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21.12.1999 09:08

Vom Beruf zum Job

Burckhard Wiebe Abteilung Kommunikation
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH

    Vom Beruf zum Job: selbstbestimmter, vielfältiger, anstrengender

    Arbeitsmärkte für Künstler und Publizisten als Trendsetter

    Berlin (wbs) Arbeiten wird in Zukunft selbstbestimmter und wettbewerbsorientierter sein, die Beschäftigung wechselhafter in Art und Umfang, in stärkerem Maße projekt- oder teamorientiert und zunehmend in Netzwerke statt in Betriebe integriert. Dies ist das Ergebnis einer Analyse des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zu Arbeitsmärkten für Künstler und Publizisten.

    "Niedriglohnsektor", "Neue Selbständige", "Dritter Sektor" - diese Begriffe fallen immer wieder in Diskussionen, in denen es um die Zukunft der Arbeit geht. In einer Studie des WZB von Carroll Haak und Günther Schmid ging es um Arbeitsmärkte, die in der Vergangenheit stark gewachsen sind und auch in Zukunft überdurchschnittlich wachsen werden. Grundlage der Analyse sind die Daten des Mikrozensus 1995.

    Der Studie liegt die These zugrunde, daß auf den Künstler- und Publizistenarbeitsmärkten bereits heute viele Formen von Beschäftigung und Entlohnung praktiziert werden, die in Zukunft auch für viele jetzt noch in einem Normalarbeitsverhältnis ("in Vollzeit unbefristet angestellt") stehende Arbeitnehmer gelten werden. Im Mittelpunkt der Analyse standen die Fragen: Was kann für die Organisation künftiger Arbeitsmärkte gelernt werden? Wo gibt es spezifische Defizite, die einen Reformbedarf der Arbeitsmarktpolitik anzeigen?

    Im Jahre 1995 waren 65 Prozent aller 31,3 Millionen Erwerbstätigen in einem Normalarbeitsverhältnis beschäftigt, in der Gruppe der Künstler und Publizisten (430.000 Personen, 81.000 davon Publizisten) waren es 45 Prozent. Jeder dritte aus dieser Gruppe arbeitete selbständig, im Durchschnitt aller Erwerbstätigen waren dies nur neun Prozent.

    Ausbildungsniveau und Qualifizierungsbereitschaft sind im Künstler- und Publizistenbereich überdurchschnittlich hoch. Vielfältigere und wechselnde Arbeitsaufgaben spornen zwar zum lebenslangen Lernen an, sind gleichzeitig aber auch mit schwankender Entlohnung oder Vergütung verbunden. Die individuellen Strategien eines Risikomanagements gegen Beschäftigungsunsicherheit, Abstiegsrisiken, Selbstausbeutung und neue Ungleichheiten reichen für eine soziale Absicherung nicht aus.

    Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit einer gleichwertigen Ausbildung ist das Einkommensniveau von Künstlern und Publizisten deutlich geringer. Das Einkommen fällt häufig sehr unregelmäßig an, und seine Höhe variiert stark.

    Es bilden sich immer mehr "Patchwork"-Berufsbiographien heraus, die mit den Vorstellungen einer geradlinigen, leicht plan- und steuerbaren Berufsbiographie nicht mehr viel zu tun haben. Phasen der Arbeitslosigkeit kommen immer wieder vor, es werden mehrere Einkommensquellen kombiniert, und Arbeit erfolgt auch als unbezahlte Eigenarbeit. Dies wirkt tief in den privaten Bereich hinein.

    Die Probleme und Lösungsansätze auf den Arbeitsmärkten für Künstler und Publizisten liefern viele Argumente für das von Günther Schmid entwickelte Konzept der Übergangsarbeitsmärkte. Übergangsarbeitsmärkte als Strategie eines neuen Leitbilds der Vollbeschäftigung sind gesetzlich garantierte oder (kollektiv-)vertraglich abgesicherte Brücken zwischen verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen bei angemessener sozialer Absicherung. Das Konzept geht von einem erweiterten Arbeitsbegriff aus, der unter anderem die - heute noch weitgehend von Frauen erledigte - unbezahlte Erziehungs- und Pflegearbeit für abhängige Personen einbezieht.

    Dazu muß Vollbeschäftigung neu definiert werden: Sie ist nicht mehr als kontinuierliche und abhängige Vollzeiterwerbstätigkeit zu verstehen, sondern als Folge fließender Übergänge zwischen unterschiedlichen Formen der Arbeit. Wie diese Übergänge zwischen verschiedenen Beschäftigungs- und Betätigungsformen sowie ihre Absicherung durch ein erweitertes Arbeits- und Sozialrecht institutionell geregelt werden, ist zentraler Bestandteil einer zukunftsgemäßen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik.

    "Arbeit in Zukunft - Von der Arbeitslosen- zur Beschäftigungsversicherung", in: WZB-Mitteilungen, Heft 86, Dezember 1999, S. 5-8

    Carroll Haak, Günther Schmid, Arbeitsmärkte für Künstler und Publizisten - Modelle einer zukünftigen Arbeitswelt?, 44 S. (WZB-Bestellnummer P 99-506)



    Weitere Informationen: Professor Günther Schmid, Telefon: 030 / 25 49 11 30
    E-mail: gues@medea.wz-berlin.de

    Carroll Haak, Telefon: 030 / 25 49 11 11
    E-mail: haak@medea.wz-berlin.de


    Weitere Informationen:

    http://www.wz-berlin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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