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14.09.2006 10:09

Carl Bertelsmann-Preis an finnisches Reformprogramm verliehen

Julia Schormann Pressestelle
Bertelsmann Stiftung

    Bertelsmann Stiftung fordert nationalen Pakt zur Überwindung der Beschäftigungsmisere älterer Arbeitnehmer

    Gütersloh, 14. September 2006. Die Bertelsmann Stiftung hat einen nationalen Pakt zur Über­windung der Beschäftigungsmisere älterer Arbeitnehmer angeregt und einen Mentalitätswechsel hin zu einem positiven Altersbild gefordert. Hierfür leiste die kürzlich vom Bundesarbeitsministe­rium vorgestellte "Initiative 50 plus" allenfalls erste Schritte, sagte Vorstandsmitglied Dr. Johan­nes Meier bei der heutigen Verleihung des Carl Bertelsmann-Preises an Finnland. Die Initiative konzentriere sich stark auf arbeitsmarktpolitische Instrumente. Ohne eine langfristige politik­feld-übergreifende Strategie könnten aber die wirklichen Ursachen für eine frühzeitige Ausgliede­rung Älterer, die hohen Arbeitskosten und die große Regulierungsdichte auf dem Arbeitsmarkt, nicht wirkungsvoll beseitigt werden.

    "Das ambitionierte Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2010 wenigstens 50 Prozent der über 55-Jährigen in Beschäftigung zu bringen, kann nur durch eine ressortübergreifende Kraftanstren­gung unter Einbeziehung der Tarifpartner erreicht werden", sagte Meier mit Verweis auf die finni­schen Erfahrungen. Dort sei der gesellschaftliche Paradigmenwechsel hin zu längeren Tätigkeitsbiographien vorbildlich bewältigt worden.

    Vor rund 700 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nahm der frühere finnische Minis­terpräsident Esko Aho den mit 150.000 Euro dotierten Carl Bertelsmann-Preis 2006 in der Gü­tersloher Stadthalle aus den Händen von Liz Mohn entgegen. Finnland habe seine Anpassungs­fähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen erfolgreich unter Beweis gestellt und belege damit, dass eine gezielte politische Umsteuerung auch in einer schwierigen Beschäftigungssituation gelin­gen könne, sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung.

    Auslöser für die erfolgreichen Arbeitsmarkt-Reformen in Finnland war eine dramatische Wirt­schaftskrise zu Beginn der 90er Jahre. Hinzu kam der grundlegende Strukturwandel von einem Rohstoff produzierenden und verarbeitenden Land hin zu einem Technologiestandort mit einem hohen Weiterbildungsbedarf für ältere Arbeitnehmer. Auf diese Entwicklungen reagierte die finni­sche Regierung im Zeitraum zwischen 1998 und 2002 mit der konzertierten Aktion zur Verbesse­rung der Arbeitsbedingungen älterer Menschen ("Finnish National Programme for Ageing Wor­kers" - FINPAW). Mittels spezifischer Nachfolgeprogramme der einzelnen Fachministerien wurde hieraus eine umfassende nationale Strategie zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen Älterer entwickelt. Mit diesem umfassenden Reformpaket beendete Finnland seine bis dahin praktizierte "Kultur der Frühverrentung" hin zu einer "Kultur des längeren Erwerbslebens".

    Die Ergebnisse sind überzeugend und vorbildlich: Während die Arbeitslosigkeit Mitte der 90er Jahre in der Altersgruppe der 55- bis 59-Jährigen bei über 20 Prozent lag, konnte sie bis zum Jahr 2005 auf 6,9 Prozent reduziert werden. Auch der Anstieg der Erwerbsquote Älterer liegt mit heute 56 Prozent gut zehn Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Diese positive Ent­wicklung der Erwerbstätigkeit Älterer ist jedoch nicht nur Resultat der günstigen konjunkturellen Rahmenbedingungen. Auch mit einer flankierenden Reform der Rentengesetzgebung konnte das effektive Rentenalter seit 1995 um 1,2 Jahre erhöht werden und liegt nun bei etwa 60 Jahren.

    Das Ziel der finnischen Reformanstrengungen war es, Arbeitnehmer länger im Erwerbsleben zu halten. Grundlage für den Erfolg waren die alters- und alternsgerechte Gestaltung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Arbeitnehmer und der Fokus auf Qualifizierung und ange­messene Arbeitsorganisation. Das landesweite Programm FINPAW wurde dabei gemeinsam vom Ministerium für Soziales und Gesundheit, dem Bildungsministerium und dem Arbeitsministe­rium umgesetzt.

    Ein zentraler Bestandteil der sich anschließenden Reformbemühungen ist die Anfang 2005 in Kraft getretene Rentenreform, die das Ziel verfolgt, das Renteneintrittsalter weiter anzuheben. Dazu wurde eine variable Altersgrenze von 63 bis 68 Jahren mit Zu- und Abschlägen eingeführt.

    Der Preisverleihung liegt eine internationale Studie der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zugrunde. Weitere vorbildliche Programme zur Verbesserung der Beschäftigungssitua­tion älterer Arbeitnehmer fanden die Wissenschaftler auch in Australien, den Niederlanden und Großbritannien. In diesen Ländern konnte durch eine konsequente Beschäftigungspolitik die Er­werbsbeteiligung in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen deutlich verbessert werden.


    Weitere Informationen:

    http://www.bertelsmann-stiftung.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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