Erste Ergebnisse der Studie zum Schneechaos: Befragte bemängeln Versorgung nur
zum Teil
Münster/Steinfurt (22. August 2006). Der größte Knackpunkt: Es fehlte an
Informationen. Zu diesem ersten Zwischenergebnis kommt die Studie der
Fachhochschule Münster über das Schneechaos im November 2005. "Große Teile der
Bevölkerung in der betroffenen Region bemängeln, dass es nur unzureichende
Auskunft über die Ursachen und die Dauer des Stromausfalles gab", erklärt Ute
Menski aus Nordwalde. Sie ist eine von fünf Studentinnen am Fachbereich
Oecotrophologie, die gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Gardemann, Prof. Dr. Hertje
Funke und Prof. Dr. Irmhild Kettschau im Auftrag des Bundesministeriums für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Auswirkungen des
folgenschweren Schneefalls untersuchen. Anders als erwartet spielten
Versorgungsprobleme keine alles dominierende Rolle.
3500 Fragebögen hatten die Studentinnen an Haushalte in den Gemeinden Ochtrup,
Laer, Schöppingen, Borghorst und Horstmar verteilt. Erfasst wurden sowohl Häuser
und Wohnungen in den Ortsgebieten als auch landwirtschaftliche Betriebe im
Umland. Rund 650 dieser Bögen mit umfassenden Erläuterungen landeten schließlich
in den vor Ort aufgestellten Sammelboxen. Die erste Überraschung: Wer mit einer
endlosen Liste von Problemen und Unzulänglichkeiten gerechnet hätte, sah sich
getäuscht. "In vielen Bögen finden wir Hinweise auf die hervorragende
Nachbarschaftshilfe und auf die positiven Erfahrungen", berichtet Claudia Wilken
aus Ochtrup. "Wieder Zeit für Gespräche mit der Familie", "Gemütliche Abende bei
Kerzenschein und Gesellschaftsspielen", "Alle waren nett und zufrieden" -
zitiert ihre Kommilitonin Eva Holtmann (Steinfurt) aus den Antworten. In einem
Bogen beschrieb eine Bürgerin die Tage des Stromausfalls gar als "mystische Zeit".
Auf der anderen Seite zeigte das Schneechaos die Verwundbarkeit der
technisierten Gesellschaft - kein Radio, kein Telefon, kein Handy-Empfang.
"Gerade diese Defizite in der Kommunikationstechnik verunsicherten die
Bevölkerung in erheblichen Maße", interpretiert Lina Quartey die zahlreichen
Hinweise. Außerdem seien die zum Teil nächtlichen Lautsprecherdurchsagen kaum zu
verstehen gewesen. Die Studierendengruppe werde daher dem Ministerium im
abschließenden Bericht, der Ende des Jahres vorliegen wird, die Verbesserung des
Informationsmanagements in einer solchen Situation empfehlen. "Wir denken dabei
beispielsweise an eine stärkere Einbindung der lokalen Radiosender", so Sarah
Gust. Dies setze natürlich voraus, dass in den Haushalten Batterie betriebene
Radioempfänger vorhanden sind. Sonst heißt es, wie vielfach im November
geschehen, im Auto die Nachrichten zu hören. Als ein weiteres Problemfeld stellten sich Kühlgeräte heraus. In Haushalten und
Geschäften verdarben Tiefkühlkost und frische Lebensmittel in großem Umfang. "Hier wäre der Einsatz von Kühltransportern zur Zwischenlagerung verderblicher
Ware zu überlegen", nennt Gardemann ein Beispiel für ein verbessertes
Katastrophenmanagement. Für die privaten Haushalte seien einige Konserven und
Hilfsmittel wie Gaskocher, Kerzen und Streichhölzer für die Überbrückung der
ersten Zeit sehr sinnvoll. Allerdings gab gerade einmal die Hälfte der Befragten
an, künftig solche Vorräte für den Fall der Fälle anzulegen. Eine Art
Schutzmechanismus, wie Gardemann meint. "Die Menschen wollen sich mit solchen
Krisensituationen nicht auseinandersetzen und glauben vielmehr, dass es ein
einmaliges Ereignis war."
Gardemann, Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe der Fachhochschule
Münster, war in vielen Katastrophengebieten der Welt als Arzt und Helfer im
Einsatz. Besonders erstaunt hat ihn während der Ereignisse in Ochtrup und
Umgebung eine gewisse Hilflosigkeit bei vergleichsweise einfach zu lösenden
Problemen. So sei eine Familie in heller Aufruhr gewesen, da der (stromlose)
Kühlschrank das Insulin fürs zuckerkranke Kind nicht mehr ausreichend zu kühlen
vermochte. "Dabei hätte eine Schaufel voll Schnee im Kühlschrank leicht Abhilfe
schaffen können", so Gardemann.
Die fünf Studentinnen arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Auswertung der
zahlreichen Informationen. Bis alle Details und Querverbindungen ausgearbeitet
sind, wird noch ein wenig Zeit vergehen. Eines scheint sich jedoch schon jetzt
herauszukristallisieren: Der Hilfseinsatz der verschiedenen Organisationen ist
vergleichsweise gut gelaufen. Details, wie beispielsweise die Betreuung und
Versorgung älterer Menschen, sollten noch verbessert werden.
Bildzeile
Für den Fall, dass Strommasten erneut wie Streichhölzer knicken, will das
Einsatzteam der FH Münster nach Befragung der Bevölkerung Vorschläge für ein
besseres Krisenmanagement machen: (v.l.n.r.) Sarah Gust, Linda Quartey, Eva
Holtmann, Prof. Joachim Gardemann und Claudia Wilken (nicht im Bild: Ute Menski).
Für den Fall, dass Strommasten erneut wie Streichhölzer knicken, will das Einsatzteam der FH Münster ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
Für den Fall, dass Strommasten erneut wie Streichhölzer knicken, will das Einsatzteam der FH Münster ...
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