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06.06.2006 13:28

Studien zur Psychotherapie für Menschen mit Psychosen: Tübinger Forschungsschwerpunkt erhält über 3 Millionen Euro

Dr. Ellen Katz Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Tübingen

    An der Tübinger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie starten jetzt zwei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Studien zur Psychotherapie bei an Psychosen erkrankten Menschen. Mit den groß angelegten Projekten wird die Wirksamkeit psychotherapeutischer Behandlungsstrategien überprüft. Der Tübinger Forschungsschwerpunkt erhält dafür über 3 Millionen Euro Fördergelder.

    In Deutschland gibt es ungefähr 800 000 an Psychosen erkrankte Menschen. Etwa 10 bis 15 Prozent der Betroffenen begehen Suizid. Dabei können sich psychotische Erkrankungen ganz verschieden äußern: Die Betroffenen haben oft Mühe, die Realität richtig einzuschät-zen und leben in Wahnwelten. Sie fühlen sich verfolgt und richten ihr Leben danach aus. Als Folge ziehen sie sich häufig von der Umwelt zurück und sind ohne Eigeninitiative. Ihre Gefühle sind verändert, werden weniger intensiv wahrgenommen und zum Ausdruck ge-bracht. Die Erkrankung ist stark stigmatisiert, Angehörige sprechen selten darüber. Das Sta-tistische Bundesamt hat jedoch die direkten Kosten der Erkrankung mit 2,8 Milliarden Euro für das Jahr 2002 angegeben, was 1,23 Prozent der nationalen Gesundheitsausgaben ent-spricht.

    Ziel der Untersuchungen
    Die Tübinger Arbeitsgruppe will mit den neuen Studien nachweisen, dass Psychotherapie in der Behandlung dieser Erkrankungen wirksam ist. Wichtige Voraussetzungen sind, dass die Psychotherapie auf die Erkrankung spezifisch zugeschnitten ist, die vorherrschenden Be-schwerden gezielt angegangen werden und dass der Zeitpunkt der Behandlung für den Pati-enten richtig gewählt ist. "Wir wollen zeigen", so Privatdozent Dr. Stefan Klingberg, "dass die Behandlung dieser Krankheit mehr umfassen muss als Psychopharmaka. Trotz der Schwere der Erkrankung sind deutliche Verbesserungen des Zustands möglich." Der Leiter der beiden Studien fügt hinzu: "Wir hoffen, dass Psychotherapie zu weniger Symptomen, weniger Rückfällen und besserer sozialer Integration der Patienten führt."

    Studie mit Unterstützung der DFG
    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert die Studie mit dem Namen: "Cognitive behavioural treatment of negative symptoms in patients with schizophrenic disorders" zu-nächst für drei Jahre mit insgesamt 743.317 Euro.
    Unter der Leitung von Privatdozent Dr. Stefan Klingberg und Prof. Dr. Gerhard Buchkre-mer, beide von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, wird diese multizentrische, randomisierte Psychotherapiestudie in Kooperation mit den Universi-tätskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie Düsseldorf und Frankfurt durchgeführt. Ins-gesamt sollen 200 Patienten, davon ein Drittel in Tübingen, eingeschlossen werden.
    Von Negativ-Symptomen spricht man bei Patienten mit psychotischen Störungen, weil et-was "wegfällt": Die Patienten ziehen sich zurück, es mangelt an Initiative und sie haben ein schwaches emotionales Erleben. Negativ-Symptome treten bei fast allen Patienten nach der Akut-Phase auf und bleiben im Krankheitsverlauf oftmals sehr lange bestehen.
    Die Studie ist eine unter 16 Studien, die aus über 400 Anträgen ausgewählt wurde. Sie wird im neu aufgelegten Programm "Klinische Studien" von der DFG gefördert.

    BMBF-Forschungsverbund "Psychotherapie und psychotische Syndrome"
    Eine zweite Studie ist Teil des Forschungsverbundes "Psychotherapie psychotischer Syn-drome", der ebenfalls von den beiden Tübingern initiiert, geleitet und jetzt mit insgesamt 2.415.000 Euro gefördert wird. Im Verbund wird die Wirkung, die Wirkungsweise sowie die Kosteneffizienz von Psychotherapie beim psychotischen Syndrom untersucht.
    Gemeinsam mit vier weiteren Forschungsverbünden wurde der Verbund im Rahmen des BMBF-Programms "Forschungsverbünde zur Psychotherapie" aus über 30 Bewerbungen zur Förderung ausgewählt.
    Studie innerhalb des BMBF-Forschungsverbundes
    Innerhalb des Forschungsverbundes startet unter der Leitung von Klingberg und Buchkre-mer die multizentrische Studie "Cognitive behavioural treatment for positive symptoms in psychotic disorders". Sie wird in Kooperation mit den Universitäten Bonn, Düsseldorf, Es-sen, Frankfurt und Köln durchgeführt und zunächst für drei Jahre durch das Bundesministe-rium für Bildung und Forschung mit 1.338.000 Euro (in den 2.415.000 Euro Gesamtförde-rung des Verbundes enthalten) gefördert.
    Insgesamt 325 Patienten sollen behandelt werden, davon 55 in Tübingen. Positiv-Symptome werden so genannt, weil sie über das "gewöhnliche, normale" Erleben hinausgehen. Beispie-le dafür sind Überzeugungen, die nicht auf der Realität beruhen (= Wahn) oder das Stim-menhören ohne Sinnesreiz. Diese Symptome kennzeichnen die akute Krankheitsphase und bleiben bei einigen Menschen lange darüber hinaus bestehen.

    Ansprechpartner für nähere Informationen:

    Universitätsklinikum Tübingen
    Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
    Privatdozent Dr. Stefan Klingberg (Ltd. Dipl.-Psychologe)
    Osianderstr. 24, 72076 Tübingen
    Tel. 0 70 71 / 29-8 23 30, Fax 0 70 71 / 29-41 41


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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