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15.12.1999 14:25

Original-Manuskript von Ricarda Huch in der Universitätsbibliothek Heidelberg entdeckt

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Sperrfrist:
    21. Dezember 1999, 14.00 Uhr
    Einladung zur Pressekonferenz - Vorstellung des Manuskripts: Dienstag, 21. Dezember 1999, 14.00 Uhr im Universitätsarchiv, Akademiestr. 4-8, 69117 Heidelberg

    Zur Zeit wird der Nachlass der Sozialpolitikerin und Universitätslehrerin Marie Baum (1874-1964) neu erschlossen. Diese Arbeit wird durch die Stiftung der Stadt Heidelberg finanziert und in Zusammenarbeit von Universitätsbibliothek und Universitätsarchiv durchgeführt. Die Bearbeiterin, die Heidelberger Historikerin Petra Schaffrodt, stieß jetzt auf das eigenhändige Manuskript von Ricarda Huchs (1864-1947) bedeutendem historischen Werk "Römisches Reich Deutscher Nation" - ein wertvoller Fund für die Wissenschaft.

    Das in einem unscheinbaren Papierumschlag eingewickelte Manuskript im Umfang von 435 Blättern zeigt weder Datierung noch enthält es Angaben zum Schreiber. Schriftvergleiche lassen aber keine Zweifel daran, dass es sich um die eigenhändig von Ricarda Huch als Druckvorlage geschriebene Fassung handelt. Das wurde der Universitätsbibliothek auch vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach bestätigt.

    Das "Römische Reich Deutscher Nation" erschien 1934 im Atlantis-Verlag in Berlin als Band 1 der Trilogie "Deutsche Geschichte". Wie auch der Neufund erkennen lässt, schrieb Ricarda Huch nach vorherigen Studien ihre Werke druckfertig ohne größere Korrekturen nieder, so dass es sich hier um das einzige Manuskript handeln dürfte. Unverkennbar ist ihre elegant dahin gleitende, grazile Handschrift, in der sich auch der Schwung und Elan ihre Schriften widerspiegelt.

    Das Auffinden des Manuskripts im Nachlass von Marie Baum ist einerseits erklärlich: Die Dichterin verfasste den Text zu einer Zeit, als sie bei ihrer Freundin Marie Baum wohnte. Andererseits ist es überraschend, denn Marie Baum hat alle in ihrem Besitz befindlichen schriftlichen Zeugnisse ihrer Freundin an das von ihr mitbegründete Ricarda-Huch-Archiv im Marbacher Deutschen Literaturarchiv abgegeben. Nur die übrigen Teile des Nachlasses von Marie Baum gelangten testamentarisch an die Universitätsbibliothek Heidelberg.

    Marie Baum lebte seit 1928 in Heidelberg. Eine fünfzigjährige enge Freundschaft verband sie mit Ricarda Huch. Marie Baum begleitete die Dichterin durch alle Stationen ihres bewegten Lebens. Zeitweise lebten die beiden Frauen zusammen, so von Herbst 1932 bis Herbst 1934 in Marie Baums Heidelberger Wohnung am Friesenberg 1. Die handschriftliche Widmung Ricarda Huchs in der Druckfassung von "Römisches Reich Deutscher Nation" an ihre Freundin nimmt Bezug auf den Ort der Entstehung:

    Am Friesenberg gereifte Frucht/
    dankbar die schöne Heimat sucht.

    Dieses Widmungsexemplar hat sich ebenfalls im Bestand der Universitätsbibliothek erhalten.

    Ricarda Huch war Dichterin, Philosophin und Historikerin. Thomas Mann bezeichnete sie anlässlich ihres sechzigsten Geburtstags als "die erste Frau Deutschlands"; sie wurde als eine große Intellektuelle gefeiert. Ricarda Huch gilt heute als die Vertreterin der neu-romantischen Literatur in Lyrik und Prosa. Ihr besonderes Interesse war auf die Geschichtsschreibung gerichtet. Der auch den Aufbau bestimmende Hauptgedanke ihrer historischen Werke (unter anderem "Der große Krieg in Deutschland", "Deutsche Geschichte", jeweils drei Bände) war die Reichsidee.

    Das "Römische Reich Deutscher Nation" gehört zum Spätwerk der Autorin. In 48 Kapiteln behandelt das Buch die Umstände, die zum Aufschwung und Höhepunkt des Reiches führten. Huchs Sprache ist poetisch; kunstvoll verbindet sie Personen und Ideen miteinander. Ihr Bemühen, geistige und politische Kräfte des Mittelalters für die Gegenwart zu erschließen, machten dieses Werk zu einem unzeitgemäßen Buch. Die zeitkritischen Züge des "Römischen Reiches" erkennend, rief eine Rezensentin in den "Nationalsozialistischen Monatsheften" die Leser dazu auf, "sich ... mit leidenschaftlicher Empörung zur Wehr zu setzen". Sie schloss mit den Worten: "Im Deutschland Adolf Hitlers ist für Magierinnen dieser Art heute kein Platz mehr".

    Band 2 der "Deutschen Geschichte" ("Das Zeitalter der Glaubensspaltung") konnte zwar 1937 noch publiziert werden. Die Veröffentlichung von Band 3 ("Der Untergang des Römischen Reiches Deutscher Nation") sowie eine Neuauflage des ersten Bandes waren jedoch nicht mehr möglich. Heute ist Ricarda Huchs "Römisches Reich Deutscher Nation" in der dritten, 1996 im Züricher Manesse-Verlag erschienenen Auflage greifbar.

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Armin Schlechter, UB
    Tel. 06221 542399

    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse, Personalia
    Deutsch


     

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