Zur HIS-Kurzinformation A1/2000
Struktur- und Wertewandel im westdeutschen Studierendenmilieu
der 80er und 90er Jahre
Entgegen der verbreiteten Vermutung spielen politisches, soziales und ökologisches Engagements eine große Rolle im Wertekanon der Studierenden, allerdings anders als in den 80er Jahren.
Laut einer HIS-Studie über Struktur- und Wertewandel im Studierendenmilieu gehen im Zuge einer stärkeren liberalen und postmateriellen Orientierung bei der heutigen Studentengeneration solche widersprüchlichen Positionen wie Opposition auf der einen Seite und technischer Fortschrittsglaube auf der anderen Seite eine neue Verbindung ein, wobei sich studentische Opposition dahin gewandelt hat, daß Gewalt als Lösung gesellschaftlicher Probleme an Bedeutung verliert und statt dessen die Bereitschaft zunimmt, neue Lebensformen auszuprobieren.
Der Drang, "Neues zu erleben", bestimmt nicht nur die Oppositionshaltung, sondern ebenfalls die Einstellung zum technischen Fortschritt. "Spaß am Computer" ist eng an den Erlebnisgrad moderner Technik gebunden.
Die Autoren der HIS-Studie haben nach dem Konzept der Lebenswelt-Forschung (SINUS-Daten) die Werteorientierungen und Lebensstile der Studierenden den gängigen Milieus zugeordnet und diese Milieus sowohl mit denen der Studentengeneration der 80er Jahre verglichen als auch mit denen der Gleichaltrigen und der der Gesamtbevölkerung.
Nach wie vor dominieren in der Studentenschaft die gesellschaftlichen Leitmilieus. In den 80er Jahren waren allerdings noch die Leitbild prägenden "Alternativen" fünffach gegenüber der Bevölkerung überrepräsentiert. In den 90er Jahren ist das "alternative Milieu" bis auf "prekarisierte" Reste fast verschwunden. Im Zuge einer Modernisierung ist das alternative Milieu in den liberal-intellektuellen (24%) und postmodernen Milieus (14%) aufgegangen, die zusammen mit einer leistungsbewußten, konservativen "Elite" (8%) die jetzigen gesellschaftlichen Leitmilieus ausmachen (insgesamt 46% in der Studentenschaft). Diese gesellschaftlichen Leitmilieus sind in der Studentenschaft zwar noch stärker als in der Bevölkerung vertreten, doch hat ihr Anteil an der Studentenschaft gegenüber den 80er Jahren erheblich abgenommen (von 65% auf 46%). Ergänzend zugenommen haben Milieus des "modernen Mainstreams". Durch dieses starke Anwachsen der gesellschaftlichen Mitte in der Studentenschaft der jetzigen Generation etabliert sich eine leistungsbewußte, weitgehend gesellschaftskonforme, technik- und konsumbejahende Mentalität in der Studentenschaft, so die Autoren der Studie, Gapski, Köhler und Lähnemann.
Während im gesamtgesellschaftlichen Vergleich eine Annäherung der Studentenschaft an die Milieulandschaft der Bevölkerung festzustellen ist, heben sich die Studierenden deutlich von den gleichaltrigen Jugendlichen der ausgehenden 90er Jahre ab, bei denen Fun-Orientierung und Konsum als Selbstzweck einen hohen Stellenwert haben.
Erwartungsgemäß sind Studierende lernbereiter und bildungsoptimistischer; doch mischt sich in diese Haltung in zunehmendem Maße auch Skepsis um den Nutzen von persönlichen Bildungsinvestitionen. Immerhin 29% der Studierenden meinen nach der HIS-Studie über das Alltagsbewußtsein der Studierenden, daß Bildung und Weiterbildung keine Garantie mehr für berufliche Sicherheit und Beschäftigung bieten.
Mit der Entidealisierung von Bildung verlieren sich aber auch die typischen nonkonformen und asketischen studentischen Lebensstile. Sie gehen auf in einem Arbeitnehmermilieu, und dies unabhängig davon, ob die Professorenschaft oder studentische Funktionäre dies wahrhaben oder wahrnehmen wollen oder nicht. Auch wenn Stilelemente der Protest- und Spaßgesellschaft übernommen werden - u.a. auch von den konservativen Milieus -, sollte kein Zweifel darüber aufkommen, daß die heutige Studenten-generation sehr zweckgerichtet, technisch neugierig und gesellschaftlich verantwortlich ihre berufliche Ausbildung angeht und dafür ein entsprechendes Bildungsangebot erwartet.
Möchten Sie mehr über diese Studie erfahren, können Sie diese auch im Internet einsehen bzw. downloaden (http://www.his.de/hisstart.html). Ebenso steht ein Diskussionsforum zur Verfügung (http://www.his.de/diskussion).
Nähere Informationen:
Dr. Klaus Schnitzer
HIS Hannover, Tel. (0511) 1220-258, e-mail: schnitze@his.de
Bei Abdruck Belegexemplare erbeten an:
Elfriede Ziegert
HIS Hochschul-Informations-System GmbH,
Postfach 2920,
30029 Hannover
Tel. (0511) 1220-236, Fax (0511) 1220-250
http://www.his.de/hisstart.html
http://www.his.de/diskussion
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