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23.12.1999 15:05

Neues Graduiertenkolleg der Saarbrücker Informatik: Forschung für verlässliche Computersysteme

Claudia Brettar Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Saarbrücker Informatik entwickelt mathematische Verfahren für Leistungsgarantien von Soft- und Hardwaresystemen

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet ab dem
    1. Mai 2000 an der Universität des Saarlandes ein neues Graduiertenkolleg ein. Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Programms der Informatiker stehen "Leistungsgarantien für Rechnersysteme".

    Das Problem der Leistungsgarantien für komplexe Soft- und Hardwaresysteme findet derzeit international viel Beachtung. Grund dafür ist vor allem die Tatsache, dass Garantien für das einwandfreie Funktionieren von Computersystemen bisher nur eingeschränkt möglich sind und damit auch ihre Beherrschbarkeit in Frage steht. Ein Beispiel für diesen Zusammenhang ist der Absturz der europäischen Ariane 5 -Trägerrakete vor rund 3 œ Jahren. Aufgrund eines Softwarefehlers kam es zu einem Fehlstart, es entstanden Verluste in Milliardenhöhe.
    In der Praxis wird die Leistungsfähigkeit von Computersystemen zwar in unzähligen Tests geprüft, Korrektheitszertifikate aber stellt die Softwareindustrie dafür nicht aus. Was bisher fehlt, sind mathematische Verfahren, um Funktionen einzelner Abläufe umfassend zu prüfen und Garantien für die Leistungsfähigkeit von Computersystemen zu geben.

    Im Rahmen des neuen Graduiertenkollegs werden ab Mai 2000
    20 Doktoranden daran arbeiten, solche Methoden zu entwickeln. Gefördert werden die Forschungsvorhaben zunächst für einen Zeitraum von 3 Jahren. Insgesamt stehen für die Nachwuchswissenschaftler 1,5 Millionen Mark zur Verfügung.

    Der Fachbereich Informatik ist außerdem an dem im 7. Jahr laufenden, interdisziplinären Graduiertenkolleg "Kognitionswissenschaft" beteiligt und war verantwortlich für das gerade ausgelaufene Kolleg "Komplexität und Effizienz von Algorithmen und Rechenanlagen". Mit mehr als 70 Promotionen und mehr als 20 Habilitationen in den letzten sechs Jahren ist die Saarbrücker Informatik eine der erfolgreichsten "Produktionsstätten" von Informatikdoktoren - und professoren in Deutschland.

    Sie haben noch Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an:
    Herrn Prof. Gerhard Weikum (Tel.: 0681/ 302-4796, Fax: 0681/ 302-4014, E-mail: weikum@cs.uni-sb.de)

    Hintergrundinformationen

    Neues Graduiertenkolleg der Saarbrücker Informatik
    (Professor Weikum)

    Die Saarbrücker Informatik hat einen weiteren Erfolg zu verzeichnen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ab dem 1. Mai 2000 ein neues Graduiertenkolleg zum Thema "Leistungsgarantien für Rechnersysteme". Das neue Kolleg, das zunächst für drei Jahre bewilligt ist und im Normalfall eine Laufzeit von insgesamt neun Jahren haben wird, unterstützt bis zu 20 hochbegabte Doktorandinnen und Doktoranden mit Stipendien und einem intensiven Promotionsprogramm sowie Postdoktoranden zur wissenschaftlichen Weiterqualifikation.

    Das Forschungsprogramm des neuen Graduiertenkollegs zielt auf einen umfassenden, mathematisch rigorosen Begriff von Leistungsgarantien, der die Aspekte der vorhersagbaren Laufzeit, beweisbaren Korrektheit und hinreichenden Güte umfasst. In Europa ist schon seit einigen Jahren - unter anderem durch den softwarefehlerbedingten Absturz einer mit teuren Satelliten bestückten Ariane-Rakete mit einem Verlust in Milliardenhöhe - ein Problembewußtsein für den Mangel an derartigen Garantien entstanden, und die mangelnde Beherrschbarkeit komplexer Software- und Hardwaresysteme ist gemäß einer strategischen Studie für den US-Präsidenten nun auch in Übersee in den Blickpunkt gerückt. Korrektheitszertifikate sind derzeit in der Softwareindustrie ein unbekanntes Fremdwort; selbst im sicherheitskritischen Bereich von Echtzeitsteuerungen - beispielsweise der Software für Eisenbahnstellwerke - begnügt man sich größtenteils noch mit - mehr oder leider manchmal weniger - scharfem Hinschauen an Stelle einer umfassenden mathematischen Verifikation. Das Leistungsverhalten populärer Internet-Dienste wird in Ermangelung von präzisen Aussagen hinsichtlich Antwortzeiten und Verfügbarkeit häufig mit dem beschönigenden, für den Endbenutzer letztlich aber nichtssagenden Attribut "Best Effort" umschrieben. Zur diffusen Güte von Berechnungen und Suchresultaten schließlich kann man sich selbst ein Bild machen, wenn man zum Beispiel stundenlang verzweifelt versucht hat, im Internet brauchbare Informationen über abelsche Gruppen zu finden, um den Kindern bei den Mathematikhausaufgaben zu helfen.

    Zwischen den drei Leitbegriffen - vorhersagbare Laufzeit, beweisbare Korrektheit und hinreichende Güte - gibt es vielfältige Spannungen und Gegensätze, die die Forschung des Graduiertenkollegs bestimmen werden. Einfache Verfahren sind leichter zu verifizieren, aber häufig ineffizient; umgekehrt sind effiziente Verfahren oft komplexer und damit schwerer zu verifizieren. Da eine umfassende Korrektheitsverifikation von Software- und Hardwaresystemen oft an ihrem horrenden Rechenaufwand scheitert, kann die Beschränkung auf den Nachweis bestimmter kritischer Eigenschaften, zum Beispiel den wechselseitigen Ausschluß zweier Züge im selben Gleisabschnitt, den Weg zur Praktikabilität ebnen. Hinsichtlich der Vorhersage von Programmlaufzeiten kann die Informatik auf ein reiches Repertoire an Worst-Case-Analysen von Algorithmen verweisen. Darüber hinausgehende quantitative Aussagen über die Antwort- und Reaktionszeiten komplexer Systeme, in denen viele Algorithmen zusammenspielen und in ihrer Effizienz von Umgebungsparametern wie zum Beispiel Datenverteilungen, Lastprofilen oder Ressourcenkonkurrenz abhängen, sind dagegen nur mit Vereinfachungen und Einschränkungen der Systemfunktionalität und -güte möglich. Die Güte einer Berechnung oder Suche schließlich hängt oft zwingend vom Ressourcenaufwand und damit der garantierbaren Laufzeit ab. Wenn man beispielsweise die Kollisionsfreiheit eines zu montierenden Ersatzteils im Motorraum eines Kfz für ein Virtual-Reality-Training in Echtzeit testen möchte, kann man bestimmte geometrische oder physikalische Aspekte nur näherungsweise berücksichtigen. An diesem Spannungsfeld der verschiedenen Facetten von Leistungsgarantien werden die einzelnen Promotionsvorhaben und das gesamte Forschungsprogramm des Graduiertenkollegs ansetzen und an ausgewählten Fragestellungen arbeiten, um letztlich dem "heiligen Gral" umfassender, mathematisch rigoroser Leistungsgarantien entscheidend näher zu kommen.

    Das Programm, das die Doktoranden im Graduiertenkolleg durchlaufen, dauert in der Regel drei Jahre und umfaßt Spezialisierungskurse der Informatik, Ringvorlesungen, Forschungsseminare und natürlich die von jeweils zwei Professoren betreute Doktorarbeit. An dem Kolleg sind zehn Professoren des Fachbereichs Informatik und des Max-Planck-Instituts für Informatik beteiligt; Sprecher des Graduiertenkollegs ist
    Prof. Weikum.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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