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01.02.2000 17:44

Freisetzungsvorhaben mit gentechnisch veränderten Aspen

Dr. Matthias Rütze Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft BFH

Die Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH), Hamburg, hat die Aufgabe, wissenschaftliche Grundlagen als Entscheidungshilfen für die Bundesregierung zu erarbeiten sowie die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Nutzen der Forst- und Holzwirtschaft zu mehren.

In Erfüllung dieses Auftrags hat die BFH, vertreten durch das Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung, Großhansdorf (Kreis Stormarn, Schleswig-Holstein), in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Institut der Universität Tübingen, nach 1996 einen zweiten Antrag auf Freisetzung gentechnisch veränderter Aspen beim Robert-Koch-Institut (RKI), Berlin, gestellt. Das Robert-Koch-Institut ist nach dem Gentechnikgesetz die für die Genehmigung zuständige Behörde. Die BFH als Antragstellerin möchte die Öffentlichkeit über das Freisetzungsvorhaben, insbesondere über Ziele, Notwendigkeit, Durchführung und Sicherheitsaspekte informieren. Das Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung arbeitet seit über vierzig Jahren auf dem Gebiet der Forstgenetik. Mit dem geplanten Freisetzungsvorhaben wird zum zweiten Mal in Deutschland eine Baumart in die Liste der bisher freigesetzten gentechnisch veränderten Pflanzen eingeführt.

Der erste Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Aspen hat wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich der Stabilität der gentechnisch übertragenen Merkmale erbracht. Diese Ergebnisse sind heute für die Festlegung von Sicherheits- und Kennzeichnungsvorschriften beim Handel mit gentechnisch verändertem forstlichem Saat- und Pflanzgut unerlässlich. Der zweite Freisetzungsversuch wurde notwendig, da sich aus dem ersten Versuch weitere wichtige Fragen zur Sicherheits- und Risikobewertung gentechnisch veränderter Bäume ergaben. Ohne diese Erkenntnisse können dem Handel mit gentechnisch veränderten Bäumen keine Richtung aufgezeigt und gegebenenfalls keine Grenzen gesetzt werden.

Ziel des Freisetzungsvorhabens ist es, Erkenntnisse über die Entwicklung von gentechnisch veränderten Aspenklonen unter Freilandbedingungen über drei Jahre zu gewinnen. Hierbei sind vor allem Fragen zur Übertragung der gentechnisch in die Bäume übertragenen Fremdgenen auf die mit Baumwurzeln in Symbiose lebenden Mykorrhizapilze (sogenannter Horizontaler Gentransfer) zu prüfen.

Mykorrhizapilze bilden Symbiosen mit nahezu allen Forstpflanzen, wobei Pilzhyphen auf der Oberfläche sowie innerhalb von Pflanzenwurzeln wachsen. Dadurch entsteht ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Symbiosepartnern, durch den ein intensiver Stoffaustausch möglich wird. Unter Freilandbedingungen tragen die Mykorrhizen in erheblichem Umfang zur Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume bei. Daher ist eine normal entwickelte Mykorrhiza unabdingbar für ein gutes Wachstum von Bäumen.

Inzwischen liegen im Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung fast siebenjährige Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Aspenklonen im Labor und Gewächshaus vor. Eine längere Beobachtungszeit ist im Gewächshaus nicht mehr möglich, so dass die Beobachtungen an den Pflanzen einschließlich weiterer intensiver Untersuchungen unter natürlichen Umweltbedingungen im Freiland durchgeführt werden müssen.

Ergebnisse aus diesem Freisetzungsvorhaben dienen der Abschätzung möglicher Risiken sowie der Beurteilung des Nutzens von gentechnisch veränderten Forstpflanzen. Die Aspenklone wurden gezielt für die im Versuch gestellten Fragestellungen herangezogen und stellen weder ein Ausgangsmaterial für die Züchtung dar noch lassen sie eine praktische Verwertbarkeit erkennen.

Durchführung: Nach erteilter Genehmigung sollen insgesamt zehn verschiedene, gentechnisch veränderte Aspenklone ausgepflanzt werden, die bereits im Labor eingehend untersucht wurden. Als Standort für die geplante Freisetzung ist eine umzäunte Versuchsfläche auf dem Gelände des Instituts für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung in Großhansdorf ausgewählt worden. Die Größe des vorgesehenen Versuchsfeldes wird ca 0,05 ha betragen. Die Aspenklone sollen im Frühjahr 2000 (voraussichtlich Mai) als halb- bis einjährige Pflanzen ausgesetzt und über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet werden. Danach werden sie kontrolliert vernichtet.

Die Öffentlichkeit wird nach dem Gentechnikgesetz beteiligt. Das Verfahren hierzu wird vom Robert-Koch-Institut durchgeführt. Es sieht die Auslegung des Freisetzungsantrags in der Gemeinde Großhansdorf vor mit der Möglichkeit, Einwendungen zu erheben. Vom Robert-Koch-Institut werden Stellungnahmen vom Umweltbundesamt (Berlin) zu Fragen der Umweltverträglichkeit und von der biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (Braunschweig) zur Biologischen Sicherheit eingeholt. Das Ministerium für Natur und Umwelt in Kiel ist die Aufsichtsbehörde in Schleswig-Holstein für die Sicherheit.

Sicherheitsaspekte: Alle Arbeiten und Organismen im Rahmen des Freisetzungsvorhabens fallen unter die im Gentechnikgesetz definierte Sicherheitsstufe S1, die kein Risiko für Mensch und Umwelt bedeutet. Darüber hinaus ist das Institut darauf bedacht, alle nur erdenklichen weitergehenden Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen, um ein unkontrolliertes Ausbreiten der gentechnisch veränderten Organismen zu verhindern. Von den gentechnisch veränderten Aspen, die im Rahmen dieses geplanten Freisetzungsvorhabens ausgepflanzt werden sollen, gehen für Mensch und Umwelt und somit auch für Institutsangehörige sowie für Nachbarn keinerlei Gefahren aus.

In dem beantragten Zeitraum von drei Jahren bleiben die Pflanzen voraussichtlich in der vegetativen Phase, so daß keine Verbreitung der Gene über Pollen und Samen stattfinden kann. Sollten dennoch vereinzelte Pflanzen zur Blüte kommen, werden die Blüten frühzeitig fachgerecht entfernt.


Weitere Informationen:

http://www/dainet.de/bfh


Bilder

Ergänzung vom 02.02.2000

Die korrekte www-Adresse der BFH lautet: http://www.dainet.de/bfh

Ansprechpartner für Fragen zum geplanten Freisetzungsversuch ist:

Dr. Matthias Fladung
BFH-Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung
Sieker Landstraße 2
22927 Grosshansdorf
Tel. 04102/696-159
Fax: 04102/696-200
Mail: mfladung@rrz.uni-hamburg.de

Wissenschaftliche Hintergrundinformationen finden Sie in dem Beitrag (Voltext)
"Wie stabil sind fremde Gene in Forstbäumen?"
im ELF-Forschungsreport 1/97 unter:
http://www.bml.de/forschungsreport/rep1-97/genbaum.html


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch


 

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