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24.11.1999 16:23

Zelltod in der Netzhaut

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Durch den programmierten Zelltod, auch Apoptose genannt, werden Zellen aus dem Organismus entfernt, deren Lebenszeit abgelaufen ist. Erst kürzlich wurde entdeckt, dass die Apoptose in der Netzhaut auch bei Augenerkrankungen eine Rolle spielt. Auf diesem Gebiet arbeiten Wissenschaftler der Universitäten Würzburg und Zürich an einem gemeinsamen Projekt.

    In den Industrienationen ist die altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) eine der häufigsten Ursachen für eine schwere Sehbehinderung bei älteren Menschen: An ihr leiden etwa 20 Prozent der 65- bis 75-jährigen. Dagegen treten erbliche Netzhaut-Dystrophien, die sogar zur Erblindung führen können, überwiegend bei jüngeren Menschen auf. Rund vier Prozent aller registrierten Blinden sind davon betroffen, die Erkrankungsfälle durch Retinitis pigmentosa eingeschlossen. Die Entstehungswege dieser Krankheiten seien erst bruchstückhaft bekannt und auch die Therapie stecke noch in den Anfängen, so Prof. Dr. Charlotte Remé von der Universität Zürich.

    Wie neuere Forschungen ergeben haben, gehen die Zellen der Netzhaut bei den genannten Erkrankungen teilweise oder sogar ausschließlich durch Apoptose zugrunde. Diese Art des Zelltodes betrifft immer nur einzelne Zellen eines Gewebes und wird meistens durch Gene reguliert. Die zellbiologischen Abläufe und Regulationsmechanismen bei der Apoptose in der Netzhaut sind kaum bekannt. Sie könnten nach Einschätzung der Wissenschaftler aber den Schlüssel zur Vorbeugung und Therapie der Erkrankungen bergen.

    Im Labor für Zellbiologie der Netzhaut der Züricher Universitätsaugenklinik entdeckten die Forscher, dass sich die Apoptose in der Netzhaut auch durch Licht auslösen lässt. Daraus haben sie ein Modellsystem entwickelt, mit dem sie die Degeneration der Lichtempfänger und Pigmentzellen sowie die Genregulation und Botenstoffe an der Netzhaut untersuchen können: Labornagetiere werden kurzzeitig einem diffusen weißen Fluoreszenzlicht ausgesetzt, das aus dem gesamten Spektrum des sichtbaren Lichts besteht. Die ultravioletten und infraroten Anteile werden herausgefiltert. Mit diesem System lasse sich, so Prof. Remé, das Ausmaß des Netzhautschadens gut dosieren, weil dieser eine Dosis-Wirkungskurve folgt. Ein großer Vorteil bestehe auch darin, dass die Apoptose in den Lichtempfängern und Pigmentzellen synchronisiert ausgelöst werden kann. So können zeitlicher Verlauf, Genaktivität und beteiligte Botenstoffe genau gemessen werden.

    Zu den Botenstoffen gehören die Interferone, die für den Bereich der Netzhaut aber noch nicht eingehend untersucht sind. Die Würzburger Projektpartner erforschen seit vielen Jahren verschiedene Aspekte des Interferon-Systems. So können Interferone in Geweben, die nicht zum Auge gehören, den Zelltod durch Apoptose in Gang setzen. Sie können auch ein Gen aktivieren, das - wie laufende Arbeiten im Züricher Labor gezeigt haben - in der Netzhaut an der Regulation der durch Licht verursachten Apoptose wesentlich beteiligt ist. Außerdem werden in der Netzhaut und ihren Pigmentzellen zahlreiche, Zytokine genannte Botenstoffe einschließlich der Interferone gebildet.

    Bemerkenswert ist es in diesem Zusammenhang, dass in Geweben außerhalb des Auges Zytokine bzw. deren Gene durch ultraviolettes Licht oder durch Röntgenstrahlen aktiviert werden. Ähnliche Vorgänge seien auch für die Netzhaut denkbar. So wurde im Züricher Labor gezeigt, dass durch das Einwirken von Licht in der Netzhaut wichtige Botenstoffe freigesetzt werden, die dann über verschiedene Signalwege die Bildung von Zytokinen auslösen.

    An dem interdisziplinären Projekt, das von der Ernst und Berta Grimmke-Stiftung (Düsseldorf) gefördert wird, sind beteiligt: Prof. Dr. Christoph Jungwirth und Kerstin Schieferdecker von der Universität Würzburg sowie Prof. Remé und Dr. Christian Grimm von der Universität Zürich.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Christoph Jungwirth, T (0931) 201-3955, Fax (0931) 201-2243, E-Mail:
    viro005@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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