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14.06.2006 09:24

Überstunden in Großbritannien - flexible Arbeitszeiten in Deutschland

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    IAT untersuchte Flexibilitätsmuster in- und ausländischer Unternehmen in fünf europäischen Ländern

    Wie Unternehmen ihre Beschäftigung und Produktion organisieren und Auslastungsschwankungen abfedern, hängt entscheidend vom Standort ab. Während die Wirtschaft in Großbritannien vorwiegend Überstunden als Flexibilitätsinstrument nutzt, ist Deutschland das Land der flexiblen Arbeitszeiten. In Frankreich werden Schwankungen der Produktion bevorzugt durch externe Arbeitskräfte bewältigt, Portugal nutzt neben Überstunden vor allem Einstellungen und Entlassungen. Das zeigt eine Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen), für die die Flexibilitätsmuster von 884 in- und ausländischen Unternehmen mit über 250 Beschäftigten in fünf europäischen Ländern analysiert wurden.

    Wie die Studie zeigt, nutzen in Großbritannien neun von zehn Unternehmen Überstunden zur Abfederung von Schwankungen. Während in den Niederlanden noch knapp 80 Prozent der Unternehmen auf diese Form der Flexibilität zurückgreifen, sind es in Deutschland nur noch zwei Drittel, in Frankreich 60 Prozent, in Portugal 55 Prozent der Unternehmen. Flexible Arbeitszeiten mit Gleitzeit oder Arbeitszeitkonten setzen in Deutschland acht von zehn Unternehmen ein. Mit weitem Abstand folgen Frankreich (42,2 Prozent), Portugal (27,9), Niederlande (24,1) und Großbritannien (19,5). Auf externe Arbeitskräfte wie Leiharbeitnehmer greifen mit 88,4 Prozent am häufigsten französische Unternehmen zurück, in Deutschland sind es etwa 40 Prozent, in Portugal nur jedes vierte Unternehmen. Einstellung bzw. Entlassung von Beschäftigten zur Bewältigung von Schwankungen wird von 11 Prozent der Unternehmen (Frankreich) bis zu 60 Prozent in Portugal genutzt.

    Die nationalen Flexibilitätsmuster spielen auch eine Rolle, wenn Unternehmen international agieren, allerdings wirkt sich der Standorteffekt deutlich stärker aus als der Einfluss des Unternehmens oder des Herkunftslandes, stellt der Arbeitsmarktforscher Dr. Sebastian Schief, z.Zt. Universität Fribourg/Schweiz, fest. So zeigt der Vergleich von deutschen, britischen und US-Unternehmen im Ausland, dass ungefähr zwei Drittel der britischen Unternehmen Überstunden als Flexibilitätsinstrument nutzen, mehr als 80 Prozent der amerikanischen und 86,2 Prozent der deutschen Unternehmen. Sowohl für die deutschen wie für die britischen Unternehmen sind diese Ergebnisse weit entfernt von den Werten, die für die Nutzung von Überstunden in den Heimatländern gefunden wurden. Dagegen gibt es bei Unternehmen in US-amerikanischen Eigentum einen deutlichen Herkunftslandeffekt: unabhängig vom Standort ist bei ihnen die Wahrscheinlichkeit, dass sie flexible Arbeitszeiten zur Bewältigung von Schwankungen nutzen, sehr gering.

    Grundsätzlich richtet sich die Flexibilitätsstrategie jedoch danach aus, in welcher lokalen Umwelt sich das jeweilige Unternehmen befindet. Daraus lassen sich auch Schlussfolgerungen für die Einflussmöglichkeiten nationaler Politik auf Unternehmen im Allgemeinen und multinationale Unternehmen im Besonderen ziehen, meint Sebastian Schief. Denn "vor Ort" werden die Rahmenbedingungen für die Unternehmen gesetzt, die dann von Unternehmen zu Unternehmen zwar modifiziert, aber nicht grundlegend in Frage gestellt werden. "Eigentum spielt in der Tat eine Rolle und auch das Herkunftsland eines Unternehmens ist von Einfluss, aber die zentralen Weichen für die Organisation von Arbeit scheinen immer noch in der lokalen Umwelt, also am Standort des Unternehmens selbst, gestellt zu werden."

    Schief, Sebastian, 2006: Nationale oder unternehmensspezifische Muster der Flexibilität? Eine empirische Untersuchung von Flexibilitätsmustern aus- und inländischer Unternehmen in fünf europäischen Ländern. In: Lehndorff, Steffen (Hrsg.): Das Politische in der Arbeitspolitik: Ansatzpunkte für eine nachhaltige Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung. Berlin: Edition Sigma, S. 228-248

    Für weitere Fragen steht
    Ihnen zur Verfügung:
    Dr. Sebastian Schief
    Universität Fribourg, Schweiz
    Departement Sozialarbeit und Sozialpoltik
    Durchwahl: 0041-26-300-7783
    E-Mail: Sebastian.Schief@unifr.ch

    Pressereferentin
    Claudia Braczko
    Munscheidstraße 14
    45886 Gelsenkirchen
    Tel.: +49-209/1707-176
    Fax: +49-209/1707-110
    E-Mail: braczko@iatge.de
    info@iatge.de
    WWW: http://www.iatge.de


    Weitere Informationen:

    http://www.iatge.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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