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20.06.2006 13:54

Strategisches Handeln mit dem Bamberger Trainingstool Paul's Island

Dr. Martin Beyer Dezernat Kommunikation
Otto-Friedrich-Universität Bamberg

    Problemlösekompetenz, systemisches Denken, ökologische und soziale Verantwortung. Das in Bamberg von einem interdisziplinären Team entwickelte Trainingstool "Paul's Island" soll insbesondere in Unternehmen all diese Kompetenzen schulen. Am 10./11. Juni wurde es in einem Workshop mit Studierenden erprobt.

    Meeresrauschen. Sonnenuntergänge. Kokosnusspalmen. Karibisches Flair. Auf Paul's Island ließe es sich aushalten, wenn nicht harte Arbeit anstünde. Denn diese Insel ist das virtuelle Spielfeld für die Schulung ganz unterschiedlicher Kompetenzen. Am 10. und 11. Juni wurde ein neues Trainingstool erprobt, das an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg erarbeitet wurde und nun bald in der Unternehmenspraxis zum Zuge kommen soll.
    Unter dem Motto "Strategisches Handeln in komplexen Umwelten" hat ein interdisziplinäres Team aus Pädagogen, Psychologen und Wirtschaftswissenschaftlern das computerunterstützte Training entwickelt. Eigentlich konzipiert, um Führungskräften eine schnelle Entscheidungsfindung und sicheres Handeln im Unternehmensalltag anzutrainieren, wurde es nun mit Bamberger Studierenden getestet. "Im Moment führen wir das Planspiel noch mit Studierendengruppen durch, aber schon bald möchten wir es auch Unternehmen und deren Führungskräften anbieten", unterstreicht die Trainerin und Psychologie-Studierende Stefanie Huber den professionellen Charakter des Trainingstools.

    Wenn Prinz Poldi auf Kaiserin Sissi trifft

    Zuerst mussten sich die Mitspieler einen Namen geben, sie traten sich fortan als Prinz Poldi und Kaiserin Sissi entgegen. Danach startete die Simulation mit einem Vortrag eines - ebenfalls gespielten - Notars. Dieser machte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf aufmerksam, dass sie eine Erbengemeinschaft ihres Onkels Paul seien und eine Insel in der Karibik geerbt hätten. Sie sollten nun die ökologischen Ressourcen dieses Naturparadieses wirtschaftlich möglichst effizient nutzen. Die "Erben" wurden durch eine Einführung mit der geologischen, ökologischen und ökonomischen Situation vertraut gemacht. Dann ging es los mit den Weichenstellungen: autonom und in Absprache wurden Maßnahmen zur wirtschaftlichen oder landwirtschaftlichen Bebauung der Insel auf dem "Gaming Table" getroffen - eine in Segmente aufgeteilte Karte des imaginären Eilandes.

    Learning by Doing

    Durch die Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmer und einer starken Vernetzung der Kausalitäten soll komplexes Problemlösen und strategisches Handeln gelernt und verinnerlicht werden. Interessens- und Zielkonflikte innerhalb der Gruppe sollen zudem Konfliktmanagement sowie Kompromiss- und Kooperationsfähigkeit schulen und entwickeln. Nach jeder Spielrunde wurde den Spielern ein "Kontoauszug" mit der Auslastung und den Erträgen ihrer Investitionen ausgehändigt, um Effekte der eigenen Arbeit zu verdeutlichen. Schnell bildeten sich kleinere Grüppchen von Spielern, die gemeinsame Interessen, beispielsweise den Bau eines Flughafens, hatten. Aber auch Inselkonferenzen aller Investoren standen auf der Tagesordnung, um gemeinsames Vorgehen zu beraten und vergangene Fehler anzusprechen.
    Vor allem der durch die Spielrunden hervorgebrachte Zeitdruck für die Erledigung erwünschter Maßnahmen machten den Teilnehmern zu schaffen, wie Trainer Sebastian Hitzler berichtet: "Es hat drei Perioden gebraucht, bis die Teilnehmer gemerkt haben, dass es stetige Informationen unsererseits durch die Kontoauszüge und Ertragsanalysen gibt. Die dürfen zur Wahrung der Effizienz in einer Handlungsorganisation wie dieser auf keinen Fall verloren gehen." Des Weiteren seien mehrfach Anträge für Maßnahmen verspätet eingereicht worden und konnten folglich nicht berücksichtigt werden. Dies sollte den "Investoren" verdeutlichen, dass es im Unternehmensalltag hektisch werden kann und man schnell handeln muss, um sich Erträge sichern zu können. Die absichtlich erfolgte Informationsüberlastung der Spieler, gerade zu Beginn des Planspiels, diente ebenfalls diesem Ziel.

    Analyse der Arbeit durch selbst entwickeltes Computertool

    Das sechsköpfige Trainerteam versuchte sich so weit wie möglich aus den Handlungen der Mitspieler herauszuhalten und diese so autonom wie möglich entscheiden zu lassen. Durch diese scheinbare Passivität konnten sie sich besser ihrer beobachtenden und analysierenden Tätigkeit widmen. Unterstützt wurden sie dabei von einem Computertool, das zusammen mit dem universitätseigenen Institut für Theoretische Psychologie entwickelt wurde. "Ein ganz besonderer Dank gebührt hier Prof. Dr. Dietrich Dörner und Diplom-Psychologe Sven Hoyer, die uns bei der wissenstheoretischen Basis des Programms tatkräftig unterstützt haben", betont Trainer Alexander Burgis. So stand die Tätigkeit der Spieler unter ständiger Kontrolle und Beobachtung. Darüber hinaus wurde alle Aktionen auch durch oben genannte Auswertungsblätter aus dem Programm unterstützt.

    Reflexion, Feedback und Gruppenauswertung

    Bei allen spielerischen Anteilen kam, vor allem am zweiten Tag des Seminars, auch der theoretische Aspekt des Lernens nicht zu kurz. Durch ein Lerntagebuch hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder die Möglichkeit, sich selbst Fragen nach der Effektivität ihrer Arbeit und nach dem eigenen Lernfortschritt zu stellen. Diese Selbstreflexion sollte am zweiten Tag den Schwerpunkt darstellen, begleitet und unterstützt von einer Gruppenauswertung, in der die Spieler ihre Arbeit als Gruppe bewerten sollten. "In dieser Phase waren wir überrascht von der selbstkritischen Produktivität der Gruppe. Die Spieler haben ihre Fehler erkannt und angesprochen", stellte Huber zufrieden fest.
    Im letzten Abschnitt des Trainings wurden den Mitspielern tiefergehende Kenntnisse über Gruppenstrukturen, strategisches Handeln und Problemlösen in komplexen Umwelten näher gebracht.
    Die sieben Gäste nahmen diese Informationen mit großer Aufmerksamkeit auf und hatten in der abschließenden Evaluation fast nur positive Bewertungen über Training, Planspiel und Trainer abzugeben. Vor allem die Möglichkeit, weitgehend autonom zu agieren, deckte Defizite und Probleme in der Entscheidungskompetenz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf. Diese Defizite zu erkennen und ausgleichen zu können stieß auf viel positive Resonanz.

    So erzielte letztlich die ungewöhnliche Verbindung von karibischer Trauminsel mit einer effektiven Unternehmensführung sehr gute Resultate. Innovation und Kompetenz - ein gelungenes Training unter realen Bedingungen. Man darf gespannt sein, was für eine Karriere dieses Programm machen wird.

    Der nächste Workshop findet bereits am 24./ 25 Juni statt.
    Kontakt zu dem Projekt finden Sie unter:
    mail@pauls-island.de


    Weitere Informationen:

    http://www.pauls-island.de


    Bilder

    Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelt um ihren "Gaming Table" - die Karte der Insel
    Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelt um ihren "Gaming Table" - die Karte der Insel
    Bild: Michael Meyer
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    Trainerinnen bei der Analyse: Johanna Fritsche, Stefanie Huber, Julia Hübsch (von links)
    Trainerinnen bei der Analyse: Johanna Fritsche, Stefanie Huber, Julia Hübsch (von links)
    Bild: Michael Meyer
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Pädagogik / Bildung, Psychologie, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelt um ihren "Gaming Table" - die Karte der Insel


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    Trainerinnen bei der Analyse: Johanna Fritsche, Stefanie Huber, Julia Hübsch (von links)


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