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22.09.2006 10:05

Die Alzheimerschere im gesunden Körper - Krank machendes Enzym wichtig für Nervenfunktion

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    München, 21. September 2006 -- Die beta-Sekretase, kurz BACE, ist wohl maßgeblich an der Entstehung der Alzheimerschen Erkrankung beteiligt. Das Enzym schneidet aus einem Vorläuferprotein das beta-Amyloid oder Abeta heraus, welches zu Plaques verklumpt. In der Umgebung dieser Ablagerungen sterben dann Neuronen in großer Zahl ab. Mögliche Therapieansätze könnten darauf abzielen, die beta-Sekretase zu blockieren - wenn erst die Funktion des Enzyms im gesunden Körper bekannt ist. Ein Team um Professor Christian Haass und Dr. Michael Willem von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, dem auch Professor Carmen Birchmeier und Dr. Alistair Garratt, Max-Delbrück-Zentrum in Berlin, sowie Professor Paul Saftig, Universität Kiel, und Professor Bart DeStrooper, Universität Leuven, angehören, berichtet nun in Science, dass BACE für die Myelinisierung von Nervenzellen nötig ist. Dabei wickeln sich Gliazellen um die Neuronen und ermöglichen unter anderem die rasche Signalweiterleitung am Nerv. BACE ist also wichtig im Körper und "die Funktion des Enzyms bei der Entstehung von Alzheimer wohl eher so etwas wie ein Unfall", meint Haass.

    Weltweit suchen Forscher nach den Ursachen der Alzheimerschen Erkrankung. Allein in Deutschland leidet mehr als eine Million Patienten an der unheilbaren Demenz. Haass widmet sich in seiner Arbeit vor allem den Mechanismen der Abeta-Erzeugung. So konnte er beispielsweise nachweisen, dass der Ausgangspunkt für die Entstehung des Peptids das mit unbekannter Funktion im Körper vorkommende Protein APP ist. Dieses "Amyloid Precursor Protein" ist in der Membran der Nervenzellen eingelagert. Damit das beta-Amyloid entsteht, muss neben der beta-Sekretase ein weiteres Enzym, die gamma-Sekretase, das Vorläuferprotein schneiden. Weil Abeta nur durch die gemeinsame Aktivität der zwei Enzyme entstehen kann, werden beide Sekretasen im Haass-Labor analysiert. "Mittlerweile sind die beiden Sekretasen auch Hauptziele für medikamentöse Therapien", berichtet Haass. "Könnte deren krank machende Wirkung blockiert werden, sollte schließlich die altersbezogene Neuropathologie, die durch die Ablagerung von Abeta verursacht wird, verlangsamt werden."

    Schon vor einigen Jahren konnte Haass zeigen, dass die biologische Funktion der gamma-Sekretase wichtig für die Zelldifferenzierung ist. Aber auch bei BACE wird ein dosiertes Vorgehen nötig sein. "Das Enzym induziert nämlich ein Signal auf Nervenfortsätzen, das die elektrische Isolation durch Gliazellen einleitet", so Haass. "Wird das Gen der Enzymschere entfernt, ist diese so genannte Myelinisierung aber erheblich reduziert." Die lange als passive Helfer verkannten Gliazellen - ihr Name leitet sich von dem griechischen Wort für "Leim" her - sind nicht nur um ein Vielfaches häufiger als Neuronen im Gehirn. Sie erfüllen auch wichtige Funktionen. So stützen sie die Nervenzellen, versorgen sie und beeinflussen deren Bewegung sowie das neuronale Wachstum. Zudem senden sie selbst Signale aus und wirken bei der Informationsverarbeitung mit. Am bekanntesten sind sie aber als Baustein der Myelinhülle: Nervenzellen brauchen diese Isolierschicht, um Signale schnell und effizient weiterleiten zu können. "Die Aufklärung der normalen Funktion von BACE ist nicht nur für das Verständnis der Myelinisierung wichtig", meint Haass. "Es ist nun auch erstmals möglich, gezielt nach schadhaften Wirkungen von Inhibitoren des Enzyms zu suchen - wie auch nach therapeutisch wirksamen Dosen potentieller Medikamente, die eine Myelinisierung noch zulassen."

    Publikation:
    "Control of Peripheral Nerve Myelination by the b-Secretase BACE1", Michael Willem, Alistair N Garratt, Bozidar Novak, Martin Citron, Steve Kaufmann, Andrea Rittger, Paul Saftig, Bart DeStrooper, Carmen Birchmeier and Christian Haass, Science, 21.09.2006
    Ansprechpartner:
    Professor Dr. Christian Haass
    Adolf-Butenandt-Institut der LMU
    Tel.: 089-2180-75-471, -472
    Fax: 089-2180-75-415
    E-Mail: chaass@med.uni-muenchen.de
    Internet: http://haass.web.med.uni-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    http://haass.web.med.uni-muenchen.de


    Bilder

    Nervenfortsätze im Querschnitt. Nervenfortsätze sind von einer dicken Myelinschicht umgeben (A und B). Ohne das Enzym BACE ist diese wichtige Hülle erheblich reduziert (C und D).
    Nervenfortsätze im Querschnitt. Nervenfortsätze sind von einer dicken Myelinschicht umgeben (A und B ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Nervenfortsätze im Querschnitt. Nervenfortsätze sind von einer dicken Myelinschicht umgeben (A und B). Ohne das Enzym BACE ist diese wichtige Hülle erheblich reduziert (C und D).


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