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14.09.2006 09:03

Von der Hure spricht niemand mehr - 20 Jahre Wissenschaftsstadt Ulm: Kongress zieht Bilanz

Willi Baur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Mit einem zweitägigen Kongress am 20. und 21. September feiert Ulm die jetzt 20-jährige Erfolgsgeschichte des Projekts, das die Entwicklung der 120 000 Einwohner-Stadt an der Donau seither maßgeblich geprägt hat: Die Wissenschaftsstadt Ulm, ein 300 Hektar-Areal im Umfeld von Universität und Hochschule, bestückt mit industriellen Forschungszentren, kleineren und mittleren Forschungsinstituten sowie mehreren Kliniken. Ein bundesweit vor zwei Jahrzehnten wie heute einmaliges und viel beachtetes Modell überdies, ursprünglich basierend auf einer in den frühen 80er-Jahren entstandenen Denkschrift zur Weiterentwicklung der jungen Universität Ulm.

    Die entscheidende Dynamik erhielt das Projekt schließlich durch das Interesse der seinerzeit frisch in den Daimler-Benz-Konzern integrierten AEG und wenig später des Mutterkonzerns selbst, vor allem aber des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth.
    Mit dem Engagement der prominenten Industrie im Rücken gewann Späth den Landtag für die Idee "Science City" und den damit verbundenen Ausbau der Universität.
    Die bis dahin ausschließlich medizinisch-naturwissenschaftlich orientierte Uni erhielt grünes Licht für zwei neue Fakultäten, Ingenieurwissenschaften und Informatik nämlich - für die erst 1967 gegründete kleine Hochschule fraglos ein wichtiger Schritt in Sachen Zukunftssicherung.
    Damit verband sich auch die Grundidee für die Ulmer Wissenschaftsstadt: Eine stärkere Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft mit dem Ziel insbesondere, Forschungsergebnisse rascher in marktfähige Produkte, Prozesse und Dienstleistungen umzusetzen, einen effizienteren und schnelleren Technologietransfer also.
    Was eben dieser Tage von der Bundesregierung als ganz wichtiges Kriterium für die künftige Forschungsförderung ausgerufen wurde, Wissenschaft auch als Basis für Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsmarktpolitik, fand seinerzeit freilich nicht ungeteilten Beifall im Lande. Und die kritischen Stimmen reduzierten sich nicht auf Lothar Späths Landtagsopposition und einige Medien. Auch Wissenschaftler und Lokalpolitiker warnten mit harten Worten vor dem Projekt, sahen vorrangig die Freiheit von Forschung und Lehre in Gefahr, fürchteten überdies "eine totale Außensteuerung der Universität" und "eine einseitige Ausrichtung auf Rüstungs- und Automobilforschung". Derweil bemängelte der "Spiegel", noch nie sei "eine deutsche Universität so gründlich zum Supermarkt der Wirtschaft umgebaut" worden. Deutlich zudem der Titel, mit dem das Blatt die Story über "Späths Lieblingsprojekt" überschrieb: "Hochschule: Prinzessin oder Hure?"
    Auch damit wird sich der Kongress sicher beschäftigen. Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik werden Bilanz ziehen, darunter auch Zeitzeugen und Beteiligte. Edzard Reuter etwa, seinerzeit Vorstandsvorsitzender der Daimler Benz AG, Professor Hans-Joachim Queisser, Vorsitzender der Lenkungsgruppe "Wissenschaftsstadt Ulm", der frühere Ulmer Oberbürgermeister Ernst Ludwig und der Altrektor der Universität Ulm, Professor Theodor Fliedner.
    Letzterer hatte schon kurz nach seiner Wahl an die Uni-Spitze die Ausbau-Überlegungen initiiert. Das ist ebenso unstrittig wie "die Schüsselrolle Lothar Späths" (Ernst Ludwig). "Ohne ihn wäre die Sache nicht zu Stande gekommen", sagt der Alt-OB. Ihm, vor seiner Wahl ins Ulmer Rathaus Staatssekretär an Späths Kabinettstisch, verschaffte das Projekt ein bleibendes Plus in der Bilanz seiner Amtszeit.
    Schließlich bietet die Wissenschaftsstadt heute insgesamt fast 9000 Arbeitsplätze - mithin ein entscheidender Beitrag zu einem bemerkenswerten Strukturwandel der Stadt, die zu Beginn der 80er-Jahre durch den Abbau annähernd doppelt so vieler Industrie-Jobs gebeutelt worden war.
    Für Ludwigs Nachfolger als Oberbürgermeister Ivo Gönner ist die Wissenschaftsstadt aber auch "ein offener Prozess, der immer wieder neue Impulse braucht und laufend neu gestaltet werden muss". Damit wird sich der Kongress natürlich ebenfalls befassen. Mit Vorträgen, Gesprächsrunden und Präsentationen sowie prominenten Gästen, darunter Ministerpräsident Günter Oettinger und die Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan. Zwei wichtige Protagonisten der Gründungsphase mussten allerdings ihre Teilnahme absagen: Der damalige AEG-Chef Heinz Dürr und Lothar Späth. Letzteren haben Stadt und Universität Ulm jedoch aus gutem Grund schon im Juli für seine Verdienste um das Erfolgsmodell mit hochkarätigen Ehrungen ausgezeichnet. Die Stadt ernannte ihn zum Ehrenbürger, die Universität verlieh ihm die Ehrendoktorwürde.


    Weitere Informationen:

    http://www.ulm.de/20_jahre_wissenschaftsstadt_die_ausstellung.29540.3076,.htm


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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