idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
14.12.1999 15:14

Acht Millionen Mark für die Schlaganfallforschung in Berlin

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    MEDIZINISCHE FAKULTÄT DER HUMBOLDT - UNIVERSITÄT ZU BERLIN

    Dekanat
    Pressereferat-Forschung
    Dr. med. Silvia Schattenfroh FON: (030) 450-70-400
    Augustenburger Platz 1 FAX: (030) 450-70-940
    13 353 Berlin e-mail: silvia.schattenfroh@charite.de


    AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN 34 - 1999

    Acht Millionen Mark für die Schlaganfallforschung in Berlin
    Tagung zur Eröffnung der "Abteilung für Experimentelle Neurologie" an der Charité

    Die Hermann und Lilly-Schilling-Stiftung für medizinische Forschung, verwaltet vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, stellt der "Klinik für Neurologie" der Charité acht Millionen Mark für die nächsten zehn Jahre zur Verfügung. Damit wird eine "Abteilung für Experimentelle Neurologie" an der Klinik aufgebaut und unterhalten, die danach vom Land Berlin übernommen wird. Zum Leiter der neuen Abteilung wurde Professor Dr. Ulrich Dirnagl (39), Oberarzt der Klinik und seit Juni 1999 Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Neurowissenschaften an der Humboldt-Universität, berufen.
    Dirnagl wird damit in die Lage versetzt, Ergebnisse seiner Grundlagenforschung beschleunigt in die klinische Anwendung zu übersetzen. In gleicher Weise finanziert die Schilling-Stiftung auch an vier weiteren Universitäten (München, Heidelberg, Tübingen und Würzburg) Abteilungen für Neurowissenschaften. Sie folgt damit einer Empfehlung des Wissenschafttsrates zur Unterstützung klinischer Forschung in Deutschland und zur Laufbahnförderung von Grundlagenforschern an Kliniken.
    Schwerpunkte von Dirnagls Arbeit sind die akuten Erkrankungen des Gehirns, insbesondere der Schlaganfall. Der dieser Erkrankung zugrunde liegende plötzliche Gefäßverschluß (durch Bildung von Gerinnseln in Blutgefässen) trifft in Deutschland mehr als 200 000 Menschen im Jahr. Bisher kommt als wirksame Therapie nur die Verabreichung eines Medikamentes in Frage, das die Auflösung von Gerinnseln bewirken kann. Aber diese Maßnahme muß innerhalb von drei Stunden begonnen werden. Danach ist sie unwirksam und auch gefährlich. Das enge Zeitfenster von drei Stunden schränkt den Anteil der Patienten, die in den Genuß dieser Therapie kommen, auf fünf von hundert ein.
    Neue Forschungsergebnisse von Dirnagl und seiner Arbeitsgruppe lassen nun Therapien erwarten, die auch zu einem späteren Zeitpunkt der Erkrankung noch wirksam werden. Denn Dirnagl hat erkannt, daß bei einem Schlaganfall um das verschlossene Gefäß herum eine Entzündung auftritt, wodurch das Gehirn weiter geschädigt wird. Außerdem fand er heraus, daß die Bekämpfung dieser Entzündung auch noch Stunden nach ihrem Beginn den Schaden verringern kann. Diese Befunde, bisher nur am Tier erhoben, sollen jetzt auch am Menschen erhärtet und dann in die klinische Praxis umgesetzt werden.
    Außerdem konnte die Arbeitsgruppe um Dirnagl zeigen, daß es am Randgebiet der vom Schlaganfall betroffenen Hirnregion zum Zelluntergang durch Apoptose (= durch genetisch programmierten Zelltod) kommt. Sobald die Apoptose einmal eingeleitet ist, schreitet sie noch tagelang fort, wodurch immer mehr Hirngewebe untergeht. Die Begrenzung der Apoptose und damit die Verzögerung beim Untergang von Hirngewebe - auch dies ein Ergebnis von Dirnagls Arbeiten - ist aber durch Einsatz von gewebeschützenden (enzymhemmenden) Medikamenten möglich und zwar auch noch viele Stunden nach dem Gefäßverschluß. Dirnagl erwartet, daß die bisher nur am Tier verwendeten Substanzen in Kürze auch am Menschen eingesetzt werden können.
    Schließlich will die nun gegründete Abteilung eine neuere Erkenntnis erweitern: Das Gehirn ist entgegen früherer Lehrmeinung durchaus in der Lage, neue Nervenzellen wachsen zu lassen. Der Schlaganfall selbst scheint für das Gehirn einen Reiz darzustellen, der solche Neubildung anregt. Dies Geschehen besser zu verstehen, bzw.bei Patienten in Gang zu setzen, ist ein ferneres Ziel der Arbeitsgruppe.
    Nicht zuletzt wird man dabei nicht-invasive, bildgebende Verfahren etablieren , die das Ausmaß des aktuellen Schadens am Gehirn erkennen lassen. In Berlin wird dabei vor allem die sogenannte Nah-Infrarot-Spektroskopie eingesetzt. Mit dieser optischen Technik kann man durch die Haut "wie mit einer Taschenlampe ins Gehirn leuchten", sagt Dirnagl und dabei die Absorption von Licht verschiedener Wellenlängen im Schädel- und Hirngewebe messen. Daraus lassen sich Informationen über Durchblutung, Sauerstoffgehalt und gewisse Funktionen des Gehirns gewinnen. Das unschädliche Verfahren könnte bald schon am Krankenbett und im Krankenwagen verwendet werden.
    Schließlich sollen auch die eigenen Abwehrkräfte mobilisiert werden, wenn dem Gehirn durch einen Schlaganfall ein Schaden entstanden ist. Diese Möglichkeit ist bisher nicht näher beachtet worden. Aber die Gehirnzellen können durchaus mit Hilfe von Wachstumsfaktoren und sogenannte Antioxydantien das Ausmaß der Schädigung eindämmen. Dirnagl erwartet, daß sich diese Abwehrkräfte verstärkt mobilisieren lassen.
    Silvia Schattenfroh
    Zur Eröffnung der Berliner Abteilung wird ein internationales wissenschaftliches Symposium am 17. Dezember 1999 im Hörsaal der "Klinik für Neurologie", Campus Charité-Mitte, durchgeführt. (Das Programm der Tagung kann unter http://www.charite.de/ch/neuro/symposium.html abgerufen werden. Interessierte Journalisten sind herzlich eingeladen.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).