Bremer Berufsbildungsforscher bewerten den Kopenhagen-Prozess sehr skeptisch
Kopenhagen ist nicht Bologna: Während die Europäisierung der Hochschulen und Universitäten im so genannten Bologna-Prozess dynamisch voranschreitet und bereits feste Konturen annimmt, stellt sich die Europäisierung der beruflichen Bildung - der so genannte Kopenhagen-Prozess - gänzlich anders dar. Die europäische Union gerät mit ihrem Versuch, einen europäischen Berufsbildungsraum mit Hilfe eines europäischen Qualifikationsrahmens zu befördern, zunehmend in eine Sackgasse. Zu diesem Befund kommen Berufsbildungsforscher des Instituts Technik und Bildung (ITB) der Universität Bremen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussion zum Kopenhagenprozess haben sie jetzt in der Publikation mit dem Titel "Europäisierung beruflicher Bildung als Gestaltungsaufgabe" (LIT-Verlag) vorgelegt.
Alle Versuche seien bisher gescheitert, sich auf eine Klassifizierung und Systematisierung von Qualifikationen zu verständigen. Führt man solche Raster trotzdem ein, sind die Auswirkungen eher kontraproduktiv für die Qualifizierung der Beschäftigten, so die Bewertung der Bremer Wissenschaftler. "Die europäische Berufsbildungspolitik versucht Länderinteressen und die institutionellen und rechtlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen. Dabei bleibt eine umfassende und sinnvolle Strategie für eine gemeinsame berufliche Bildung für und in Europa auf der Strecke", bedauert Dr. Philipp Grollmann, stellvertretender Leiter der Abteilung Internationale Berufsbildungsforschung am ITB.
Die Bremer Bildungsforscher schlagen vor, die europäische Berufsbildung auf die Basis europäischer Kernberufe zu stellen. Der renommierte Berufsbildungsexperte Professor Felix Rauner: "Zur Entwicklung einer europäischen Berufsbildungsarchitektur - basierend auf den Beispielen guter und bester Berufsbildungspraxis in Europa und darüber hinaus - gibt es keine Alternative. Ein europäischer Wirtschaftsraum und ein europäischer Arbeitsmarkt sind auf eine Stärkung der europäischen Dimension beruflicher Bildung angewiesen." Die ITB-Wissenschaftler plädieren außerdem dafür, die Ergebnisse einer langjährigen Tradition europäischer Berufsbildungsforschung stärker in die derzeitige Berufsbildungspolitik einzubeziehen: "In einem Forschungsprojekt zum Kfz-Service wurde eindrucksvoll nachgewiesen, dass die im Vergleich zum US-amerikanischen Sektor deutlich geringere Wettbewerbsfähigkeit nicht zuletzt auf der durch die nationalstaatlich geprägte große Heterogenität der Kfz-Berufe und der darauf bezogenen Aus- und Weiterbildung in Europa basiert", so Professor Georg Spöttl, Sprecher des Institut Technik und Bildung.
Das Buch "Europäisierung Beruflicher Bildung als Gestaltungsaufgabe" (Hrsg. Philipp Grollmann, Felix Rauner und Georg Spöttl) erscheint in der Reihe Bildung und Arbeitswelt im LIT-Verlag (www.lit-verlag.de) und kostet 29,90 Euro.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Institut Technik und Bildung
Internationale Berufsbildungsforschung
Dr. Philipp Grollmann
Tel. 0421 218 4626 (Sekretariat Karen Trost, tel. 0421 218 4693)
E-Mail: grollmann@uni-bremen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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