Aktuell publiziert in der September-Ausgabe von SCIENCE
Bitte beachten Sie die Sperrfrist bis 21.9.2006, 20 Uhr
Vor genau hundert Jahren beschrieb der deutsche Neuropathologe Alois Alzheimer die Symptome und typischen Gehirnveränderungen der später nach ihm benannten Alzheimer Krankheit. Diese Veränderungen sind gekennzeichnet durch den langsam fortschreitenden Verlust von Nervenzellen und Nervenzellkontakten. Die Folge ist Gedächtnisverlust, vermindertes Urteilsvermögen und Veränderungen der Persönlichkeit. Bereits Alzheimer entdeckte bei der Untersuchung der Gehirne verstorbener Alzheimer Patienten Eiweißablagerungen, die sogenannten Amyloid-Plaques, welche unter anderem für den Nervenzellverlust verantwortlich gemacht werden. Bekannt ist, dass diese Ablagerungen hauptsächlich aus dem Ab-Eiweiß bestehen. Weitgehend ungeklärt ist aber was diese Anhäufung von missgefaltetem Ab-Eiweiß in der Alzheimer Krankheit begünstigt.
In einer gerade im Fachblatt Science veröffentlichten Studie konnten nun Wissenschaftler um Prof. Mathias Jucker vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen zeigen, dass Gehirnextrakte verstorbener Alzheimer Patienten, nicht aber Extrakte von verstorbenen gesunden Personen, die Fähigkeit haben, die Alzheimer Pathologie in Mäusen zu induzieren.
Dazu verwendeten die Forscher genetisch veränderte Mäuse, die mit zunehmendem Alter aufgrund ihrer genetischen Ausstattung prädisponiert sind, Amyloid-Plaques ähnlich derer von Alzheimer Patienten zu bilden. Wenn die Extrakte jungen Mäusen ins Gehirn injiziert wurden, entwickelten diese Mäuse bereits innerhalb von wenigen Wochen Amyloidablagerungen, ein Vorgang, der bei diesen Mäusen normalerweise mindestens ein Jahr dauert.
Die gleiche Induzierbarkeit der Amyloid-Pathologie konnten die Forscher nachweisen, wenn sie anstelle der Extrakte von Alzheimer Patienten, Extrakte von alten Mäusen mit Amyloidablagerungen in das Gehirn von jungen Mäuse injizierten. Indem Extrakte von genetisch verschiedenen, alten Mäusen in genetisch unterschiedlich junge Empfängertiere injiziert wurden, konnte gezeigt werden, dass nicht nur die Herkunft des injizierten Materials, sondern auch die genetische Prädisposition des Empfängertieres für die Induzierbarkeit der Amyloid-Pathologie entscheidend ist.
Durch eine biochemische Entfernung des Ab-Eiweißes aus diesen Extrakten oder eine Behandlung der Extrakte mit Ameisensäure, die Eiweiß zerstörend wirkt, verloren die Hirnextrakte die Fähigkeit, die Alzheimerpathologie zu induzieren. Zwar ist es bislang nicht gelungen, diese infektiöse Form des Ab-Eiweißes synthetisch herzustellen, die Forscher konnten jedoch zeigen, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine aggregierte Form des Ab-Eiweißes handelt.
Obwohl ein solcher Mechanismus große Ähnlichkeiten mit dem der Prionen-Krankheiten aufweist, bei der abnormal gefaltete Prion-Eiweiße die Krankheit auslösen, gibt es bisher keinen Beweis dafür, dass die Alzheimer Krankheit übertragbar ist. Der Befund, dass die Alzheimer Pathologie in Mäusen exogen induzierbar ist, gibt aber neuen Spekulationen Raum, dass Umwelteinflüsse neben genetischer Vorbelastung eine Rolle bei der Entstehung der Alzheimer Krankheit spielen könnten.
Ansprechpartner für nähere Informationen
Universitätsklinikum Tübingen
Prof. Mathias Jucker
Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung **
Otfried-Müller Strasse 27, 72076 Tübingen
mathias.jucker@uni-tuebingen.de
Tel. 0 70 71/29-8 19 47, Fax 0 70 71/29-45 21
Titel der Originalarbeit
Exogenous Induction of Cerebral b-Amyloidogenesis is governed by Agent and Host
** Das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, das bundesweit größte und modernste Zentrum für Neurologie, ist ein Projekt der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, des Universitätsklinikums Tübingen, der Medizinischen Fakultät Tübingen und der Eberhard Karls Universität.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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