Wie kein anderes Medium hat das Plakat das politische Leben in Russland abgebildet und mitbestimmt, die Befindlichkeiten der Bürger und der Machthaber gespiegelt und beeinflusst. Seine wechselvolle Entwicklung über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg haben russische und deutsche Forscher um Dr. Klaus Waschik gemeinsam studiert und analysiert. Einblick in die "Schule des Sehens" geben die Forscher in RUBINinternational, der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins der Ruhr-Universität mit dem Schwerpunkt Russlandforschung.
Bochum, 03.08.2006
Nr. 261
Werben für die Utopie
Russische Plakatkunst im 20. Jahrhundert
RUBINinternational ist erschienen
Wie kein anderes Medium hat das Plakat das politische Leben in Russland abgebildet und mitbestimmt, die Befindlichkeiten der Bürger und der Machthaber gespiegelt und beeinflusst. Seine wechselvolle Entwicklung über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg haben russische und deutsche Forscher um Dr. Klaus Waschik (Lotman-Institut für russische und sowjetische Kultur) gemeinsam studiert und analysiert. 4000 Plakate und 1000 Künstlerviten haben sie in einer zweisprachigen Online-Datenbank zusammengetragen - ein wertvoller Fundus für Forschungsarbeiten. Von den ersten Werken, die in den sog. ROSTA-Fenstern, leeren Schaufenstern während der Revolution, Aufsehen erregten bis hin zum Perestrojka-Plakat der 1980er Jahre sind alle Epochen vertreten. Einblick in die "Schule des Sehens" geben die Forscher in RUBINinternational, der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins der Ruhr-Universität mit dem Schwerpunkt Russlandforschung.
Beitrag mit Bildern im Internet
Den gesamten Beitrag mit Bildern finden Sie im Internet unter http://www.rub.de/rubin
Geburtsstunde in den Revolutionswirren
In die Wirren der Revolution 1919 fällt die Geburtsstunde des russischen Plakats. Mehrbildrige, an Comicstrips erinnernde Plakate der russischen Telegrafenagentur ROSTA hängen in den leeren Schaufenstern und thematisieren Bürgerkrieg und Wiederaufbau. Das Plakat wurde in der Folge wie kein anderes Medium dazu eingesetzt, Werte zu vermitteln, eine neue Weltordnung in den Köpfen der Menschen zu verankern, es legte fest, wie worüber nachzudenken sei und gab klare Handlungsanweisungen. Dabei befand es sich im Spannungsfeld zwischen dem Anspruch der Gestalter auf künstlerische Originalität und dem Anspruch der Machthaber auf Schlichtheit "fürs Volk". Im oft krassen Gegensatz zwischen der auf Plakaten gezeigten Wunschwelt der Politik und der Realität wird die Kommunikation durchsichtig: Die Absicht hinter der Darstellung wird sichtbar.
Frischer Wind erst mit Glasnost und Perestrojka
Ende der 1920er-Jahre, in Zeiten der Industrialisierung, wird das Plakat vollständig von den Machthabern vereinnahmt. Die avantgardistischen Plakatkünstler gerieten ins Abseits, es wuchs die Uniformität des visuellen Gedächtnisses. Damit entsprach das sowjetische Plakat der 1930er bis 1950er Jahre den Standards totalitär kontrollierter Massenkommunikation. In den folgenden zwei Jahrzehnten tat sich nicht viel: Das Plakat in seiner immergleichen Gestaltung und seinen wechselnden, aber immer ähnlichen Inhalten ignorierte die in der Realität wachsenden Probleme und verlor an Glaubwürdigkeit. Erst in den 1980er Jahren kam mit Glasnost und Perestrojka frischer Wind auf. Sozialkritik wurde salonfähig, die Gestaltung vielfältiger und moderner. Die russischen Plakate zeigen so nicht nur Konstruktionen von Wirklichkeit, sondern gewähren auch Einblick in die Fundamente des Selbstverständnisses der Betrachter.
Themen in RUBINinternational
In RUBINinternational finden Sie außerdem folgende Themen: Geisteswissenschaften: Expeditionen in die Welt untergehender Dialekte: Eine Datenbank fürs Ohr; Deutsch-russische Beziehungen im 20. Jahrhundert: In den Wechselbädern der Geschichte; Medizin: Neue Methode hilft Kommunikation der Hirnnervenzellen verstehen: Stabiles Bild dank plappernder Nervenzellen; Ingenieurwissenschaften: Neue Wege in der Formgedächtnistechnologie: Haptisches Display und aktive Prothese; Naturwissenschaften: Nutzung geothermaler Ressourcen: Auch ohne sprudelnde Geysire und aktive Vulkane; Die Suche nach kosmischen Teilchenbeschleunigern: Modernste Teleskope "sehen" Hochenergiegammastrahlung; Organische Elektronik optimieren: Wenn Moleküle steuern und schalten.
RUBIN ist zum Preis von 2,50 Euro in der Pressestelle der Ruhr-Universität (Tel. 0234/32-22830) erhältlich und steht im Internet unter http://www.rub.de/rubin.
Weitere Informationen
Dr. Klaus Waschik, Lotman-Institut für russische und sowjetische Kultur, Seminar für Slawistik der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23368, E-Mail: klaus.waschik@rub.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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