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25.11.1999 09:51

Frommannsches Anwesen wird als genuiner Ort der Geistesgeschichte an die Uni Jena übergeben

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (25.11.99) Mit dem Haupthaus des Frommannschen Anwesens wird heute (16.00 Uhr) der erste Teil dieses kulturhistorisch bedeutsamen Ensembles am Jenaer Fürstengraben einer neuen Bestimmung übergeben: In einer kleinen Zeremonie ziehen Kunsthistoriker und germanistische Literaturwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität in das neue Domizil ihrer Institute ein. Torhaus und Majorflügel werden noch in diesem Dezember übernommen. Das Haus war um 1800 Wohnhaus und Verlagssitz des berühmten Verlegers Carl Friedrich Ernst Frommann; zur Teestunde trafen sich dort die führenden Köpfe der Klassik und Romantik.

    Mit den Jenaer Wissenschaftlern freuen sich Ministerin Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Rektor Prof. Dr. Georg Machnik, Jenas Bürgermeister Günter Graupe und Dr. Erich Bracher, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Stiftung. Die Stiftung trug mit 1,5 Millionen Mark den Löwenanteil der Baukosten für das Haupthaus. Insgesamt wird die Rekonstruktionsmaßnahme für das komplette Ensemble mit 1.144 qm Hauptnutzfläche über zehn Millionen Mark gekostet haben; die Restfinanzierung teilen sich Bund und Land.

    "Wir liegen mit den Übergabeterminen voll im Hauptfristenplan", freut sich auch Udo Hätscher, Baudezernent der Jenaer Uni. Dass es durch das Kranunglück am 2. Juni, bei dem ein Dachstuhl völlig zertrümmert und ein weiterer schwer beschädigt worden war, keine Zeitverzögerung gegeben habe, sei "dem unbürokratischen Handeln des Staatshochbauamtes und den vielen fleißigen Händen der beteiligten Firmen zu danken".

    Die erste Idee, das ehemalige Verleger-Anwesen für Zwecke der Universität zu nutzen, kam im Jahre 1992 auf; vehement hatten sich der Germanist Klaus Manger und der Kunsthistoriker Franz-Joachim Verspohl für die Rekonstruktion der Häuser im Stil der Zeit um 1800 eingesetzt. "Jetzt ist eine Vision Realität geworden", so Manger, was aber letztlich nur der Initiative und "Anschubfinanzierung" der Wüstenrot Stiftung zu danken sei, sind sich die Professoren einig.

    Einen besonderen, inspirierenden Reiz übt die geschichtsmächtige Vergangenheit des Frommannschen Anwesens auf die Jenaer Geisteswissenschaftler aus. Denn hier initiierte der bedeutende Verleger und Buchhändler Carl Friedrich Ernst Frommann (1765-1837) einen literarischen und philosophischen Zirkel ersten Ranges. Johann Wolfgang Goethe etwa, ein vertrauter Freund des Hauses, der zu den häufigen Gästen der Frommannschen Teestunde zählte, empfahl Johann Peter Eckermann: "Es wird Ihnen in diesem Kreise gefallen, ich habe dort schöne Abende verlebt. Auch Jean Paul, Tieck, die Schlegel, und was in Deutschland sonst Namen hat, ist dort gewesen und hat dort gerne verkehrt."

    Zu dieser illustren Runde des klassisch-romantischen Geisteslebens gehörten ebenso der Komponist Karl Friedrich Zelter, die idealistischen Philosophen Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, und als im Oktober 1806 die Schlacht bei Jena gegen die Napoleonischen Invasoren tobte, flüchtete sich der Philosoph Georg Friedrich Wilhelm Hegel, lediglich das fertige Manuskript seiner "Phänomenologie des Geistes" im Gepäck, ins Frommannsche Haus. Frommanns Sohn Friedrich Johann, der spätere Mitbegründer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, erinnerte sich an frühe Lateinstunden: "Ich bin gewissermaßen einer von Hegels ersten Schülern, denn er nahm mich einmal zwischen seine Knie und ließ mich 'mensa' deklinieren."

    Die wechselvolle Baugeschichte des Frommannschen Anwesens geht bis ins Mittelalter zurück. Der mehrfach umgebaute Hauptflügel wurde im 19. Jahrhundert um Torhaus und Zenkersches Haus ergänzt. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die Häuser Nr. 14 und 16 hinzu. In der DDR-Zeit wurde das kunsthistorisch wertvolle Ensemble für Wohnungen genutzt, nach der Wende erhielten es 1992 die ehemaligen Eigentümer zurück, von denen es 1994 der Freistaat Thüringen für seine Landesuniversität erwarb.

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    E-Mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Musik / Theater, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Organisatorisches
    Deutsch


     

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