Institut Arbeit und Technik untersuchte aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt des deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes
Die Welt, derzeit bekanntlich "zu Gast" in Deutschland, ahnt nicht, dass einige angebliche WM-Gewinner die tatsächlichen Verlierer sind. Denn die eine Million Beschäftigten im Gastgewerbe, das im Gefolge des Fußball-Fantourismus boomen sollte, beziehen zu 70 Prozent Löhne, die unterhalb der Niedriglohnschwelle liegen. In der Hotellerie mit ca. einem Drittel der Beschäftigten werden aufgrund des gravierenden Wettbewerbsdrucks Vollzeitarbeitsplätze abgebaut (2005: -3,8% gegenüber dem Vorjahr). Ein bedeutender Anteil von knapp 23% der Beschäftigten arbeitet mittlerweile in geringfügiger Beschäftigung, die meisten von ihnen Frauen.
Das zeigen Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen), die soeben im aktuellen IAT-Report 2006-05 unter http://iat-info.iatge.de/iat-report/2006/report2006-05.html veröffentlicht wurden. Neben der Auswertung statistischer Quellen zur Situation in der Branche standen qualitative Fallstudien in Stadthotels der gehobenen (4-5 Sterne) und der Economy-Klasse (2-3 Sterne) im Zentrum der Untersuchung.
Zu den Berufsgruppen im Hotelgewerbe, in denen Niedriglöhne besonders weit verbreitet sind, zählt mit über 80% das Reinigungspersonal. Wie die Fallstudien in acht Stadthotels deutlich zeigten, sind in den letzten Jahren gerade die Arbeitsplätze im Housekeeping "rationalisiert" worden. Dabei verfolgt das Management das Ziel, die Anzahl des ausführenden Personals möglichst exakt an die schwankenden Belegungszahlen anzupassen. Von angestellten teilzeitbeschäftigten Zimmerfrauen wird z.B. erwartet, je nach Bedarf Mehrarbeit zu leisten. Die "unsichtbare" Arbeit im Housekeeping ist zudem anfällig für Arbeitsintensivierung, z.B. dass mehr Zimmer pro Arbeitstag gereinigt werden müssen. Insbesondere in den urbanen Hotelzentren arbeiten häufig Frauen mit Migrationshintergrund in diesen Tätigkeiten.
Eine zentrale Flexibilisierungsstrategie des Hotelmanagements ist die Auslagerung der Zimmerreinigung an Fremdfirmen. Diese erreichen oft eine Senkung der Arbeitskosten durch Stücklöhne, d.h. die Reiniger erhalten keinen Festlohn, sondern werden pro Zimmer bezahlt. Die Entlohnung lag in den Untersuchungsbetrieben z.T. unter 2 € pro Zimmer. Risiken im Arbeitsprozess (z.B. Gäste, die zu spät abreisen) schlagen sich in unbezahlten Wartezeiten für die Beschäftigten nieder. Das Monatseinkommen kann je nach Belegungssituation erheblich schwanken, weil Reinigungsfirmen z.T. entgegen dem Tarifvertrag kein Mindestmonatseinkommen garantieren.
Seit Jahren beklagt der Branchenverband des Gastgewerbes einen Arbeitskräftemangel über alle Qualifikationsstufen hinweg. Laut einer Unternehmensumfrage fehlen im Gastgewerbe 65.000 Arbeitskräfte. Die zuständige Gewerkschaft NGG hält dem die schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche entgegen: niedrige Löhne, lange und unsoziale Arbeitszeiten, hohe Fluktuation. Dabei beschränken sich die unterdurchschnittlichen Löhne nicht auf den Bereich der Ungelernten. Auch höhere Qualifikationsstufen schneiden im gesamtwirtschaftlichen Vergleich unterdurchschnittlich ab.
Die Regionalisierung der Tarifverhandlungen in 18 Regionen hat erhebliche Unterschiede in der Höhe der Löhne zur Folge. Während das Einstiegsentgelt für ein Zimmermädchen in Mecklenburg-Vorpommern bei 887 € monatlich liegt, verdient die Kollegin in Bayern laut Tarifvertrag mit 1.490 € deutlich besser. Aber selbst diese niedrigen Löhne können kaum durchgesetzt werden. Die tarifpolitische Situation im Gastgewerbe ist geprägt durch eine hohe Anzahl von Kleinst- und Kleinbetrieben, geringe Durchschlagskraft der Gewerkschaft aufgrund des geringen Organisationsgrades und die regionale Zersplitterung der Tarifverhandlungen.
Für die Hotellerie zeichnet sich ab, dass Spielräume zur Kostensenkung allmählich ausgereizt und Einsparpotenziale bereits ausgenutzt sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht mehr überraschend, dass sich der Innungsverband der Gebäudereiniger für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes einsetzt, um auf massive Durchsetzungsprobleme des Tarifvertrages zu reagieren und dem fortschreitenden Unterbietungswettbewerb Einhalt zu gebieten. Ein gesetzlicher Mindestlohn kommt damit nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Arbeitgebern zu Gute.
Aber auch die Arbeitsplatzqualität in der Zimmerreinigung von Hotels muss verbessert werden, denn es drohen massive Qualitätsprobleme, ausufernde Fluktuationsraten und immer größere Wiederbesetzungsprobleme in diesen Tätigkeiten. Elemente einer solchen Qualitätsstrategie wären z.B. eine arbeitserleichternde Ausstattung, Mitarbeiteranerkennungsprogramme und Schulungsmöglichkeiten (z.B. Sprachtraining für ausländische Beschäftigte) - damit die Welt gern bei uns zu Gast ist.
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Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, ausschließlich geringfügig Beschäftigte und Nebenjobs in ...
Institut Arbeit und Technik
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Tarifliche Entlohnung von Zimmermädchen (ausgewählte Tarifverträge, Einstiegsentgelt)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, ausschließlich geringfügig Beschäftigte und Nebenjobs in ...
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