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23.12.1999 12:58

Sciascia-Ausstellung "La Sicilia, il suo cuore" wird am 13.1.2000 in der Uni Heidelberg eröffnet

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Um 18 Uhr im Foyer der Alten Universität (am Universitätsplatz) - Sciascia ist vor allem durch seine im Milieu der sizilianischen Mafia angesiedelten Kriminalromane bekannt geworden - Ausstellung war bereits in Rom, Mailand, Paris, Grenoble, Salamanca und Madrid zu sehen

    "Name: Leonardo Sciascia. Beruf: Schriftsteller. Heimat: Sizilien. Besondere Kennzeichen: ist unbequem, nimmt die Macht unter die Lupe wie der Kriminalist das Verbrechen." Kürzer, knapper und präziser hätte man die Person Leonardo Sciascia nicht präsentieren können, wie dies der Italien-Kenner Peter Kammerer getan hat. Die Sciascia-Ausstellung La Sicilia, il suo cuore wird am 13. Januar 2000 um 18 Uhr im Foyer der Alten Universität eröffnet. Sie war bereits in Rom, Mailand, Paris, Grenoble, Salamanca und Madrid zu sehen.

    1921 in Racalmuto (Provinz Agrigent) auf Sizilien geboren, war Sciascia nicht nur ein erfolgreicher Schriftsteller, dessen Gesamtwerk von einer thematischen und ideelen Kontinuität gekennzeichnet ist, sondern auch Politiker, der 1975 als Unabhängiger auf der Liste der (ehemaligen) Kommunistischen Partei Italiens in den Stadtrat von Palermo zog und von 1979 bis 1983 unabhängiger Abgeordneter im Italienischen und Europäischen Parlament des Partito Radicale von Marco Panella gewesen ist.

    Als Mitglied des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der sich mit der Entführung und Ermordung des Generalsekretärs der Christdemokratischen Partei Aldo Moro beschäftigte, legte er 1978 mit seinem Buch Die Affäre Moro einen Abschlussbericht vor, dessen Hauptthese, Aldo Moro sei von seinen eigenen Parteifreunden aus politischem Kalkül bewusst geopfert worden, einen regelrechten Wirbelsturm in Italien auslöste. Als "Kassandra von Racalmuto", wie ihn die französische Kritikerin Marcelle Padovani bezeichnete, war Sciascia ein unbeugsamer Kämpfer für Gerechtigkeit, Toleranz und Vernunft, zugleich moralische Instanz in einem Land, das sich erst in den letzten Jahren angeschickt hat, mit seiner verbrecherischen Vergangenheit abzurechnen.
    Von berühmten Regisseuren wie Damiano Damiani, Francesco Rosi, Elio Petri und Gianni Amelio verfilmt

    Sciascia ist aber vor allem durch seine im Milieu der sizilianischen Mafia angesiedelten Kriminalromane bekannt geworden, die von so berühmten Regisseuren wie Damiano Damiani, Francesco Rosi, Elio Petri und Gianni Amelio verfilmt wurden. Die bedrohliche Atmosphäre dieses Systems, in dem Kirche, Staat, Politik und organisiertes Verbrechen unlöslich miteinander verbunden sind, wird in Büchern wie Der Tag der Eule, Tote auf Bestellung, Tote Richter reden nicht, Todo Modo oder das Spiel um die Macht und Man schläft bei offenen Tören meisterhaft in Szene gesetzt: einfache Geschichten von Aufklärung und Verschleierung eines Verbrechens, Intrigen und Korruption, Wirtschafts- und Parteiinteressen, der Niederlage der menschlichen Vernunft und Gerechtigkeit und dem Triumph des Bösen.

    "Der Schriftsteller", so der Sizilianer in einem Interview, "misst sich immer mit der Realität. Was ihn zum Schreiben bringt, ist der Zusammenstoß mit der Realität. Einer, der mit sich und der Welt zufrieden ist, wird schwerlich seine Tage hinter der Schreibmaschine verbringen". Sciascias Werke sind die moralische und literarische Abrechnung mit einer Gesellschafts-ordnung, die schon seit langem längst über Sizilien hinausreicht und die auch heute nichts von ihrer traurigen Aktualität verloren hat.

    Neben gesellschaftspolitischem Engagement gehörten aber ebenso Bescheidenheit und Zurückhaltung zur Persönlichkeit des einstigen Volksschullehrers, der aus armen Verhältnissen stammte, kurzzeitig für das italienische Erziehungsministerium arbeitete und nach dem Erfolg mit seinen beiden ersten Romanen, dem autobiographischen Werk Die Gemeinden von Regalpetra und dem Mafia-Roman Der Tag der Eule, sich Anfang der 60-er Jahre ganz der Schriftstellerei und später auch der Politik widmete. Am 20. November 1989 erlag Sciascia einer schweren Krankheit. Dieses Jahr jährte sich sein Todestag nun zum zehnten Mal.
    Zahlreiche Veranstaltungen in Italien gedachten des verstorbenen Schriftstellers, darunter auch eine Ausstellung mit dem Titel La Sicilia, il suo cuore, die nun auch in Heidelberg zu sehen sein wird. Am 13. Januar 2000, um 18 Uhr, wird im Foyer der Alten Universität die Ausstellung in Anwesenheit des italienischen Generalkonsuls Dr. Bernardo Carloni eröffnet. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Leonardo Sciascia (Racalmuto) und der Stiftung Whitaker (Palermo) kommt auf Initiative des Italienischen Kulturinstituts (Stuttgart), des Universitätsarchivs und -museums Heidelberg die Wanderausstellung zum ersten Mal nach Deutsch-land, nachdem sie zuvor schon in Rom, Mailand, Paris, Grenoble, Salamanca, Madrid und anderen Städten zu sehen war.

    Nach Luigi Pirandello, dem die Universität Heidelberg 1986 im Rahmen ihrer 600-Jahr-Feier zum 50. Todestag in den selben Räumen eine Ausstellung widmete, ist Leonardo Sciascia der zweite große sizilianische Autor, dem diese Ehre in Heidelberg zuteil wird. Sein umfangreiches literarisches Werk, das in der Ausstellung in den Originalausgaben und zahlreichen Übersetzungen in Erstausgaben (unter anderem ins Deutsche, Französische, Spanische) zu sehen ist, wird durch eine Fotoausstellung ergänzt. Die Schwarzweißfotografien (Format 40x50), Momentaufnahmen aus dem Leben des Sizilianers, stammen zumeist von dem berühmten Fotografen und Freund Sciascias, Ferdinando Scianna.

    Sciascia ist der Universität Heidelberg sowohl direkt als auch indirekt verbunden

    Leonardo Sciascia ist der Neckarstadt und der Universität sowohl direkt als auch indirekt verbunden. So kam der Sizilianer 1981 auf Einladung des Institut Français, des Instituts für Übersetzen und Dolmetschen und des Romanischen Seminars der Ruperto Carola nach Heidelberg, um mit den Studenten nicht nur über sein literarisches Oeuvre, sondern auch über sein politisches Engagement zu sprechen. 1984 erschien schließlich auf Vorschlag von Sciascia im Laterza Verlag (Bari) die italienische Übersetzung des Buches von Henner Hess, Mafia. Zentrale Herrschaft und lokale Gegenmacht. 1967 wurde die Arbeit unter dem Titel Mafiosi und mafioses Verhalten von der Philosophischen Fakultät der Ruperto Carola als Dissertation angenommen. Im Vorwort unterstrich Sciascia die Bedeutung des Buches für das Verständnis des Phänomens der Mafia und hielt es für das beste Buch über die "ehrenwerte Gesellschaft".

    Rechtzeitig zur Ausstellung erscheint auch unter dem Titel Leonardo Sciascia: 1921-1989. Annäherungen an sein Werk im Universitätsverlag C. Winter Heidelberg die erste deutschsprachige Monographie über den sizilianischen Schriftsteller, an der führende Romanisten und Sciascia-Kenner wie Helene Harth (Postdam), Susanne Heiler (Heidelberg), Ulrich Schulz-Buschhaus (Graz), Richard Schwaderer (Kassel), Martin Neumann (Regensburg), Titus Heydenreich (Erlangen), János Riesz (Bayreuth), Hinrich Hudde (Erlangen), Frank Baasner (Mannheim) und andere mitgewirkt haben. (Preis während der Ausstellung 26 DM, danach 34 DM)

    Sandro M. Moraldo

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Sandro M. Moraldo
    smoraldo@mi.unicatt.it

    oder:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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