idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
14.08.2006 12:07

Entschlüsselung von Genen für Kälteresistenz

Margarete Pauls Kommunikation und Medien
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung

    Erstmals wird das Erbgut eines höheren Einzellers aus den Polarregionen entschlüsselt ? das der Kieselalge Fragilariopsis cylindrus. Diese Kieselalge kommt sowohl in arktischen als auch in antarktischen Gewässern vor. Das internationale Projekt findet unter der Leitung der University of Washington, Seattle, USA statt. Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung beteiligt sich zusammen mit der Ecole Normale Supérieure in Paris an der Kultivierung der Alge und Auswertung der Daten. Die Forscher versprechen sich von der Sequenzierung, die Gene zu entschlüsseln, die die Eigenschaften zur Anpassung an die extremen Umweltbedingungen in den Polargebieten enthalten.

    Kieselalgen oder Diatomeen sind mikroskopisch kleine, einzellige Algen, die in allen Gewässern leben. Sie sind in Süß- und Meerwasser und sogar im Meereis zu finden. Diese winzigen Organismen bauen aus Nährstoffen Biomasse auf, binden dabei Kohlenstoff und setzen Sauerstoff frei. Diesen Prozess versteht man als Primärproduktion. Mit bis zu 20 Prozent trägt die Gruppe der Kieselalgen einen erheblichen Anteil zu globalen Primärproduktion bei, in etwa vergleichbar mit der Menge, die alle Regenwälder zusammen produzieren. Um in den Polargebieten zu existieren, müssen Lebewesen an die dort herrschenden Umweltbedingungen angepasst sein. Das Meereis ist ein Ort mit extremen Bedingungen. Diatomeen besiedeln dort die Kanäle, die beim Gefrieren von Meerwasser entstehen. Hier gibt es Temperaturen bis minus 30 Grad Celsius, Salzgehalte bis zur vierfachen Meerwasserkonzentration und nur sehr wenig Licht. Trotz dieser scheinbar lebensfeindlichen Bedingungen hat sich eine sehr erfolgreiche Eispopulation gebildet, zu der auch die Kieselalgen-Gattung Fragilariopsis gehört. Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) untersucht deshalb mehrere Vertreter dieser Gattung.

    Kleine Algen mit großer Bedeutung

    Fragilariopsis cylindrus kommt sowohl im offenen Wasser als auch im Meereis vor und steht am Anfang der Nahrungskette. Sie ist im Nordpolarmeer und in den Gewässern der Antarktis verbreitet. Im Meereis bilden Diatomeen große Biomassen mit bis zu 1000-fach höherer Chlorophyll-Konzentration als im offenen Wasser. Diese Population speist das gesamte Ökosystem Polarmeer, wenn im Frühjahr die Primärproduktion mit der Rückkehr des Sonnenlichts ansteigt. Wenn sich die Ausdehnung und die Dicke des Meereises durch Klimaveränderungen verringert, kann dies daher weit reichende Folgen für das gesamte Ökosystem haben. Durch die große Bedeutung von F. cylindrus in polaren Ökosystemen entschied das Joint Genome Institut (JGI) des Department of Energy (DOE) in den USA, diese Kieselalge zu sequenzieren. Der Initiator und Koordinator dieses Projektes ist der ehemalige AWI-Mitarbeiter Dr. Thomas Mock (Universitiy of Washington, Seattle, USA).

    Gene - Genom - Genomforschung

    Gene sind Träger der Erbinformation. Sie sind in Desoxyribonukleinsäuren (DNS) gespeichert, die im Zellkern jedes Organismus existieren. Gene sind Abschnitte der DNS, die für ein bestimmtes Merkmal verantwortlich sind. Einige Anpassungsmechanismen an die Extrembedingungen in den Polargebieten sind bereits erforscht, aber die Gene, die für diese Eigenschaften verantwortlich sind, kennt man noch nicht. Ziel des Projektes ist es, das vollständige Genom der polaren Kieselalge Fragilariopsis cylindrus zu entschlüsseln. Durch den Vergleich mit Genomen von Diatomeen aus den gemäßigten Breiten (Thalassiosira pseudonana, Phaeodactylum tricornutum) hoffen die Wissenschaftler, die Gene zu identifizieren, die für die Anpassung an die Extrembedingungen in Arktis und Antarktis nötig sind. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts sind außerdem an der Sequenzierung eines Eisbakteriums, der ersten Braunalge und der ersten Rotalge beteiligt. Das Genomprojekt mit Fragilariopsis cylindrus ist eingebunden in das Community Sequencing Program (CSP) des JGI. Weitere Projektpartner sind Prof. E. Virginia Armbrust und Dr. Micaela Parker von der University of Washington, sowie Prof. Chris Bowler an der Ecole Normale Supérieure (ENS) in Paris und Dr. Klaus Valentin vom Alfred-Wegener-Institut.

    Bremerhaven, den 16. August 2006
    Bitte senden Sie uns bei Veröffentlichung einen Beleg.

    Hinweise für Redaktionen: Ihr Ansprechpartner ist Dr. Thomas Mock (E-Mail: mockt@u.washington.edu, Tel. +1 206 221 7228). Ihr Ansprechpartner in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Alfred-Wegener-Instituts ist Dr. Jens Kube (Tel. 0471 / 4831-2007; E-Mail: medien@awi-bremerhaven.de).

    Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemäßigten sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.


    Weitere Informationen:

    http://www.awi-bremerhaven.de/AWI/Presse/PM/index-d.html Pressemitteilung mit mehreren druckfähigen Bildern
    http://www.jgi.doe.gov/sequencing/why/CSP2007/fragilariopsis.html Mehr Informationen zum Genomprojekt Fragilariopsis cylindrus
    http://www.ocean.washington.edu/people/faculty/armbrust/armbrust.html Arbeitsgruppe an der University of Washington
    http://www.biologie.ens.fr/bmd/ Arbeitsgruppe in Paris


    Bilder

    Elektronenmikroskopische Aufnahme von Fragilariopsis cylindrus
    Elektronenmikroskopische Aufnahme von Fragilariopsis cylindrus
    Aufnahme: Gerhard Dieckmann, Alfred-Wegener-Institut
    None

    Pfannkucheneis mit Algenbewuchs
    Pfannkucheneis mit Algenbewuchs
    Foto: Gerhard Dieckmann, Alfred-Wegener-Institut
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Elektronenmikroskopische Aufnahme von Fragilariopsis cylindrus


    Zum Download

    x

    Pfannkucheneis mit Algenbewuchs


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).