Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina und Akademien der sieben führenden Industrieländer und Russlands (G8-Staaten) sowie Brasiliens, Chinas, Indiens und Südafrikas drängen ihre Regierungen im Vorfeld des G8-Gipfels in St. Petersburg, gemeinsame Strategien gegen die Ausbreitung der Vogelgrippe und zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu entwickeln.
Pandemien sind relativ selten, doch hat ihr Auftreten verheerende Auswirkungen weltweit. Der ökonomische Schaden verursacht durch SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) wird zum Beispiel auf etwa 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zwar besteht derzeit keine wirkliche Gefahr des Übergreifens der Vogelgrippe auf den Menschen. Trotzdem sollte diese Bedrohung im positiven Sinne dazu dienen, weltweit die Etablierung nationaler und internationaler Netzwerke zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten zu fördern.
Die nationalen Akademien der als G8-Staaten bezeichneten führenden Industrienationen der Welt (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland, USA) sind der Auffassung, dass ihre Länder bereits heute über das entsprechende Know-how verfügen, um weltweit eine konzertierte Aktion der Regierungen gemeinsam mit Wissenschaftlern, Gesundheitsexperten und Veterinärexperten in Angriff nehmen zu können.
Um sich zum Vorgehen in dieser weltweit drängenden Frage abzustimmen, folgten im April 2006 Präsidenten und weitere Repräsentanten von Akademien aus allen G8-Staaten einer Einladung der Russischen Akademie der Wissenschaften nach Moskau. Gemeinsam mit Vertretern der nationalen Akademien der Schwellenländer Brasilien, China, Indien und Südafrika verständigten sie sich auf Forderungen, die an die jeweiligen Regierungen im Vorfeld des G8-Gipfels 2006 herangetragen werden sollen.
Diese Empfehlungen werden nunmehr unter dem Titel "Joint Science Academies' Statement: Avian Influenza and Infectious Diseases" (Gemeinsame Erklärung Wissenschaftlicher Akademien zur Vogelgrippe und zu Infektionskrankheiten) veröffentlicht. Sie sind auf der Homepage der Leopoldina verfügbar (www.leopoldina-halle.de/avian-flu.pdf).
In den Empfehlungen fordern die Akademien ihre Regierungen auf, dafür zu sorgen, dass weltweit Netzwerke zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten etabliert werden, damit auch die Menschen in den Entwicklungsländern, in denen bisher das notwendige Wissen fehlt, in die Vorsorgemaßnahmen einbezogen werden können. Die Kernpunkte der Empfehlungen sind:
o die Förderung bestehender internationaler Initiativen zur Registrierung und Bekämpfung der Vogelgrippe;
o die nachhaltige Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Implementierung ihrer nationalen Strategien zur Bekämpfung der Vogelgrippe und anderer Infektionskrankheiten;
o die Etablierung unabhängiger, Evidenz-basierter Studien, die zur Entwicklung weltweiter Überwachungsmöglichkeiten führen könnten sowie
o die Förderung der Forschung zur Entwicklung neuer Impfstoffe und Arzneimittel.
o Maßnahmen zur Bekämpfung der Vogelgrippe können gerade auch in weniger entwickelten Ländern zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, HIV/AIDS, Malaria oder Ebola dienen. Da deren Bekämpfung schon heute unterfinanziert ist, wird der Aufbau entsprechender Netzwerke sich nachhaltig positiv für diese Länder auswirken.
Die Unterzeichner der Statements sind die Präsidenten folgender Akademien:
Für die G8-Staaten:
o Deutschland: Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
o Frankreich: Académie des Sciences
o Großbritannien: Royal Society
o Italien: Accademia Nazionale dei Lincei
o Japan: Science Council of Japan
o Kanada: Royal Society of Canada
o Russland: Russische Akademie der Wissenschaften
o Vereinigte Staaten von Amerika: National Academy of Sciences
Sowie:
o Brasilien: Academia Brasileira de Ciéncias
o China: Chinese Academy of Sciences
o Indien: Indian National Science Academy
o Südafrika: Academy of Science of South Africa
Zeitgleich zur Veröffentlichung der Statements zur Bekämpfung der Vogelgrippe und anderer Infektionserkrankungen erscheinen im Vorfeld des russischen G8-Gipfels Empfehlungen der beteiligten zwölf Akademien zur Sicherung der Energieversorgung unter dem Titel "Joint Science Academies' Statement: Energy Sustainability and Security". Auch diese sind auf der Homepage der Leopoldina verfügbar: (www.leopoldina-halle.de/energy-security.pdf)
Die Akademien der G8-Staaten hatten sich erstmals 2005 darauf verständigt, im Vorfeld des damaligen G8-Gipfels in Schottland gemeinsame Stellungnahmen zu gesellschaftlich relevanten Problemen zu verabschieden. Sie äußerten sich damals zu Themen wie "Global Response to Climate Change" (www.leopoldina-halle.de/climate_change.pdf) und "Science and Technology for African Development" (www.leopoldina-halle.de/african_dev.pdf).
Im Jahr 2007 wird Deutschland Gastgeber des G8-Gipfels sein. Dann werden sich Vertreter der nationalen Akademien bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle an der Saale treffen, um Empfehlungen an die jeweiligen Regierungen zu formulieren.
Zur Akademie Leopoldina
Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (gegründet 1652 in Schweinfurt) mit Sitz in Halle an der Saale (seit 1878) ist eine überregionale Gelehrtengesellschaft mit gemeinnützigen Aufgaben und Zielen. Sie fördert inter- und transdisziplinäre Diskussionen durch öffentliche Symposien, Meetings, Vorträge, die Arbeit von Arbeitsgruppen, verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse, berät die Öffentlichkeit und politisch Verantwortliche durch Stellungnahmen zu gesellschaftlich relevanten Themen, fördert junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und sie betreibt wissenschaftshistorische Forschung. Der Leopoldina gehören etwa 1.200 Mitglieder in aller Welt an. Drei Viertel der Mitglieder kommen aus den Stammländern Deutschland, Schweiz und Österreich, ein Viertel aus weiteren ca. 30 Ländern. Zu Mitgliedern werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen sowie aus den Kultur-, den Technik-, den empirischen Geistes-, Verhaltens- und Sozialwissenschaften gewählt, die sich durch bedeutende Leistungen ausgezeichnet haben. Unter den derzeit lebenden Nobelpreisträgern sind 34 Mitglieder der Leopoldina.
Die Leopoldina erhält ihre finanziellen Zuwendungen für die satzungsgemäßen Aufgaben zu 80 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und zu 20 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt.
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug (Kontaktdaten s.o.)
http://www.leopoldina-halle.de/avian-flu.pdf - das G8-Statement in voller Länge
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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