Essener Ingenieure der Lebensmittelverfahrenstechnik haben ein Verfahren entwickelt, den nachwachsenden Rohstoff Raps zu vielfältigen Produkten zu verarbeiten. Dabei erzeugen Sie die Energie, die dafür notwendig ist, während der verschiedenen Ver- und Bearbeitungsprozesse selbst. Rückstände gibt es nicht - stattdessen aber auch - fast nebenbei - ein hochwertiges, wohlschmeckendes Speiseöl
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24. November 1999
In der deutschen Hochschullandschaft ist das Fach Lebensmittel-Verfahrens-technik an der Universität Essen ein Unikat. Zwar gibt es Lehrstühle mit derselben Bezeichnung, an keinem aber befassen sich die Wissenschaftler mit der Verarbeitung von Ölsaaten. Die Essener Arbeitsgruppe um Professor Dr.-Ing. Felix H. Schneider hingegen hat sich darauf spezialisiert. So kam sie nicht von ungefähr in die Gastgeberrolle für das Symposium "Neue Techniken der Ölsaatenverarbeitung" der Fachgruppe Verfahrens- und Umwelttechnik in der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft. Am Dienstag und Mittwoch, 23. und 24. November, fand es in der Universität statt.
Rund 80 Wissenschaftler und Praktiker aus allen Raps anbauenden Ländern Europas waren dabei. Der erste Programmpunkt führte sie in Schneiders Labor, wo sie Einblick in ein vom Bundesminister für Forschung und Technologie seit 1993 mit bislang 1,7 Millionen Mark gefördertes Drittmittelprojekt zur Aufbereitung und Pressung von Ölsaaten erhalten. Es geht um Raps und die erstaunliche Verwendung dieses nachwachsenden Rohstoffes.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung ist nicht zu unterschätzen - eine Million Hektar Ackerland werden in Deutschland mit Raps bebaut -, die ökologische müsste jeden Umweltschützer in Begeisterung versetzen. Raps lässt sich, erfährt man bei Schneider, ohne Rückstände für vielfältige Zwecke verarbeiten, und die dafür not-wendige Energie wird sozusagen nebenbei erzeugt - mehr als für die Saatverarbei-tung erforderlich, so dass der Überschuss ins Fernwärmenetz eingespeist werden kann.
Ausgangspunkt der Arbeiten im Labor der Lebensmittel-Verfahrenstechniker war zunächst die Entwicklung eines Verfahrens zur Schälung von Rapssaat. Aktuell ist nun der Nachweis gelungen, dass auch geschälter Raps auf Schneckenmaschinen pressbar ist. Ergebnisse sind ein Speiseöl mit einem hohen Anteil ungesättigter Fett-säuren, danach ein Öl minderer Qualität, das zu Bio-Diesel oder Schmierstoff verar-beitet werden kann, und schließlich ein proteinhaltiges Viehfutter. Abfälle entstehen nicht.
Auch aus den Rapshüllen wird Öl gepresst, das ebenfalls Verwendung findet: als Treibstoff in einem Blockheizkraftwerk. Bei der schadstofffreien Verbrennung der Reststoffe wird mehr Wärme erzeugt, als für den gesamten Ver- und Bearbeitungs-prozess notwendig ist. Aber natürlich sind neben der Energie auch Menschen und Maschinen notwendig, und an den Maschinen ist unter Schneiders Federführung Entscheidendes entwickelt worden. So werden zur Ölgewinnung aus der Rapssaat Schneckenpressen eingesetzt, die eine wirklich "kalte" Pressung ermöglichen. Schneider und die mit ihm im Projekt tätigen Ingenieure Peer Binz, Michael Raß und Christian Schein geraten fast in Verzückung, wenn sie das Ergebnis der ersten Pressung verkosten. Ein klares, goldfarbenes Öl mit fein-nussigem Geschmack, das dem Olivenöl qualitativ überlegen ist und das auf keinen Fall, weil viel zu kostbar, in die Pfanne gehört, sondern an den Salat - "Probieren Sie's mal mit Chicorée", sagt Schneider -, ein Öl, das sich zum Beträufeln des Frühstücksbrotes für diejeni-gen eignet, die bei einem zu hohen Cholesterinspiegel Butter nicht essen sollen und Margarine nicht essen mögen.
Den Geschmack des Rapsöl aus der ersten Pressung im Labor der Essener Ingeni-eure sollen auch die Teilnehmer am Symposium der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft kennen lernen. Vielleicht geraten auch sie in Verzückung, ins Stau-nen aber bestimmt - wenn sie nämlich erfahren, dass auch das letzte Produkt der Raps-Verarbeitung statt auf der Abfallhalde auf dem Acker landet. Die nach dem Verbrennen der ausgepressten Rapshüllen zurückbleibende Asche ist ein nützlicher, schadstofffreier Düngemittelzusatz. Der Stoffkreislauf wird geschlossen.
Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83-20 85
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Maschinenbau
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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