Rund 1500 Zuhörer waren ins Auditorium Maximum gekommen, um Papst Benedikt XVI. an seiner Universität begrüßen und hören zu dürfen. Schon beim Einzug spürte man die Wärme, mit der der Honorarprofessor der Universität und ehemalige Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte der Katholisch-Theologischen Fakultät empfangen wurde.
Rektor Prof. Dr. Alf Zimmer lud den Papst zu einer Vorlesung mit einem Zitat des Dichters Alexander Pope ein: "Die Liebe Gottes geht vom Ganzen zum Teil, die menschliche Seele jedoch steigt auf vom Individuellen zum Ganzen."
Seine Vorlesung eröffnete der Heilige Vater mit einem Wort des byzantinischen Kaisers Manuell II Palaeologos: "Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider". Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen stand das Verhältnis zwischen Vernunft und Glaube und die sich daraus ergebende Berechtigung der Theologie als Wissenschaft, die als Frage nach der Vernunft des Glaubens notwendigerweise zum Ganzen der universitas scientiarum gehört.
Ausgehend von der Begegnung des griechischen Denkens mit dem biblischen Glauben skizzierte Benedikt XVI. das zum Teil spannungsreiche Verhältnis von Glaube und Vernunft im Lauf der Geschichte. Das "innere Zugehen aufeinander, das sich zwischen biblischem Glauben und griechischem philosophischem Fragen vollzogen hat, ist nicht nur religionsgeschichtlich, sondern auch weltgeschichtlich ein entscheidender Vorgang, der uns auch heute in die Pflicht nimmt." Diese Begegnung habe gemeinsam mit dem römischen Erbe Europa geschaffen. Bei aller auftretenden Diskrepanz zwischen Wissenschaft und Glaube gelte stets: "Nicht mit dem logos handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider." Zum heutigen Verhältnis von Theologie und Wissenschaft wies der Papst darauf hin, dass der gegenwärtigen Theologie immer wieder Vor- oder Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen werde. Hierbei werde jedoch von einem Wissenschaftsbegriff ausgegangen, der nur "die im Zusammenspiel von Mathematik und Empirie sich ergebende Form von Gewissheit" als Wissenschaft ausweise. Wenn Theologie von dieser Sichtweise her als wissenschaftlich bestimmt werden würde, so bliebe vom Christentum nur noch ein armseliges Fragment übrig, das den Menschen verkürze. Die eigentlichen menschlichen Fragen, die Fragen der Religion und des Ethos, könnten dann nicht im Raum der gemeinsamen, von der Wissenschaft umschriebenen Vernunft Platz finden, sondern müssten ins Subjektive verlagert werden. Religion und Ethos würden so ihre gemeinschaftsbildende Kraft verlieren.
Aus dieser Selbstkritik der modernen Vernunft ergebe sich nicht die Forderung nach einem Rückschritt des Denkens hinter die Aufklärung oder eine Verabschiedung von den Einsichten der Moderne zu verabschieden, sondern eine Ausweitung des Vernunftbegriffs und -gebrauchs.
Vernunft und Glaube müssten auf neue Weise zueinanderfinden. Die "selbstverfügte Beschränkung der Vernunft auf das im Experiment Falsifizierbare" müsse überwunden und der Vernunft ihre ganze Weite wieder geöffnet werden. Dann habe die Theologie nicht nur als historische und humanwissenschaftliche Disziplin, sondern als eigentliche Theologie, das heißt als Frage nach der Vernunft des Glaubens, ihren Platz an der Universität und gehöre in den "weiten Dialog der Wissenschaften hinein." Abschließend forderte der Papst: "Mut zur Weite der Vernunft, nicht Absage an ihre Größe. . . . In diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden ist die große Aufgabe der Universität."
Die innige Verbindung des Papstes mit "seiner" Universität fand Ausdruck im lang anhaltenden Beifall der Zuhörer.
Anschließend überreichte der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Dr. Christoph Dohmen, dem Heiligen Vater die Regensburger Bilderbibel als Gastgeschenk der Universität. Der Papst seinerseits schenkte eine Faximile-Ausgabe des Codex Vaticanus B aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
Tobias Weismantel
http://www-benedikt.uni-regensburg.de/
http://www.benedikt-in-bayern.de/EMF153/EMF015281.asp
Papst Benedikt XVI. bei seiner Vorlesung im Audimax der Universität Regensburg
Foto: R. F. Dietze
None
Darbietung des Universitätschors und des Chors der Kantorei zu Ehren des Papstes
Foto: R. F. Dietze
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).