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21.01.2000 15:30

Statt praktischer Experimente: Chemiker ist "Geruchskillern" mit dem Computer auf der Spur

Monika Roegge Pressestelle Standort Essen
Universität Essen (bis 31.12.2002)

    Mit Hilfe der Computersimulation berechnet der Chemiker Dr. Hubert Kuhn an der Universität Essen die Wechselwirkungen der Atome und leitet darus die Struktur von Molekülen ab. Auf diese Weise konnte er den bislang unbekannten Wirkungsmechanismus eines bereits vor 25 Jahren entdeckten "Geruchskillers" klären. Plötzlich interessiert man sich für den Stoff: Er wurde von der Firma Henkel auf den Markt gebracht.

    23/2000
    21. Januar 2000

    Naturwissenschaftler experimentieren, das weiß jeder Schüler, und wenn es kracht und stinkt, dann ist es Chemie. - Mit diesen "Weisheiten" hat Dr. Hubert Kuhn, Chemiker an der Universität Essen, gebrochen. Statt mit Reagenzglas und Kolbenbrenner zu hantieren, experimentiert er - virtuell - am Computer, und dem Gestank hat er den Kampf angesagt: Erfolgreich erforscht Kuhn "Geruchskiller".

    Worum es geht, demonstriert der 38-jährige Habilitand eindrucksvoll. "Gleich riecht es nach Kuhstall", warnt er, bevor er ein wenig Ammoniak auf Filterpapier träufelt. Doch mit einem Spray kann er den Gestank augenblicklich vertreiben. "Das Besondere", erklärt Kuhn, "liegt darin, dass der Geruch nicht einfach mit einem Parfüm übertüncht, sondern chemisch neutralisiert wird."

    Der Stoff, der im Mittelpunkt von Kuhns Interesse steht, ist nicht neu. Bereits vor 25 Jahren wurde er von der Firma Grillo, die heute zur Essener Th. Goldschmidt AG gehört, entdeckt. Doch keiner interessierte sich für diesen "Geruchskiller" auf der Basis von Rizinusöl, weil nämlich sein Wirkungsmechanismus völlig unklar war. Sicher war nur, dass die Substanz in Wasser aufgelöst sein musste und dass der Bestandteil Zink für die Neutralisation des Geruchs verantwortlich war. Wie das geschah, konnte keiner erklären. Bevor man jedoch ein Produkt neu auf den Markt bringen kann, muss man genau wissen, wie es funktioniert - schon allein, um es Verbrauchern und Umweltbehörden gegenüber vertreten zu können.
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    Hier setzt nun die Arbeit von Hubert Kuhn ein. "Auf experimentellem Weg war das Problem nicht in den Griff zu kriegen", erklärt er. Aufwendigste Untersuchungen mittels Neutronen- oder Röntgenbestrahlung wären notwendig gewesen, um die Molekularstruktur der Substanz zu ermitteln - die Voraussetzung, um ihre besonderen Eigenschaften zu verstehen.

    Kuhn bedient sich der Simulation am Computer. Elektronisch berechnet er die Wechselwirkungen der Atome und leitet daraus die Struktur eines Moleküls ab. Dabei fand er heraus, warum der "Geruchskiller" in Wasser aufgelöst sein muss, um wirken zu können. Als reine Substanz ist er ein Öl, bei dem das Zinkatom eng von Sauerstoff- und Kohlenstoffmolekülen eingekapselt ist. Es kann deshalb nicht geruchsabsorbierend in Erscheinung treten. In Wasser aufgelöst liegt dagegen das Zink frei und kann eine Reaktion mit anderen Stoffen eingehen. Diese Eigenschaft wird durch die Zugabe einer Spur Ammoniak weiter verstärkt - das Zinkatom kann noch wirkungsvoller reagieren.

    Kuhns durch die Simulation gewonnene Erkenntnisse sind inzwischen durch herkömmliche Experimente bestätigt worden. Die Computer-Methode sei jung und werde in Deutschland kaum angewendet, meint er. Die Niederlande oder England seien da schon viel weiter. Doch Kuhn ist sicher, dass sich sein Verfahren in der Industrie durchsetzen wird. Es spare Zeit und Kosten, auch wenn die Ergebnisse der Simulation im Experiment noch einmal überprüft würden.

    Tatsächlich wurden Kuhns Forschungsergebnisse schon von der Industrie aufgegriffen. Die Firma Henkel hat "fasa" auf den Markt gebracht - ein Produkt, das auf dem "Geruchskiller"-Wirkstoff basiert. Für den Mann in der Uni ist das allerdings nur ein erster Schritt. Jetzt will er untersuchen, wie die Substanz verbessert werden kann. Ende vorigen Jahres hat die Goldschmidt AG einen Drittmittelauftrag an die Uni Essen vergeben. "Damit bekommen wir Geld für eine Doktoranden-Stelle und für Sachmittel" freut sich Projektleiter Kuhn.

    Redaktion: Karin Kirch, Telefon (02 01) 1 83-20 85
    Weitere Informationen: Dr. Hubert Kuhn, Telefon (02 01) 1 83-28 68


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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