldt-Universität zu Berlin freuen. Dr.-Ing. Steffen Müller wird für seine Dissertation über bestimmte Verschleißerscheinungen bei Eisenbahnschienen mit dem 3. Preis ausgezeichnet. Einen Anerkennungspreis erhält Dr. rer. nat. Ralf Borndörfer. Er hat in seiner Doktorarbeit ein mathematisches Rechenverfahren entwickelt, mit dem der Telebus-Fahrdienst verbessert werden konnte.
    Der Joachim-Tiburtius-Preis für hervorragende Diplomarbeiten und Dissertationen, die an Berliner Hochschulen entstanden, wird zum fünfzehnten Mal von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur vergeben. Die Auszeichnung ist nach dem früheren Senator für Volksbildung, Prof. Dr. Joachim Tiburtius, benannt.

    Wie kommen die Muster auf die Schiene?

    Verschleißerscheinungen auf den Oberflächen von Eisenbahnschienen sind ein altbekanntes Problem. Anwohner von Bahnstrecken kennen dieses dröhnende Geräusch, wenn ein Zug auf einem abgenutzten Gleisstück vorbeifährt. Es entsteht, in dem Schiene und Fahrzeug aufgrund der winzig kleinen Unebenheiten auf der Oberfläche zum Schwingen angeregt werden. Die Lärmbelästigung ist nicht das einzige Übel, es droht darüber hinaus die Beschädigung des Gleisbetts.
    Die Entstehung dieser Verschleißmuster ist immer noch nicht vollständig geklärt. Zum Beispiel hat noch niemand herausgefunden, warum die Verschleißerscheinungen stets in einem Abstand von zwei bis zehn Zentimetern auftreten. Und dies, obwohl Betriebsbedingungen auf der Strecke, die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit der Züge auf der betroffenen Strecke oder die Gleistypen unterschiedlich sein können. Daher gibt es auch keine Methode, um die Verschleißerscheinungen zu vermeiden. Das Abschleifen der Schiene sorgt nur für eine kurzfristige Linderung und ist obendrein noch teuer.
    In seiner Dissertationsschrift "Linearized Wheel-Rail Dynamics" hat Steffen Müller mit Hilfe eines selbst entwickelten Simulationsprogramms untersucht, wie solche regelmäßig auftretenden Verschleißerscheinungen entstehen. Dabei hat er analysiert, was genau zwischen Rad und Schiene passiert, wenn ein Radsatz über ein Gleis rollt. Den Verschleißprozess hat er mathematisch beschrieben und in ein Modell zusammengefasst. Unter anderem kam Steffen Müller zu dem Ergebnis, dass bereits vorher vorhandene kleine Unregelmäßigkeiten auf der Schienenoberfläche verstärkt werden können, wenn die Abstände dieser Störungen zwischen zwei und zehn Zentimetern liegt. Eine andere Ursache für erhöhte Verschleißerscheinungen sind unterschiedlich abgefahrene Profile von linkem und rechtem Rad eines Radsatzes bzw. fehlerhaft eingebaute Radsätze. Generelle Empfehlungen auf Basis seiner Erkenntnisse zu geben, sei, so Steffen Müller, schwer. Aus seiner Sicht könnten zum Beispiel harte Schienenstähle und schwingungsarme Gleisstrukturen helfen, Schäden an Schienenoberflächen zu vermeiden.
    Steffen Müller wurde 1967 in Schwäbisch Gmünd geboren. Von 1986 bis 1993 studierte er Luft- und Raumfahrt an der TU Berlin. Anschließend arbeitete er fünf Jahre lang als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin. Seit Mai 1998 ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im ABB Forschungszentrum, Abteilung "Modellierung und numerische Simulation" tätig. Die Arbeit von Steffen Müller, die er im vergangenen Jahr abschloss, wurde von Professor Dr.-Ing. Klaus Knothe vom Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin betreut.

    Wie kann die Mathematik dem Telebus helfen?

    Dr. Ralf Borndörfer beschäftigte sich in seiner Dissertation "Aspects of Set Packing, Partitioning, and Covering" mit der Frage, wie der Berliner Behindertenfahrdienst "Telebus" seine Kosten senken und gleichzeitig sein Angebot verbessern kann. Der Fahrdienst, der gut 30 Millionen DM pro Jahr kostet, bewältigt mit seinen rund 100 Kleinbussen täglich etwa 2.000 Fahrten. Telebus zählt damit zu den weltweit größten "bedarfsorientierten Verkehrssystemen". Entscheidend für einen guten Service - das bedeutet Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Schnelligkeit - sowie kostengünstiges Arbeiten ist die Planung des Fahrzeugeinsatzes.
    Ralf Borndörfer entwickelte mit mathematischen Methoden der kombinatorischen Optimierung ein effizientes Lösungsverfahren, das das Telebussystem in der Praxis deutlich verbesserte: Die Benutzer müssen nicht mehr drei Tage vorher den Telebus bestellen, sondern nur noch einen Tag vorher, und die Zahl der Fahrten stieg seit Einführung des Systems um 30 Prozent, ohne dass zusätzliche Kosten anfielen.
    Dazu hatte sich der Wirtschaftsmathematiker zunächst der mathematischen Theorie gewidmet und eine neue Methode zur Bestimmung von Ungleichungen entwickelt. Das von ihm konzipierte Rechenverfahren lehnt sich an Methoden an, die sich derzeit in der sogenannten "Operativen Verkehrsplanung" bei der Planung von Fahrzeugen und Personal durchsetzen. Laut Ralf Borndörfer sind seine Ergebnisse auf andere bedarfsorientierte Transportsysteme, wie zum Beispiel Anrufsammeltaxis, übertragbar.
    Der 1967 in Münster geborene Ralf Borndörfer studierte von 1987 bis 1991 Wirtschaftsmathematik an der Universität Augsburg. Seine Diplomarbeit betreute Professor Dr. Martin Grötschel vom Fachbereich Mathematik der TU Berlin. Danach war er fünf Jahre lang als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin bei Professor Grötschel tätig. Seit April 1997 ist Ralf Borndörfer als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Konrad-Zuse-Zentrum Berlin tätig. Im März 1998 promovierte er an der TU Berlin bei Professor Grötschel.

    Weitere Informationen erteilen Ihnen gerne über die Arbeit von Dr.-Ing. Steffen Müller: Professor Dr.-Ing. Klaus Knothe, Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin, Tel: (030) 314-22345, Fax: (030) 314-22866 E-Mail: knothe@ice.fb12.TU-Berlin.de; über die Arbeit von Dr. Ralf Borndörfer: Professor Dr. Martin Grötschel, Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB), Tel.: 030/84185-210 bzw -208, Fax: 030/84185-269, E-Mail: groetschel@zib.de


    Weitere Informationen:

    http://www.tu-berlin.de/presse/pi/1999/pi229.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).