Rom, 4. März
Grosse Mengen ungenutzter und gefährlicher Schädlingsbekämpfungsmittel bedrohen weiter Menschen und Umwelt in vielen Entwicklungsländern. Darauf hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Anschluss an eine zweitägige Expertentagung aufmerksam gemacht. Die FAO rief die internationale Gemeinschaft und die Industrie dazu auf, "diese Umwelttragödie stärker zu bekämpfen".
In den Entwicklungsländern sollen mehr als 100 000 Tonnen ungenutzter Schädlingsbekämpfungsmittel lagern. In Afrika sollen es zwischen 15 000 und 20 000 Tonnen sein, berichtete die FAO. "Viele Behälter sind inzwischen undicht geworden, hochgiftige Stoffe treten aus oder versickern und verseuchen den Boden, sowie das Grund- und Trinkwasser", warnte FAO-Mitarbeiter Alemayehu Wodageneh. Grosse Pestizidbestände sind auch in Osteuropa und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten entdeckt worden, auch Asien und Lateinamerika sind betroffen.
Viele Chemikalien sind über 30 Jahre alt und werden ohne jede Sicherheitsvorkehrungen aufbewahrt. In Afrika sind viele der Pestizide Überreste früherer Entwicklungshilfe. Sie können nicht mehr benutzt werden, da sie inzwischen entweder verboten worden sind oder das Verfallsdatum längst überschritten ist.
Es wurde in Rom beschlossen, bald in Gambia, Madagaskar und Tansania mit der Beseitigung des Giftmülls zu beginnen. Einige Geberländer zeigten sich interessiert, dies zu finanzieren.
Nach FAO-Angaben sind in Afrika und im Nahen Osten bislang insgesamt erst 1 511 Tonnen ungenutzter Pestizide in zehn Ländern beseitigt worden. Die Staaten mit den grössten Lagern ungenutzter Schädlingsbekämpfungsmittel sind Marokko (2 265 Tonnen) und Äthiopien (1 152 Tonnen). In den Beständen finden sich Chemikalien wie Aldrin, DDT, Dieldrin, Endrin, Hexachlorcyclohexan (HCH), Lindan, Malathion, Parathion und andere.
Die Beseitigung des Giftmülls wird allein in Afrika auf rund 80 Millionen Dollar geschätzt. Der grösste Teil der Aufräumarbeiten wurde in der Vergangenheit von den Niederlanden und Deutschland finanziert. Dänemark hat kürzlich weitere sechs Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Die chemische Industrie hat sich bislang nur sehr begrenzt an den Programmen beteiligt.
"Die Entwicklungshilfeorganisationen sind bereit, ihren Beitrag zu leisten", so die FAO. "Sie können aber nicht alle Kosten ohne eine beträchtliche Beteiligung der Industrie tragen".
Vertreter der agro-chemischen Industrie erklärten sich bereit, von Fall zu Fall bis zu 30 Prozent der Giftmüll-Beseitigung zu finanzieren. Die Industrie will sich an Projekten in Senegal (275 t), Madagaskar (75 t) und Gambia (21 t) beteiligen.
Die Hochtemperatur-Verbrennung ist nach Einschätzung der FAO der sicherste Weg, um die Pestizid-Altlasten zu vernichten. Da es in den meisten Entwicklungsländern keine sicheren und umweltverträglichen Verbrennungsöfen gibt, wurden Altbestände in der Vergangenheit zur Verbrennung nach Europa gebracht.
Wenn nicht mehr für die Müllvermeidung getan werde, so die FAO, könnten Giftmüllbestände weiter anwachsen. Die Umsätze an Pestiziden seien 1995 und 1996 stark gestiegen.
Der Pestizidmüll hat sich nach FAO-Angaben in der Vergangenheit in den Entwicklungsländern angehäuft, da
- mittlerweile verbotene Pestizide weiter gelagert werden;
- es schwierig ist, das Ausmass von Schädlings- plagen genau vorherzusagen und übermässig hohe Mengen geliefert wurden;
- der Bedarf an Pestiziden oft schlecht eingeschätzt wurde;
- falsche und unwirksame Pestizide benutzt wurden;
- Pestizide auf aggressive Weise verkauft wurden.
Die FAO rief die Entwicklungsländer dazu auf, die integrierte Schädlingsbekämpfung anzuwenden und weniger Schädlingsbekämpfungsmittel zu benutzen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Meer / Klima, Politik, Recht, Umwelt / Ökologie
überregional
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Deutsch
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