Ein Gesundheitsfonds kann nur funktionieren, wenn er aus verschiedenen Quellen finanziert wird. Das Vorhaben der Bundesregierung, lediglich die Beitragszahlungen der gesetzlich Krankenversicherten durch einen Fonds verteilen zu lassen, ist nicht sinnvoll. Das ergibt sich aus einer neuen Expertise der Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Jürgen Wasem, Dr. Stefan Greß und Maral Manouguian von der Universität Duisburg-Essen.
Die Experten haben im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung die Krankenversicherungsreformen in den Niederlanden und ihre Bedeutung für Reformpläne in Deutschland untersucht. Das niederländische Gesundheitssystem arbeitet bereits seit Jahren mit einem Fonds. Seine Bedeutung wurde bei der jüngsten Gesundheitsreform im Nachbarland weiter gestärkt: In den Fonds fließen einkommensabhängige sowie pauschale Beitragszahlungen sowohl von Versicherten der gesetzlichen (GKV) als auch der privaten Krankenversicherung (PKV). Einbezogen sind dabei auch Kapitaleinkünfte. Hinzu kommen Steuermittel. "Die Erfahrungen mit dem Fonds sind gut. Er ist aber Teil eines Gesamtsystems. Und das unterscheidet sich fundamental von dem, das die Bundesregierung anstrebt", so Prof. Dr. Wasem. Neben dem Fonds sei aus dem niederländischen Modell nur die Idee einer "kleinen" Beitragspauschale in die Eckpunkte der Regierung eingeflossen. Wasem: "Diese isolierten Übernahmen ergeben kein Konzept."
Die Essener Forscher nennen dagegen vor dem Hintergrund der niederländischen Erfahrungen drei weitere wesentliche Elemente für eine Krankenversicherungsreform. Diese würden "gleichzeitig die Nachhaltigkeit der Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung erhöhen, Ungleichheiten im Zugang zur gesundheitlichen Versorgung beseitigen, Effizienzreserven erschließen." Zudem sind sie nach Einschätzung der Wissenschaftler auch in Deutschland "politisch kompromissfähig":
- Eine Beitragspflicht für weitere Einkunftsarten, etwa aus Kapitalvermögen, in der GKV würde die Finanzierungsbasis nachhaltig stärken. Die Niederlande machen vor, wie der Beitragseinzug ohne bürokratischen Aufwand möglich ist.
Das bisherige Verhältnis von PKV und GKV führt zu einer Risikoselektion zu Gunsten der privaten Krankenversicherung. Diese hat im Durchschnitt jüngere und besser verdienende Mitglieder. Ähnlich wie in den Niederlanden könnten die einseitigen Wirkungen dieser Selektion durch Ausgleichszahlungen der PKV kompensiert werden. Dazu könnten die privaten Versicherer in den Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Kassen einbezogen werden.
Eine Angleichung des Vergütungsniveaus für ärztliche Leistungen beseitigt die finanziellen Anreize für Ärzte, privat Versicherte bevorzugt zu behandeln. Das niederländische Beispiel zeigt, dass eine Angleichung kostenneutral möglich ist. Das bedeutet, dass die Vergütungen für GKV-Versicherte steigen und für PKV-Versicherte sinken.
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/320_83438.html - PM mit Ansprechpartnern
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Recht, Wirtschaft
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